Noch mehr Datenlecks bei Facebook

von | 10.12.2018 | Social Networks

Schon wieder scheint Facebook Daten veruntreut zu haben. Im großen Stil sogar. Das belegen interne Papier, die vor kurzem beschlagnahmt und vom britischen Parlament veröffentlicht wurden. Mark Zuckerberg persönlich hat zumindest mit dem Gedanken gespielt, für Nutzerdaten richtig ordentlich abzukassieren.

Klingt skandalös, Doch die Zahl der Mitglieder wird nicht kleiner, sondern größer. 2,5 Milliarden User weltweit – Tendenz: steigend. Wieso geht keine Welle der Empörung durch die Facebook-Landschaft? Darüber spreche ich jetzt mit unserem Digitalexperten und Netzwelt-Kolumnisten Jörg Schieb.

Das britische Parlament hat interne Dokumente veröffentlicht – und die lassen jedem Datenschützer die Haare zu Berge stehen.

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Demnach hat Mark Zuckerberg persönlich im Oktober 2012 in einer Mail an mehrere hochrangige Mitarbeiter des Konzerns eine Idee von ihm diskutiert: Er wollte anderen Netzwerken wie Pinterest oder Spotify – die wurden sogar ausdrücklich genannt – Zugriff auf Nutzerdaten von Facebook gewähren. Mehr, als sie sonst bekommen hätten – und dafür 10 Cent pro User und Jahr berechnen.

Diese Gebühr sollten die Unternehmen aber nicht direkt zahlen, sondern im entsprechenden Wert Werbung auf Facebook schalten. Ein kluger Schachzug, denn so kann Zuckerberg weiter durchs Land ziehen und behaupten, Facebook verkaufe keine Daten von Usern, sondern ausschließlich Werbung.

Wir wissen nicht, ob Facebook die Idee in die Tat umgesetzt hat, aber es zeigt doch, wie Mark Zuckerberg tickt: Er hält diese Idee zumindest für umsetzungswürdig. Er schlägt sie sogar vor, als „Tauschgeschäft“. Er will Nutzerdaten konkret zu Geld machen. Abstoßend!

Auch Airbnb, Netflix und Tinder betroffen

Nicht der einzige Verstoß gegen Datenschutz und Vertrauen, den man in den internen Papieren entdecken kann. Offensichtlich sind auch größere Datenmengen an Netflix, Airbnb und Tinder geflossen. Was steckt da hinter?

Viele User melden sich bei Drittanbietern wie Airbnb, Tinder oder Netflix mit ihren Facebook-Daten an. Sie müssen so kein weiteres Konto eröffnen. Es scheint so zu sein, dass die genannten Onlineplattformen Zugang zu vielen Daten der User hatten – und zu denen der Freunde noch dazu, so ähnlich wie beim Cambridge Analytica Skandal.

Wer sich mit seinem Facebook-Konto woanders anmeldet, hat womöglich – ohne es zu merken – den Zugang zu vielen Daten freigegeben. Bei Tinder war der Zugang sogar anfangs ausschließlich über Facebook möglich. Hier ist das Problem also besonders groß. Nach Facebook müssen sich nun also auch Tinder, Airbnd und Netflix Fragen gefallen lassen: Welche Daten sind geflossen, was ist mit den Daten passiert? Facebook zieht andere Konzerne mit in den Sumpf hinein.

Da Facebook immer nur zugibt, was nicht mehr zu leugnen ist, muss man wohl davon ausgehen, dass auch diese Probleme tatsächlich bestanden haben. Gut möglich, dass das Cambridge-Analytica-Datenleck am Ende das kleinere Problem war. Obwohl hier 50 Millionen User betroffen waren.

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Interne Dokumente veröffentlicht

Aber wie kommt es, dass interne Dokumente öffentlich werden? Natürlich hat Facebook sie nicht selbst veröffentlich.

Wie wir alle wissen, zieht Zuckerberg durch die Lande mit seiner Mea-Culpa-Tour. Überall entschuldigen, das muss reichen. Das Unternehmen leistet keinen ernsthaften Beitrag zur Aufklärung.

Die internen Papier kommen aus einem Rechtsstreit zwischen einem App-Entwickler und Facebook in den USA. Ein Komitee im britischen Parlament war schlau genug, eine ausgefallen Regel das britischen Rechtssystems zu nutzen, um sich die Dokumente anzueignen – durch eine Beschlagnahmung.

So sind die Informationen in die Hände der Briten geraten. Mark Zuckerberg ist dort mehrfach vorgeladen worden, aber nie im Britischen Parlament erschienen. Er hat stets einen Vertreter geschickt. Das rächt sich jetzt: Das Parlament ist zu Recht aufgebracht und ist nun im Besitz äußerst brisanter Informationen.

Die in Teilen nun veröffentlichte Kommunikation lässt tief blicken: Zuckerberg setzt sich nicht für Datenschutz ein, sondern – im Gegenteil – für den ausdrücklichen Verkauf vertraulicher Informationen.

 

Warum bleiben die User treu?

Es ist ein bisschen wie „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Denn es vergeht doch praktisch keine Woche, ohne dass irgendwelche kleineren oder größeren Datenschutzprobleme bei Facebook bekannt werden. Müssten da die User nicht in Scharen verschwinden?

Viele User haben sich in der Tat daran gewöhnt. Es lässt sich mehr oder weniger kalt, wenn wieder mal ein Datenschutzproblem bekannt wird. Sicherlich auch deswegen, weil einige der Probleme derart technisch anspruchsvoll sind, dass das wahre Ausmaß nicht verstanden wird.

Aber auch, weil sich Facebook zwar unrechtmäßig bereichert und Daten veruntreut, aber kein Loch ins eigene Portemonnaie gerissen wird. Dann sähe der Protest ganz anders aus: Die Leute würden sich viel lautstarker beschweren.

Dass der Betrug derart leise vonstatten geht, spielt Mark Zuckerberg und seinem Unternehmen in die Hände. Er sitzt die Sache aus. Darüber hinaus ist es ein Problem, dass es keine ernsthafte Alternative zu Facebook und WhatsApp gibt. Wer will das alles schon verlassen und seine Kommunikation wieder umstellen?