Netzneutralität in Europa: Die wichtigsten Antworten

Die Netzaktivisten hatten monatelang dafür gekämpft – weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nun ist klar: Das Internet bleibt offen – die so genannte Netzneutralität bleibt in Europa ein wichtiges Prinzip im Netz. Das hat das (Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation“ (Gerek) diese Woche beschlossen und bekannt gegeben. Doch was bedeutet das genau, und was bedeutet das für unser Internet, wie wir es kennen und nutzen?

Was versteht man unter der „Netzneutralität“, was bedeutet sie?

Die Netzneutralität ist ein bislang eisernes Prinzip im Internet: Alle Daten werden gleichberechtigt übertragen, das bedeutet: gleich schnell, nichts und niemand wird diskriminiert. Egal um welche Art von Daten es sich handelt, egal von wem sie verschickt werden und an wen sie gehen: Alles muss von den Providern gleich schnell übertragen werden. Das sorgt für eine Fairness und Gleichberechtigung im Netz. Dieses Prinzip hat sich bewährt, sollte aber aufgeweicht werden.

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Wieso sollte die Netzneutralität aufgeweicht werden, wer hat ein Interesse daran?
Es sind vor allem die großen Provider und Kommunikationsanbieter, die Ausnahmen für die Netzneutralität wollen. Sie wollen Extradienste anbieten können, die bevorzugt transportiert werden. Offiziell, um eine bessere Qualität gewährleisten zu können, etwa bei Videostreams, Telefongesprächen oder medizinischen Daten. In Wahrheit aber, um extra verdienen zu können, weil diese Vorzugsbehandlung natürlich bezahlt werden soll. Die Kommunikationsanbieter haben sich höhere Umsätze versprochen.

Dagegen sind die Netzaktivisten auf die Barrikaden gegangen, sie haben von einem „Zwei-Klassen-Internet“ gesprochen, das uns droht – wieso?
Wenn für die beschleunigte Bearbeitung bestimmter Daten bezahlt wird und sich das erst mal durchsetzt, muss es zwangsweise Daten geben, die schneller und die langsamer transportiert werden.

Für die Daten auf der Überholspur können aber nicht alle Anbieter zahlen: Für große Konzerne wie Google oder Apple wäre es im Zweifel kein Problem, für den Service zu bezahlen, kleine Anbieter wie Startups könnten das in der Regel nicht. Das würde dazu führen, das kleine Unternehmen im Internet benachteiligt wären, die Daten würden spürbar langsamer transportiert.

Abgesehen davon würden die Provider auch analysieren müssen, welche Art von Daten transportiert werden, was die Anonymität verringert oder aufhebt. Es gibt viele Gründe, die dagegen sprechen.

Nun hat das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation die neuen Spielregeln bekannt gegeben. Wie geht es jetzt weiter?
Das Gremium hat den Rahmen vorgegeben – jetzt müssen alle 28 Mitgliedsstaaten das noch in entsprechende Gesetzgebung umsetzen. Die neuen Regeln werden so verstanden, dass kein Raum für kostenpflichtige Extradienste existiert. Die Netzneutralität bleibt gewahrt, was Netzaktivisten und Bürgerrechtler freut. Das Internet bleibt frei – und neutral. Einzig beim so genannten „Zero Rating“ könnte es zu Problemen kommen.

Zero-Rating bedeutet, dass ein Provider oder Mobilfunkanbieter bestimmte Daten nicht aufs Kontingent anrechnet – wieso soll das ein Problem sein?
Richtig: Die Telekom hat zum Beispiel einen Mobilfunktarif, da kann man beliebig viel Musik auf Spotify hören, das wird nicht vom Datenkontingent abgezogen. Eine Art „Nulltarif“ für bestimmte Daten, daher der Name.

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Es ist zwar nicht mehr erlaubt, nach Verbraucht des Datenkontingents nur bestimmte Apps weiter im vollen, ungedrosselten Tempo zu erlauben. Doch die Bestimmung ist etwas schwammig formuliert: Einzelne Länder könnten es doch erlauben, dass bestimmte Apps oder Dienste bevorzugt werden, was eine Miniversion der Extradienste wäre, wenn man es darauf anlegt. Zwar steht in den Richtlinien auch, dass keine Marktführer auf diese Weise unterstützt werden dürfen, um kleineren Anbietern einen Wettbewerbsnachteil zu ersparen, aber hier sehen Kritiker die Gefahr, dass Provider dieses Schlupfloch ausnutzen. Wir werden sehen, wie es kommt.

Fazit
Ich begrüße die Entscheidung, denn die Netzneutralität ist ein wichtiges Gut, ein bewährtes Konzept. Das Internet ist ohnehin schon durch und durch kommerzialisiert. Wäre nun auch noch die Netzneutralität aufgehoben worden, hätte das dem Internet insgesamt enorm geschadet.

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