Überwachungsfotos bestellen? Kein Problem

Zunehmende Digitialisierung bedeutet nicht nur Fortschritt, sondern auch zunehmende Risiken. Das belegt ein aktuelles Beispiel aus Russland: Hier ist es möglich, über dubiose Kanäle auf Telegram sich Fotoaufnahmen aus Überwachungskameras der Stadt Moskau zu besorgen. Über eine Gesichtserkennung lassen sich gezielt Personen aufspüren.

Fast überall hängen in Großstädten Überwachungskameras. Mal besser, mal gar nicht zu sehen. Wir haben uns daran gewöhnt – und nehmen sie deshalb nicht mehr wirklich wahr.

Aus dem „Tatort“ oder aus anderen Filmen wissen wir: Die Polizei besorgt sich schon mal gerne Aufnahmen solcher Kameras. Und Hollywood erweckt mitunter den Eindruck, Hacker könnten die Kameras jederzeit mühelos fernsteuern und eine Person dabei beobachten, wie sie von A nach B geht.

Leider ist die Wahrheit nicht weit von Hollywoods Einfallsreichtum entfernt. Wie die auf Menschenrechte spezialisierte britische Thomson Reuter Stiftung jetzt berichtet, ist es offensichtlich gar kein Problem, auf die Überwachungssysteme einer Großstadt zuzugreifen.

Fotos aus Überwachungssystemen

Eine 20-jährige Russin hat sich im Auftrag der Aktivistengruppe Roskom Swoboda bei einer zwielichtigen Kontaktperson auf Telegram gemeldet. Die hat in dem Messengerdienst versprochen, Zugriff auf Fotos aus Überwachungskameras in Moskau zu haben. Mehr als das: Auftraggeber können der Kontaktperson ein Foto geben – und die sucht dann mit Hilfe von Gesichtserkennung nach passenden Überwachungsbildern. Ein Fahndungsinstrument also.

Für 16.000 Rubel (etwa 175 Euro) bekam die Aktivistin laut dem Bericht schließlich 79 Fotos von sich selbst. Aufgenommen an verschiedenen Orten in Moskau, auch in U-Bahn-Stationen und Bussen. Und das über einen Zeitraum von vier Wochen. So etwas ist nur möglich, wenn dauerhaft die Aufnahmen von sehr vielen Kameras zur Verfügung stehen und auf einem Server gespeichert sind. Dann eine Gesichtserkennung darüber laufen zu lassen, um eine bestimmte Person zu finden, ist heute technisch keine besondere Herausforderung mehr. Cloud-Dienste wie Amazon Web Services (AWS) bieten solche Systeme und Dienste schlüsselfertig an.

Mit geeigneter Software nach Gesichtern zu suchen, ist heute einfach geworden

Die Privatsphäre ist dahin

Kriminelle benötigen also nur eine Sicherheitslücke, schon lassen sich Aufnahmen von Überwachungskameras missbrauchen. Die Privatsphäre ist dahin. Je größer das Überwachungssystem, desto größer das Problem – und das Risiko. Wie das Beispiel des polnischen Foto-Suchangebots PimEyes zeigt, können die Folgen fatal sein.

Wenn etwa Geheimdienste auf solche Systeme zugreifen, wissen sie ohne jeden Aufwand sofort Bescheid: Wo wohnt eine Person, welchen Tagesablauf hat sie, wen trifft sie, wo geht sie essen oder arbeiten? Sicher kein beruhigender Gedanke für russische Dissidenten, Oppositionelle oder Journalisten, die häufig bedroht werden.

Aber auch wir sollten Lehren aus dem Beispiel von Roskom Swoboda ziehen. Die Sicherheitsstandards für Kamerasysteme können gar nicht hoch genug sein.

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