Bill Gates letzter Arbeitstag bei Microsoft

von | 27.06.2008 | Tipps

Eigentlich soll man ja aufhören, wenn es am schönsten ist. Ich glaube, diesen Moment hat Bill Gates verpasst. Denn Microsoft hat wahrlich schon bessere Zeiten gesehen: Vor zehn, fünfzehn Jahren war Microsoft aufgrund seines Wachstums, seiner Ideen, seiner Beweglichkeit sehr angesehen. Heute bläst dem Unternehmen ein mehr als scharfer Wind entgegen. Andere Unternehmen scheinen einfallsreicher, reagieren schneller und haben ein besseres Image. Nicht immer zu Recht, aber was ändert das?

Und jetzt verlässt die Gallionsfigur, der einstige Gründer endgültig die Brücke des imposanten Software-Dampfers. Wie angekündigt wird Bill Gates ab 1. Juli fulltime für seine Stiftung arbeiten, für die „Bill & Medlinda Gates Foundation“, die sich dem gemeinnützigen, weltweiten Kampf gegen Krankheiten verschrieben hat. Microsoft geht damit eine Identitätsfigur verloren, denn jeder verbindet Microsoft mit Bill Gates (und umgekehrt), Nachfolger Steve Ballmer, obgleich ungleich charismatischer, ist es nicht gelungen, ähnliche Bekanntheit zu erlangen.

Für das Unternehmen ist es vielleicht trotzdem nicht schlecht, dass Bill Gates nun geht. Denn die Welt hat sich extrem verändert, vor allem die IT-Welt. Software wird heute nicht mehr zwingend verkauft, sondern immer öfter als Service angeboten, vor allem im Web. Hier hat Microsoft zwar einige Gehversuche unternommen, aber noch keine Erfolge vorzuweisen. So jemand wie Bill Gates steht da eher für die Vergangenheit, nicht für die Zukunft. Da müssen neue Köpfe her, um Bewegung in die Sache zu bringen. Und jetzt ist die Gelegenheit dazu.

Ich habe Bill Gates einige Male persönlich getroffen. Er wirkte immer von seinen Ideen überzeugt, im positiven Sinne ruhelos, mit hohem Gestaltungswillen. Angesichts des enormen Pensums, das so einer wie er hinlegt, kann man sich nur wundern, wie er sich stets seine Gelassenheit bewahrt (ganz anders als sein aufbrausender Freund Steve Ballmer).

Ein sonderlich unterhaltsamer Gesprächsparter ist Bill Gates allerdings nicht. Vielleicht, weil es ihm an jeder emotionalen Regung fehlt. Bei einem Gespräch mit Steve Ballmer hingegen geht es zur Sache, da weiß man nie, wie es ausgeht. Mir persönlich liegt das mehr – aber das ist natürlich letztlich auch eine Geschmacksfrage.

Für seine Stiftung, die schon Bemerkenswertes geleistet hat und sicherlich auch noch leisten wird, ist so jemand wie Bill Gates natürlich ein Glücksfall. Jeder kennt ihn, es dürfte also kein Problem sein, selbst schwere, ledergepolsterte Türen in Regierungen und Konzernen für ihn zu öffnen, und er kann in der Sache sehr energisch sein. Dem Projekt wird das gut tun. Das kann man sich nur wünschen.

Jetzt nochmal nachzukarten und die Dinge aufzuzählen, die Bill Gates in seiner über 30-jährigen Karriere nicht gelungen sind, wie das manche Kollegen in diesen Tagen tun, finde ich ehrlich gesagt kleinkariert – und vielleicht auch ein bisschen typisch deutsch. Auf so etwas würde in den USA kaum jemand kommen. Man muss wahrlich nicht alles gut finden, was Bill Gates getan oder gesagt hat, aber aus dem Nichts einen Weltkonzern aufzubauen, und das in verhältnismäßig kurzer Zeit, ist immer eine Leistung. Ohne Bill Gates, davon bin ich überzeugt, hätte der PC nicht oder zumindest nicht so schnell Einzug in unsere Gesellschaft gehalten. Hätte man das damals allein IBM überlassen – PCs wären Büromaschinen geblieben. So waren sie schließlich auch konzipiert.

Langer Rede, kurzer Sinn: Ich wünsche Bill Gates von ganzen Herzen viel Erfolg in seiner Stiftung.