Ausschuss für Digitales: Digitale Agenda im Bundestag

Das Internet entwickelt sich rasant – und damit auch das Leben der meisten Menschen. Es gibt kaum noch Bereiche, die das Internet nicht prägt und verändert, egal ob es um Unterhaltung, Rechtsgeschäfte, Privatsphäre oder Kommunikation geht. Alles im Wandel. Und die Politik muss darauf reagieren, sollte darauf reagieren. Allzu oft tut sie es aber nicht. Unter anderem aus Unkenntnis. Das soll sich jetzt ändern. Der Bundestag hat einen Ausschuss für die Digitale Agenda ins Leben gerufen.

  • Was verbirgt sich hinter dem doch etwas schwammig wirkenden Begriff „Digitale Agenda“?

Zunächst einmal ist es gut, dass der Bundestag den Ausschuss diese Woche nun tatsächlich offiziell eingesetzt hat. So etwas hatten wir bislang nicht. Eine Kommission, die sich mit Netzthemen beschäftigt – für viele junge Menschen heute keine Nebensächlichkeit, sondern ein wichtiger Bestandteil des Alltags.

Der Bundestag kommt damit einer Empfehlung der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ nach, die in den vergangenen Jahren überlegt hat, was sich ändern muss, um den Anforderungen einer modernen und sich rasant verändernden Kommunikationsgesellschaft gewachsen zu sein. Die Kommission hatte einen solchen Hauptausschuss empfohlen. Die große Koalition hat diesen Vorschlag nun aufgegriffen und mit einiger zeitlicher Verzögerung nun also auch umgesetzt.

Es geht konkret darum, Netzpolitik in die tatsächliche Politik einfließen zu lassen. Denn bislang finden Diskussionen zum Beispiel über Sicherheit, Ehtik, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte der vernetzten Gesellschaft nur außerhalb des Parlaments statt. Das soll sich ändern. Der Ausschuss soll dafür sorgen, dass die Diskussion ins Parlament getragen wird und in allen anderen Ausschüssen Berücksichtigung findet.

  • „Digitale Agenda“: Das klingt ein bisschen nach Agenda 2010 von Ex-Bundeskanzler Schroeder. Ist die Digitale Agenda ein ähnlich großer Wurf?

Wohl kaum. Es ist ja „nur“ ein Ausschuss, keine politische Strategie, kein übergeordnetes Konzept. Es ist aber immerhin ein Anfang. In dem Ausschuss sitzen 16 Ausschussmitglieder aus allen Parteien, die im Bundestag vertreten sind. Es sind die profiliertesten Netzpolitiker des Bundestages, einige haben auch schon in der Enquete-Kommission gesessen. Jetzt geht es darum, die Erwartungen der Netzgemeinde und der Bürger zu erfüllen – und das dürfte nicht leicht werden.


  • Warum dürfte das nicht leicht werden, welche Kompetenzen hat der Ausschuss?

Das ist der springende Punkt: Der Ausschuss hat keine federführende Wirkung, sondern wird eher beratend tätig. Er berät bei Bedarf andere Fachausschüsse und auch die Ministerien. Die Mitglieder des Ausschusses bringen ihre Expertise und Erfahrung ein, sie wollen versuchen, der Haltung der Netzgemeinde Gehört zu verschaffen und so zumindest indirekt Einfluss auf Gesetze und politische Pläne zu nehmen. Aber das kann eben nur gelingen, wenn der Ausschuss Digitale Agenda überzeugend ist – und die anderen Ausschüsse und Ministerien sich daran orientieren. Ob sie das machen, wird sich zeigen. Sie können, sie müssen nicht. Kritiker sagen daher, der Ausschuss sei ein zahnloser Tiger, ohne wirkliche Kompetenz. Sicher richtig. Aber immerhin finden aktuelle Diskussionen zu netzpolitischen Themen nun wenigstens schon mal Gehör. Das ist ein kleiner Fortschritt, keine Revolution.

 

  • Soll das denn so bleiben?

Das wird sich zeigen. Optimisten hoffen, dass der Einfluss und damit die Macht des neu gegründeten Ausschusses mit der Zeit zunimmt. Der Umweltausschuss war anfangs auch nicht federführend, hat aber mit der Zeit immer mehr Einfluss gewonnen und war irgendwann dann auch federführend. Gut möglich, dass es dem Ausschuss „Digitale Agenda“ auch gelingt, sich so zu entwickeln. Der Ausschuss hat jedenfalls angekündigt, nicht nur auf Anfragen anderer Ausschüsse zu reagieren, sondern auch selbst aktiv sein zu wollen, also auch selbst Themen zu setzen.

 

  • Nun haben doch sicher auch die Politiker im Ausschuss nicht in allen wichtigen Themen die nötige Expertise und Erfahrung. Wie will man das ausgleichen?

Wie es aussieht, will der Ausschuss auch Experten zu wichtigen Themen einladen und in Prozesse einbinden. Details sind aber noch nicht bekannt.

  • Wird der Ausschuss Einfluss nehmen können?

Ich denke schon. Viele befürchten ja, der Ausschuss könnte weniger einflussreich werden als gehofft. Niemand muss auf die Experten im Ausschuss hören. Der Ausschuss darf auch keine Gesetzentwürfe entwickeln und einbringen. Aber ich sehe es positiv: Vielleicht ist es ein guter Anfang. Die Politik beginnt zumindest, das Thema ernst zu nehmen. Vielleicht mündet das Ganze in vier Jahren in einem eigenen Ministerium. Wäre ja denkbar – und viele Bürger wären sicher dankbar.

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