Kritik am geplanten WLAN-Gesetz

Offene WLANs gehörem im Ausland zum Alltag: Fast überall kann man sich mit Smartphone, Tablet oder Notebook ohne Anmeldung und kostenlos in öffentliche WLAN-Hotspots einwählen und online gehen. Nur in Deutschland ist das aber eher die Ausnahme: Hemmschuh ist die Störerhaftung. Die wollte die Regierung eigentlich abschaffen – macht das aber nur sehr zögerlich und zurückhaltend.

Weil die so genannte Störerhaftung die schnelle und effektive Ausbreitung öffentlicher WLANs verhindert, wollte die Große Koalition sie eigentlich abschaffen. So steht es zumindest im Koalitionsvertrag. Allerdings geht es nicht voran: Es fehlt den Verantwortlichen erkennbar der Mumm, Kompetenz und Entschlossenheit, die Störerhaftung abzuschaffen und öffentliche WLANs auszubauen.

Vor einigen Wochen wurde eine Gesetzentwurf vorgelegt. Zwar ist damit ein bisschen Druck aus dem Kessel genommen, die Vorlage ist besser als der status quo, doch die Vorlage reicht bei weitem nicht aus, sagen Kritiker – und davon gibt es viele.

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Anhörung im Bundestag

Bei einer Anhörung im Bundestag diese Woche, in der Experten gehört wurden, haben diese Experten kaum ein gutes Haar an dem Gesetzentwurf gelassen. Die Bundesregierung will das Telemediengesetz (TMG) ändern: Darin ist die Haftung von Providern definiert, aber auch der Handlungsspielraum für Betreiber von Hotspots.

Bislang geht jeder Café-Betreiber ein erhebliches Risiko ein, wenn er sein WLAN für Gäste öffnet. Machen die Unsinn, kann es passieren, dass er haftet. Das wollte die Koalition eigentlich ändern. Über zwei Jahre wird schon regiert – passiert ist nicht viel. Was daran liegt, dass man irgendwie alles will: Abschaffen, aber auch die Lobbyisten nicht verärgern. Doch beides zusammen geht nicht.

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Entwicklungsland Deutschland

Aus diesem Grund findet man in Deutschland so wenige offene WLANs vor. Zum Ärger und auch Erstaunen von Touristen: Während in USA, Südamerika, Asien und Skandinavien offene WLANs zum Alltag gehören, gibt es sie im vorgeblich so modernen Deutschland kaum. Geltendes Recht verhindert es.

Nun ist das geplante Gesetz aber leider auch nicht geeignet, das Haftungsrisiko und damit die Rechtsunsicherheit für WLAN-Betreiber zu beseitigen. Im Gegenteil: Der Aufwand nimmt zu, weil die User eingeschworen werden müssen, dass sie sich ordentlich benehmen. Außerdem muss der WLAN-Funk gegebenenfalls verschlüsselt werden und die User müssen sich registrieren. Das Gegenteil von Freifunk.

Schaden größer als Nutzen

Auch Freifunker sind betroffen, also Menschen, die ihren WLAN-Zugang anderen zugänglich machen, um für eine flächendeckende WLAN-Abdeckung zu sorgen. Kritiker befürchten, auch sie müssten gegebenenfalls ihre Zugänge neu konfigurieren oder auch programmieren, um den neuen Vorschriften zu entsprechen.

Fest steht: Eine Entlastung für Betreiber öffentlicher WLAN-Hotspots kann es nur geben, wenn die Störerhaftung ohne Wenn und Aber abgeschafft wird. Ohne irgendwelchen Firlefanz wie Verschlüsselung, Passwortschutz, Registrierung oder Willenserklärungen. Das versteht kein Tourist – und macht nur Aufwand.

wifilogoDie Große Koalition muss sich fragen lassen, welche Ziele sie verfolgt. Sie hört offensichtlich lieber denjenigen zu, die sich über Rechtsverstöße beklagen. Doch Rechtsverstöße kommen in offenen WLANs seltener vor als man denkt.

Es ist für Kriminelle im Zweifel viel einfacher, das Mobilfunknetz zu nutzen oder den DSL-Anschluss zu Hause, der so konfiguriert ist, dass die Identität verschleiert wird. Der Schaden, der durch das aktuelle Gesetz und auch die Gesetzesvorlage entsteht, ist größer als der Nutzen.

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