Weg mit der Vorratsdatenspeicherung, her mit einer guten Lösung!

von | 11.10.2020 | Digital

Und ewig grüßt das Murmeltier: Die Vorratsdatenspeicherung (VDS) wird immer wieder diskutiert, als Regelung/Gesetz eingeführt – und von Gerichten einkassiert. Nun hat der EuGH erneut entschieden: In der vorliegenden Form ist die VDS nicht in Ordnung. Doch Polizei und Staatsanwaltschaften brauchen Daten, wenn sie Kriminelle dingfest machen wollen. Es braucht daher eine Lösung – aber am besten als Neuanfang.

Manche Gesetze und EU-Regeln sind einfach nicht totzukriegen. Obwohl höchste Gerichte wie das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof (EuGH) immer wieder klare Ansagen machen und sie sogar aufheben. Das gilt zum Beispiel für die Vorratsdatenspeicherung (VDS).

Vorratsdatenspeicherung ist unverhältnismäßig

Die aktuelle Fassung ist bereits seit über fünf Jahren als EU-Verordnung etabliert. Doch gerade erst hat der EuGH erneut festgestellt: Von ausnahmslos allen EU-Bürgern unentwegt und überall Bewegungs-, Kontakt- und Kommunikationsdaten zu erheben und zu speichern – und das anlasslos, also ohne konkreten Tatverdacht -, ist aus Sicht der Richter unverhältnismäßig und deshalb nicht erlaubt.

Allerdings haben die Richterinnen und Richter diesmal die Tür einen kleinen Spalt weit geöffnet: Bei schweren Straftaten und wenn die nationale Sicherheit bedroht ist, sind laut EuGH Ausnahmen erlaubt. Dann dürfen Daten auf Vorrat gespeichert werden. Aber das ist dann eben auch nicht mehr „anlasslos“, sondern fokussiert, konkret begründet – und richterlich angeordnet. Ein Unterschied.

Einen Überwachungsstaat will keiner

Zur Bekämpfung schwerer Verbrechen – etwa Clan-Kriminalität, Kinderpornografie oder Islamismus – brauchen Fahnder Nutzungsdaten. Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter erklärt mir glaubhaft: Vor allem die IP-Daten sind wichtig. Die Ermittler wollen nicht möglichst viele Daten, sondern bei Bedarf die Richtigen.

Ich persönlich verstehe die Sorgen von Netzaktivisten und Datenschützern: Wehret den Anfängen. Fängt ein Staat erst mal an, im großen Stil Kommunikationsdaten zu sammeln, droht Missbrauch.

Vielleicht nicht gleich bei uns in Deutschland, aber womöglich in anderen EU-Ländern. Und – wer weiß: Vielleicht auch irgendwann bei uns. So etwas muss natürlich verhindert werden.

Polizei braucht IP-Adressen

Auf der anderen Seite müssen aber auch Polizei und Ermittlungsbehörden ihre Arbeit machen können. Können sie aber häufig nicht. Viele Verfahren werden eingestellt, weil die nötigen Daten fehlen. IP-Adressen werden derzeit nicht gespeichert/vorgehalten, da die Vorratsdatenspeicherung ausgesetzt ist.

Das scheint also auch nicht ideal zu sein. Es ist doch so: Wir müssen uns im Alltag immer wieder mal Einschnitte in die Privatsphäre gefallen lassen – die müssen dann aber natürlich gut begründet sein.

Ein Neuanfang ist nötig

Von daher ist eine Vorratsdatenspeicherung, die einfach mal so von allen Daten sammelt, in der Tat unzumutbar und gefährlich. Allerdings ist es meiner Ansicht nach auch keine Lösung, partout den Bedarf von Polizei und Ermittlern zu ignorieren. Die haben nämlich keine Überwachungsphantasien, sondern brauchen schlichtweg Werkzeuge und Daten, um ihre Arbeit machen zu können.

Was es also dringend braucht ist ein Neuanfang: Politik muss sich von dem Gedanken lösen, die Daten aller anhaltslos zu speichern. Es müssen Lösungen her, die ein Maximum an Diskretion und Privatsphäre garantieren, aber es ermöglichen, Kriminelle dingfest zu machen.

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