BAMF prüft Handys von Flüchtlingen

von | 24.02.2017 | Tipps

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge steht vor einer Herkulesaufgabe: Millionen Asylanträge müssen bearbeitet werden – und nur selten haben die Flüchtlinge ordentliche Papiere dabei. Deshalb sollen BAMF-Mitarbeiter künftig auch in die Handys der Flüchtlinge schauen dürfen, um deren Identität besser feststellen zu können. Schließlich kann man über das Handy eine Menge über den Besitzer erfahren. Stimmen die gemachten Angaben?

Noch handelt es sich um einen Gesetzentwurf, der den Beamten das Recht geben soll, die Daten einzusehen und auszuwerten. Wie weit sollen diese Rechte gehen? Der Entwurf liegt WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung vor und sieht weitreichende Rechte vor.

Man schätzt, dass rund 50 bis 60 aller Asylsuchenden im Jahr 2016 auf diese Weise hätten untersucht werden können. Also mehr als die Hälfte. Man verspricht sich dadurch wertvolle Erkenntnisse über die gemachten Angaben: Stimmt das Herkunftsland, sind die Angaben zur Reiseroute und zum Reisezeitpunkt plausibel, mit welchen Personen ist der Asylsuchende vernetzt, welche Sprache, welcher Dialekt wird gesprochen?

All das lässt sich bei einer Untersuchung das Smartphones leicht feststellen. Die Ämter sollen mit spezieller forensischer Hard- und Software ausgestattet werden, die eine Bearbeitung von 2400 Handys pro Tag ermöglicht.

Auch ohne Zustimmung der Asylsuchenden

Jetzt dürfen Beamte das Handy auslesen und die darin gespeicherten Daten auswerten, wenn der Asylsuchende zustimmt – oder eine konkrete Straftat verfolgt wird, dann muss das aber ein Richter anordnen. Künftig soll das Auswerten der Daten aber auch ohne Zustimmung möglich sein, eben um die Identität prüfen zu können.

Zu oft wird – aus welchen Gründen auch immer – bei der Identität gelogen. Der Attentäter aus Berlin hat verschiedene Identitäten angegeben, um das Sozialsystem auszunutzen und sich zu verstecken. Davon gibt es unzählige Fälle. Deshalb der Plan, an verwertbare und belastbare Daten zu kommen.

Kritik von Datenschützern

Es gibt die Sorge, dass es nicht bei Einzelfällen bleibt, sondern zu einer Massenüberwachung führt. Das Bundesinnenministerium schätzt, dass die neue Handhabe gegen 50-60% der Asylbewerber angewendet werden müsste. Das ist natürlich schon eine Dimension. Manche argumentieren: Wehret den Anfängen.

Denn wenn sich die Behörden erst einmal daran gewöhnen, solche Daten aus Handys und sozialen Netzwerken auszuwerten, könnte das zum Standard werden. Datenschützer argumentieren, dass ein systematisches Auswerten von Handydaten ohne richterliche Anordnung nicht verhältnismäßig sei. Das ist natürlich eine Güterabwägung.

Was erfahren Behörden?

Wir wissen, was wir unseren Handys alles anvertrauen. Offen gelegt werden neben Kontakten, Chatverläufen, Mail-Verkehr, installierte Apps auch persönliche Fotos, Videos und Audio. Aber auch Geodaten. Man bekommt also einen Eindruck davon, wo sich das Handy wann wie lange aufgehalten hat. Das erlaubt präzise Bewegungsprofile, die man natürlich auch mit denen anderer User abgleichen kann.

Die geplanten Regeln sind ein Sonderfall, eben wenn es darum geht, wenn gar keine verlässlichen Dokumente vorliegen oder keine glaubhaften oder kontrollierbaren Angaben gemacht werden. Ein solcher Eingriff ist schon erheblich und deshalb nicht für jedermann und jederzeit denkbar, also ohne richterliche Anordnung.

Bei Einreise in USA Check von SOM-Accounts

Absolut. Noch sind diese Angaben freiwillig. Man muss sie also nicht machen. Wenn man sie macht, können die Beamten, während man in der Luft ist, Plausibilitätsprüfungen unternehmen. Man muss davon ausgehen, dass das auch vorher schon gemacht wurde, aber natürlich mit erhöhtem Aufwand, weil die passenden Social-Media-Accounts ermittelt werden mussten – vielleicht sogar unter Zuhilfenahme der NSA.

Aber es zeigt, wohin die Reise geht: Wir weisen uns nicht nur mit dem Ausweis aus, sondern auch mit unserer virtuellen Existenz. In einem Facebook-Profil könnte man sehen, ob jemand in den letzten Wochen und Monaten in einem islamischen Land war, zum Beispiel. Es wird also schwieriger, bei der Einreise zu schummeln. Es hat auch schon Fälle gegeben, da haben auch Zollbeamte der USA Handys und Notebooks beschlagnahmt und die darin enthaltenen Daten ausgewertet.

Nicht mehr aufzuhalten?

In der Tat. Wir sollten uns bewusst machen, dass unsere Aktivitäten in den Social-Media-Kanälen viele potenzielle Beobachter haben. Um so wichtiger, darauf zu achten, was man öffentlich und für jeden sichtbar postet – und was man nur seinen Freunden zeigt. Man sollte das heute immer im Hinterkopf haben, wenn man bei Facebook, Twitter und Instagram unterwegs ist.

 

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