Internet-Sperre abgesegnet: BKA und Provider haben Vertrag unterschrieben

von | 17.04.2009 | Tipps

Es ist geschafft: Heute unterschreiben BKA und viele führende Internetprovider einen Vertrag, den die Politik gerne als „Sperre für Internetpornografie“ bezeichnet. Zukünftig sollen Webseiten mit Kinderpornografie „nicht mehr erreichbar sein“, heißt es häufig.

Doch das stimmt nicht. Natürlich freut sich jeder normal denkende Mensch, wenn der Konsum von Kinderpornografie erschwert wird und Täter wie Konsumenten strafrechtlich verfolgt werden. Da muss mehr passieren. Aber mit den geplanten Maßnahmen wird der Konsum nur erschwert, er wird nicht unmöglich gemacht, wie fälschlicherweise der Eindruck erweckt wird. Jeder halbwegs gewiefte Internetbenutzer kann nach wie vor auf die dann gesperrten Webseiten zugreifen. Sperren lassen sich locker umgehen, zumindest in einer freien Gesellschaft. Außerdem werden niemals alle Angebote gesperrt sein, es entstehen ja leider ständig neue.

Ohne Frage: Etwas tun ist besser als tatenlos zu bleiben. Allerdings entstehen eine Menge Fragen und Bedenken, die kaum bis gar nicht diskutiert werden. Das BKA erstellt also die Sperrlisten, die dann von den Providern blockiert werden müssen. Es soll ein „Stopp“-Schild auf dem Bildschirm erscheinen, wenn eine Webseite mit Kinderpornografie (Kipo) angesteuert wird. So weit, so gut. Allerdings ist es bislang in Deutschland eher ungewöhnlich, dass eine Behörde (hier das BKA) etwas sperren darf (manche sagen auch „zensieren“), üblicherweise haben dieses Privileg nur Gerichte.

Außerdem stellen viele die Frage, was passiert, wenn Webangebote versehentlich oder fälschlicherweise gesperrt werden? Wer kommt dann für den entstandenen Schaden auf? So etwas kann heute schnell passieren, denn kriminelle Inhalte werden nur noch selten auf regulären Webseiten verteilt, sondern immer öfter in Peer-to-Peer-Netzwerken oder über gehackte Server. Im Grunde müsste in jedem Einzelfall ausführlich geprüft werden, wie die Angebote eigentlich „gehostet“ werden, also ins Netz gelangen. Das erfordert, neben der inhaltlichen Prüfung, damit auch eine technische Beurteilung.

Weitere Bedenken kommen von Bürgerrechtlern: Wenn erstmal das Zensurinstrumentarium für Kipo eingerichtet und sozusagen „bewährt“ ist, dann kommen ganz schnell neue Begehrlichkeiten auf. Warum nicht auch politisch unerwünschte Webangebote sperren? Dann Webseiten, die potenzielle Amokläufer ansteuern? Später Webseiten, auf denen Tabak oder Alkohol zu sehen sind? Es würde schwer, dann eine Grenze zu ziehen, wenn die technischen Voraussetzungen erst einmal geschaffen sind.

Das wird fast zwangsweise eine Eigendynamik entfalten – und das eigentlich so freie Internet ist dann schnell überhaupt nicht mehr frei. Diese Bedenken müssen formuliert werden, die Kritiker haben ein Recht, gehört und ernstgenommen zu werden, denn die Sorgen sind nur zu begründet. Leider.