Innenminister inside: Wo der Staat dabei sein will

Die Digitalisierung verändert alles. Wie wir kommunizieren, wie wir Dinge erledigen, wie Verbrechen begangen werden… Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Aber wie damit richtig umgehen? Wo kann und sollte der Staat eingreifen oder mithören dürfen? Das ist ein sensibleds Thema, das sorgfältig diskutiert werden sollte. Doch unsere Innenminister haben einfache Lösungen: Sie fordern einfach – Innenminister inside.

Die Politik  ist schon merkwürdig. Praktisch alle wichtigen Themen der Digitalisierung lässt sie links liegen. Weil es Mühe kosten würde, sich Gedanken zu machen und eine sinnvolle und überzeugende Haltung zu entwickeln.

Nur die Innenminister, die melden sich immer wieder zu Wort. Sie fordern – Überraschung! – mehr Kontrolle. Sie wollen in die Messenger reinschauen können. Sie wollen 5G weniger sicher machen, als es möglich wäre. Und sie wollen Gespräche mit Sprachassistenten abhören können.

Behörden sollen auf praktisch alle Daten zugreifen können

Das sind drei Anliegen aus den jüngsten Tagen. Innenminister inside, sozusagen. Bundesinnenminister Seehofer will, dass Messenger verpflichtet werden, verschlüsselte Kommunikation jederzeit auf richterliche Anordnung entschlüsseln zu können – und die Kommunikation an Behörden herauszugeben.

Was für den Laien vielleicht sinnvoll klingt, ist in der Praxis fatal: Die heute praktizierte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die als sicher gilt, geht dann nicht mehr. Und wenn die Messenger-Dienste entschlüsseln können, dann könnte es – theoretisch – jeder. Die vertrauliche Kommunikation ist dahin.

Auch bei 5G soll die geplante Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wegfallen. So wollen es die Justizminister, schreibt der Spiegel. Auch hier: ein nachvollziehbares Anliegen. Strafbehörden müssen arbeiten können. Aber man hat nicht den Eindruck, dass eine dringend erforderliche Abwägung aus Nutzen und Folgen stattgefunden hat.

5G; Rechte: Pixabay

My SmartHome, my Prison

Der neueste Übergriff: Die Innenminister wollen gerne auf die erhobenen Daten von digitalen Assistenten, Smarthome-Geräten und Internet-of-Things-Devices zugreifen können. Im Vergleich dazu ist der große Lauschangriff aus den 90er Jahren der reinste Kindergarten. Die heutigen Innenminister machen praktisch alle vernetzten Devices zu potenziellen Schnüffel-Werkzeugen. Sie sammeln vorsorglich Daten – und der Staat kann bei Bedarf darauf zugreifen. Wie soll sich das bitte für die Menschen anfühlen?

Natürlich: Strafverfolgungsbehörden stehen vor gänzlich neuen Herausforderungen. Ich kann verstehen, dass hier Begehrlichkeiten entstehen – weil nun mal effektive Polizeiarbeit möglich sein muss. Aber derart einschneidende Eingriffe müssen angemessen diskutiert werden. Denn die Folgen sind nicht absehbar. Es stellt sich zwangsweise das Gefühl der ständigen Beobachtung ein. Ist der Politik aber offensichtlich egal – jedenfalls wird darüber nicht gesprochen.

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