Neues Urheberrecht in der EU: Die möglichen Folgen

Geistiges Eigentum ist auch Eigentum – wird aber im Netz nicht immer geachtet. Oft sogar mit Füßen getreten. Seit Monaten schon wird in der EU über eine Urheberrechtsreform verhandelt. Jetzt sind die Verhandlungen nahezu abgeschlossen. Und wie es aussieht, kommt ein neues Urheberrecht, das es in sich hat. Denn es bedeutet starke Einschränkungen für die großen Onlinedienste. Die protestieren – aber viele Nutzer ebenso. Was also kommt da auf uns zu – und ist die Kritik berechtigt?

Auf YouTube, Facebook, Instagram und Co. werden jeden Tag unzählige Millionen Fotos und Videos hochgeladen.

Künftig muss wohl jeder einzelne Upload vorher überprüft werden. Durch einen Algorithmus. Einen Upload-Filter. Der muss schauen: Enthält das hochgeladene Video Fotos, Videos oder Musik von anderen Urhebern? Falls ja, wird das Video nicht veröffentlicht.

Künftig sind Plattformen verantwortlich

Das wird nötig, weil das neue Urheberrecht künftig die Plattformen verantwortlich macht für Urheberrechtsverstöße.

Bisher gilt das Notice-und-Takedown-Verfahren. Bedeutet: Fällt mir auf, dass ein Foto von mir oder ein Text woanders unerlaubt erscheint, muss ich mich melden und der Inhalt verschwindet. Ich muss als Rechteinhaber also aktiv werden.

In Zukunft ist das anders: Werden Inhalte von mir verwendet, ob Fotos, Videos, Musik, Texte, kann ich die Plattformen direkt verantwortlich machen und Geld verlangen. Also YouTube, Facebook und Co. Das soll die Urheberrechtsverstöße eindämmen und die Interessen der Urheber absichern.

Die Upload-Filter kommen

Die Plattformen werden alles tun, um nicht zahlen zu müssen – und eben die gefürchteten und verhassten Upload-Filter einführend. In spätestens zwei Jahren. So lange dauert es, bis das Urheberrecht geltendes Recht werden kann.

Künftig muss vor dem Veröffentlichen jedes Inhalts überprüft werden, ob der Inhalt urheberrechtlich geschützt ist. Das ist aufwändig und fehleranfällig. Denn Software funktioniert niemals 100% korrekt. Es wird daher passieren, dass die Upload-Filter immer wieder Inhalte blockieren, die eigentlich vollkommen in Ordnung sind.

Kritiser rufen Zensur

Kritiker sehen die Freiheit und Kunst in Gefahr, weil Algorithmen nicht entscheiden können, was Kunst ist – wann Inhalte anderer also durchaus legal verwendet werden dürfen und wann nicht. Zum Beispiel bei Satire. Oder bei Zitaten.

Zwar haben Portale wie YouTube durchaus schon Erfahrungen mit Filtern, etwa um urheberrechtlich geschützte Musik zu erkennen. Aber die Sache wird nicht einfacher, wenn nun auch Texte, Fotos und Videos gefiltert werden müssen. Das wird ein totales Durcheinander geben – für uns Nutzer sehr schwierig.

YouTube mobilisiert die User mit Kampagne

YouTube weckt mit diversen Kampagnen enorme Ängste unter den Usern. So, als würde die Video-Plattform durch das neue Urheberrecht verschwinden.

Das ist natürlich Unsinn. YouTube wird sich arrangieren. Andere sprechen von Zensur. Auch das ist totaler Unsinn. Denn es ist keine Zensur, wenn Urheberrechte gewahrt bleiben.

Ich persönlich hätte mir eine andere Lösung gewünscht. Etwa eine Art Kulturabgabe der Plattformen, die auf alle Rechteinhaber fair ausgeschüttet wird.

Die gewählte Lösung ist extrem unglücklich – eigentlich für alle. Auch für die User.

Das Leistungsschutzrecht

Noch problematischer aber ist das sogenannte Leistungsschutzrecht. Es soll Google und andere Suchmaschinen dazu zwingen, dafür zu zahlen, wenn in den Suchergebnissen Überschriften von Artikeln oder kurze Textschnipsel erscheinen.

Gemeint ist Google News. Hier kann man nach Artikeln suchen. Künftig müsste Google für Überschriften und kurze Textschnipsel Geld an die Verlage zahlen. Dabei ist Google News werbefrei. Google verdient hier nichts. Außer hier: In der normalen Suche. Da erscheinen ebenfalls Hinweise auf Artikel, direkt neben Anzeigen.

Meine Prognose: Google wird Google News in Europa entweder komplett dicht machen – oder nur noch Verlage auflisten, die kostenlos kooperieren. Und das kann ich sogar verstehen. Bedeutet aber für uns Internetnutzer: Gut möglich, dass wir schon bald nicht mehr sehen, welche interessanten Artikel es gibt. Denn bezahlen will Google nicht.

Das Leistungsschutzrecht ist total gaga. Das Problem mit dem Urheberrecht muss gelöst werden. Aber das hätte man deutlich besser machen können – und müssen.

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