Missbrauchsfall Münster: Die Crux der Verschlüsselung

von | 10.06.2020 | Digital

Verschlüsselung ist praktisch und nützlich: Wer seine Daten verschlüsselt, kann in der Regel davon ausgehen, dass Fremde sie nicht lesen können. Es gibt viele gute Gründe, seine Daten zu verschlüsseln. Aber leider machen auch Kriminelle davon Gebrauch – dann hat es die Polizei schwer.

Normalerweise sind wir froh, dass Verschlüsselung heute so einfach geht: WhatsApp öffnen, Chat starten, abhörsicher kommunizieren – denn die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in WhatsApp und anderen Messengern gilt als nahezu unknackbar.

Das Gute: Niemand muss heute noch ein Informatik-Diplom an der Wand hängen haben, um Texte, Fotos, Bilder, Videos oder Chats zu verschlüsseln. Es ist wirklich kinderleicht.

Verschlüsselung: Heute kinderleicht und wirkungsvoll

Auch Windows, MacOS und mobile Betriebssysteme wie iOS oder Android verschlüsseln auf Wunsch Daten – auf der Festplatte oder im Speicher. Wer mag, kann darüber hinaus auch Dateien und Ordner verschlüsseln. Es gibt dafür unzählige Programme. Das gibt uns ein gutes Gefühl: Meine Daten, meine Dokumente, meine Chats sind weitgehend sicher.

Moderne Verschlüsselung lässt sich praktisch nicht knacken. Wenn 256-Bit-Schlüssel zum Einsatz kommen, bräuchten selbst Supercomputer Jahrtausende, um den Schlüssel zu brechen – und an die eigentlichen Daten zu kommen. Das dauert so lange, weil Abermilliarden mögliche Schlüssel durchprobiert werden müssen.

Entschlüsselung ist eine Meisterleistung

Verschlüsselung ist auch der Grund, wieso die Polizei im aktuellen Missbrauchsfall in Münster über ein Jahr gebraucht hat, um vorhandenes Beweismaterial (Festplatten mit unvorstellbaren Mengen an Fotos und Videos von Missbrauchsopfern) auswerten zu können. Je aufwändiger die Verschlüsselung, desto schwieriger für die Behörden. Nach einem Jahr überhaupt Beweismittel vorweisen zu können, ist eine Meisterleistung.

Hintertür oder Generalschlüssel

Schneller geht das Knacken von Verschlüsselung nur, wenn Anhaltspunkte vorliegen – oder es im Programm eine Hintertür gibt, etwa in einem Verschlüsselungs-Algorithmus. Immer wieder kommt in der Politik die Forderung auf, einen „Generalschlüssel“für Ermittler vorzusehen. Doch solche Maßnahmen sind aus gutem Grund umstritten, denn Hintertüren oder Generalschlüssel würden zweifellos missbraucht. Etwa von Kriminellen, Betrügern, aber auch Staaten. Das würde die Sicherheit und auch das Vertrauen in Verschlüsselung enorm einschränken.

In solchen Fällen aber, wo die Polizei sich an Verschlüsselung die Zähne ausbeißt, da würde man sich doch insgeheim schon einen Generalschlüssel wünschen – damit die Beamten möglichst rasch Ergebnisse vorlegen, Beweismittel auswerten und weitete Opfer verhindern könnten.

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