Zehn Jahre Google Streetview in Deutschland

Zehn Jahre Google Streetview in Deutschland: Die Deutschen nutzen den Dienst zwar gerne, um sich in anderen Ländern umzuschauen – doch die eigene Häuserfassade wollen viele nicht im Netz sehen. Ein Proteststurm hat dazu geführt, dass Google in Deutschland keine neuen Aufnahmen macht. Der Widerstand ist verständlich – entlädt sich aber an der falschen Stelle.

Vor zehn Jahren Stand Deutschland Kopf: Weil Google-Autos über deutsche Straßen rollten und mit ihren Dachkameras Häuser fotografierten. Für Google Streetview, jenen Onlinedienst, der zu Google Maps gehört und das Betrachten einer Umgebung mit 360-Grad-Panoramen ermöglicht.

In über 90 Ländern war Google Streetview bereits unterwegs, aber in Deutschland war die Empörung groß. Ein unangemessener Eingriff in die Privatsphäre sei das, ein Verstoß gegen den Datenschutz. Manche fühlten sich überrumpelt, dass ein IT-Konzern seine Virtualität verließ, mit echten Autos durch echte Straßen rollte und echte Häuser fotografierte. Da hörte der Spaß für viele auf.

Google Streetviewe App

Proteste trotz Panoramafreiheit

Ich habe diese Aufregung nie teilen können. In Deutschland gilt die Panoramafreiheit. Alles, was ein Fußgänger oder Radfahrer oder Autofahrer sehen kann, darf bildlich wiedergegeben werden. An einer Hausfassade ist nun wirklich nichts Privates. Warum also diese Aufregung?

Vermutlich, weil die Menschen vor zehn Jahren zum ersten Mal begriffen, dass die großen IT-Konzerne tatsächlich in ihr Leben eindringen. Am PC oder auf dem Smartphone merken sie es eher nicht. Wenn die Konzerne hier Daten sammeln, ist nicht unmittelbar zu merken. Doch wenn Autos durch die Straßen rollen, dann wird die Sache greifbar. Und die Wut entlädt sich ausgerechnet dort, wo es am wenigsten angebracht ist.

Normaler Reflex: Zu viele Demütigungen

Wir kennen das alles aus dem Alltag: Wir ertragen 100 Demütigungen, kleine Ärgernisse und Provokationen durch Familie, Freunde oder Kollegen. Beim 101. Mal bricht der Frust durch, an einer Stelle, wo Beobachter vielleicht sagen: Was hat sie denn nur, was stört ihn denn?

So ähnlich verhält es sich bei Google Streetview. 244.000 Häuserfassaden in Deutschland wurden komplett oder teilweise verpixelt. Das verdirbt einem den Spaß an der Sache, weil diese Pixelmatsche bescheuert aussieht – und zu verrückten Konsequenzen führt: Zieht ein Pixel-Aktivist wieder aus, kann ein Haus nicht mehr entpixelt werden. Die Daten wurden ja gelöscht. Das hat Google den Spaß an der Sache verdorben – deshalb gibt es seit 2011 bei Google Streetview in Deutschland keine Aktualisierungen mehr. Nur im Rest der Welt.

An der richtigen Stelle protestieren

Viel klüger und angemessener wäre es, sich über die wirklichen Eingriffe aufzuregen – und sich dagegen zu wehren. Das mehr oder weniger klammheimliche Datensammeln von Google, Amazon und vor allem Facebook. Und insbesondere das Verquicken der Daten und das gnadenlose Ausschlachten von Gewohnheiten, Eigenheiten und persönlichen Merkmalen. Das ist privat. Aber keiner merkt’s, weil keine Google-Autos oder Facebook-Bikes durch die Wohnung rollen.

Eine trügerische Sicherheit. Kanalisieren wir unseren Ärger und unseren Widerstand doch lieber richtig.

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Zehn Jahre Google Streetview: Vom Onlinedienst zum Schreckgespenst

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