Corona: Wie uns OpenSource nützen könnte

 Die Corona App: Seit Wochen sprechen und berichten wir in den Medien darüber. Immer wieder über neue Details, neue Kritik wegen möglicherweise mangelndem Datenschutz, neuen Zeitplänen. Jetzt steht fest: Telekom und SAP entwickeln die Software. In einigen Wochen steht sie dann bereit. Danach dürfen Experten in den Programmcode reinschauen. Erst danach. Alles andere als optimal.

Normalen Usern bringt es nicht viel, in den Quellcode eines Programm zu schauen. Aber Experten können reinschauen und sehen, was und wie da programmiert wurde. Sie können sehen, ob sorgsam mit den Daten umgegangen wird, ob sie verschlüsselt sind, ob die Daten anonymisiert werden und wie. Das erlaubt eine Beurteilung, wie gut die App gemacht ist – und ob sie Vertrauen genießt. Experten müssen also nicht mutmaßen, wie eine Software programmiert ist, sondern können es sehen. Das ist so, als ob man in der Küche eines Restaurants nach dem Rechten sieht.

Im Idealfall können fähige Entwickler aber nicht nur reinschauen in den Code, quasi als Kritiker, sondern auch mitmachen. OpenSource wird das genannt – quelloffen. Da kann dann jeder mitmachen, Vorschläge einbringen, Code bereitstellen – und so Helfen, Fehler zu entdecken oder die Software besser zu machen.

Corona App: Erst nach Veröffentlichung der App quelloffen

Das wird bei der deutschen Corona App aber nicht gehen. Der Gesundheitsminister hat angekündigt, den Quellcode nach der Veröffentlichung der App frei verfügbar zu machen.

Da fragt man sich: Warum? Und kann es nicht beantworten. Wahrscheinlich, weil Telekom und SAP – die beiden Konzerne entwickeln die App federführend – es nicht gewohnt sind, sich bei der Arbeit auf die Finger schauen zu lassen. Wir vergeben uns damit aber eine riesige Chance: Könnten Fachleute wie der Chaos Computer Club von Anfang an reinsehen in den Code, würde das das Vertrauen in der Gesellschaft natürlich enorm erhöhen – und auch die Zahl der Installation in die Höhe schnellen lassen. Genau das brauchen wir ja: viele Installationen.

In Österreich hat man das genau so gemacht. Hier hat das Rote Kreuz eine Stopp Corona App entwickelt – von Anfang an als OpenSource. Da sind prominente Datenschützer wie Max Schrems beteiligt. Die Teans erklären in öffentlichen Pressekonferenzen die Technologie und beantworten Frage. Das ist vorbildlich. Bei uns in Deutschland aber wird das nicht gemacht. Es ist wirklich sehr traurig – und alles andere als modern.

In OpenSource steckt enormes Potenzial

Der OpenSource-Gedanke ist ja alles andere als neu. Wie könnte dieses Konzept uns generell helfen, bei der Digitalisierung weiterzukommen?

Es gibt eine Menge Potenzial. Generell könnte man fordern: Wenn öffentliche Gelder in die Entwicklung von Software gesteckt werden, ob zur Auswertung von Umweltdaten, zum Betrieb der Verwaltung, für Schulprojekte, sollten die generell OpenSource angelegt sein – sofern nicht wirklich gute, konkrete Gründe dagegen sprechen, etwa wenn es um Sicherheitsaspekte geht.

Der Vorteil: Lösungen müssen nicht 100x entwickelt werden, in diversen Kommunen, sondern 1x – und werden dann dem Bedarf angepasst. Davon haben alle etwas – und wir sparen auch noch eine  Menge Geld. Auch in der Schule könnten OpenSource-Projekte eine Menge bringen. Hier liegt die Digitalisierung bekanntlich besonders brach.  Warum nicht eine Bundes-App für den virtuellen Klassenraum als OpenSource entwickeln? Das wäre doch mal was…

Aber Schülerinnen und Schüler brauchen doch mehr als nur Tablets und vernetzte Geräte. Sie brauchen gute Inhalte. (Besser: Es muss klar sein, wie man das Lernen über diese Geräte gut organisiert.)

Richtig. Und auch hier ist Umdenken angesagt. Nicht mehr analog denken – und damit beschränkt. Sondern digital. Wie wäre es mit öffentlichen Lernplattformen? Mit Material zum Lernen, Hausaufgaben, Fotos, Videos, Kursen – jeder Lehrer könnte sich sein individuelles Programm zusammenstellen. Oder auch etwas erarbeiten – und es in die Plattform einstellen, wovon wieder andere möglicherweise profitieren.

Oder Augmented Reality Projekte: Virtuell einen Vulkan besuchen oder eine DNA untersuchen… Open Educational Ressources wird so etwas genannt. Das ist so ähnlich wie OpenSource, nur auf Inhalte bezogen. Mit so etwas sollten sich Bund- und Landesregierung mal beschäftigen. Das wäre eine Digitalpakt, der den Namen verdient.

 

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