Drosseln der Bandbreite: „Purer Aktionismus“

Einige Streamingdienste wie Netflix oder Sky, aber auch YouTube haben sich bereit erklärt, die Bandbreite ihrer Streams und Videos iun Europa zu drosseln. Eine wirklich nötige und sinnvolle Maßnahme? Es gibt Zweifel: Experte Klaus Rodewig sagt mir im Gespräch: „Purer Aktionusmus“. Interessant!

Homeoffice, Video-Konferenzen, Gaming, Streaming – das Internet erlebt zurzeit eine Belastungsprobe in bislang nie dagewesenem Ausmaß. Nicht wenige sorgen sich da um die Stabilität des Netzes.

EU-Kommissar Thierry Breton hat deswegen vor einigen Tage die Streamingdienste ausdrücklich darum gebeten, die Bandbreite zu reduzieren. Sein Argument: Die Infrastruktur sei in Gefahr, da mehr Menschen im Homeoffice seien und vor allem mehr Menschen als jemals zuvor gleichzeitig Streamingdienste nutzten.

„Die Bandbreite der Streamingdienste zu beschneiden ist purer Aktionismus“
Klaus Rodewig

Bandbreite gesdrosselt

Einige Streamingdienste wie Netflix und Sky, aber das Videoportal YouTube haben sich daraufhin bereit erklärt, für 30 Tage in Europa die Bandbreiten zu reduzieren (also faktisch die Bildqualität einzuschränken).

Klingt sinnvoll – aber ist es das auch? Nein, sagt IT-Experte Klaus Rodewig: „Dass die Streamingdienste in Europa ihre Bandbreiten runterfahren, ist purer Aktionismus.“ Sein Argument: Das Internet regelt selbst, was geht und was nicht. Wenn es aufgrund von Engpässen zu Schwierigkeiten kommt, merkt das der Sender – und liefert die Daten dann langsamer ab. Egal ob beim Download oder beim Streaming.

Internet regelt das normalerweise von selbst

In der Tat: Auf dem Handy wird schließlich auch nicht in 4K gestreamt. Weil es in der Regel weder das Display noch die Mobilfunkverbindung hergeben. Netflix und Co. reduzieren von allein das Datentempo – und genauso ist es auch bei Engpässen im Netz.

Die letzte Meile ist das Problem.

Eine grundsätzlich geringere Bandbreite ist daher völlig unnötig. Der „Backbone“ der Infrastruktur in Deutschland ist stabil und ausreichend dimensioniert. Auch der Netzwerkknoten DE-CIX kann leicht doppelt so viel vertragen wie zu seinen aktuellen Spitzenzeiten. Telekom und Wettbewerber sind hier gut aufgestellt.

„Grottenschlecht“ hingegen sei die „letzte Meile“, meint Rodewig. Also die Verkabelung von den Schaltkästen der Telekom in die Wohnungen und Büros hinein. Das ist bei uns in Deutschland fast immer Kupfer – und damit erheblich limitiert. Die Politik hat den Glasfaser-Ausbau verschlafen.

Das Ergebnis sehen wir zum Beispiel in dieser Untersuchung: Deutschland kommt auf Platz 25 in Sachen Download-Geschwindigkeit. Weit abgeschlagen.

Versagen der Politik: Versprechen nicht gehalten

Denn die letzte Meile ist ein Flaschenhals. Wenn nun Eltern und Kinder gleichzeitig zu Hause sind und alle ins Netz drängeln, dann macht sich das bemerkbar. Das hat sich – trotz wiederholter Versprechungen der Politik – auch nicht wesentlich geändert. Dafür verantwortlich: Bundesverkehrs- und -digitalminister Andreas Scheuer (CSU).

Wir sollten eine Lehre aus der aktuellen Belastungsprobe ziehen: Nach der Krise ist es dringend erforderlich, kräftig zu investieren und den Breitband-Ausbau voranzubringen. Damit Deutschland nicht länger irgendwo im traurigen Mittelfeld dümpelt.

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