Wie nachhaltig ist Digitalisierung eigentlich?

von | 02.12.2020 | Digital

Das Schlagwort „Digitalisierung“ ist in aller Munde: Auch die Kanzlerin fordert mehr Tempo bei der Digitalisierung. In einiger Hinsicht will man ihr da auch zustimmen – aber nicht in jeder Hinsicht. Denn es geht nicht nur um ein Mehr von allem. Manchmal geht es auch um ein weniger. Vor allem, wenn es um die Nachhaltigkeit geht. Denn dieser Aspekt wird häufig vernachlässigt.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit: Das sind die beiden Schwerpunktthemen auf dem Digitalgipfel dieses Jahr, der heute (01.12.2020) endet. Es geht vor allem darum, wie Digitalisierung helfen kann, unsere Alltagsaufgaben besser zu lösen.

Etwa: Können Drohnen in der Landwirtschaft helfen, lassen sich mit KI Verkehrsströme optimieren – und kann man so Energie sparen? Es gibt zweifellos viele interessante Ansätze. Es geht darum, die Richtigen rauszupicken und loszumarschieren.

Digitalisierung birgt auch viele Nachteile

Gleichzeitig ist Digitalisierung aber auch eine enorme Herausforderung – denn es sind auch viele Nachteile damit verbunden. Allen voran der enorme Energiebedarf: Rechenzentren verbrauchen sehr viel Energie. Jetzt schon rund 2,7% des europäischen Strombedarfs. Tendenz: Steigend. Die EU will das ungebremste Wachstum des Energiehungers eindämmen. Aus ökologischen Gründen. Das ist richtig und wichtig – und damit auch Thema auf dem Digitalgipfel.

Viel zu wenig beachtet bislang ist aber auch die Frage, wo all die Rohstoffe herkommen, die in moderner Technologie verbaut sind: Seltene Erden und seltene Metalle vor allem. Sie werden teilweise unter räuberischen Bedingungen abgebaut, in China, in Chile, in Afrika. Mit umweltzerstörerischen, gesundheitsschädlichen und menschenverachtenden Methoden.

Niemand spricht über Ressourcenverschwendung

Die uneingeschränkt empfehlenswerte Dokumentation auf ARTE belegt: Wir belügen uns alle selbst, wenn wir glauben, den ökologischen Wandel gäbe es wirklich. Moderne Technologie – und auch die Digitalisierung – fordern ihren Tribut. Und die Politik schaut weg. Das gehört zur Nachhaltigkeit zweifellos dazu, ist aber auf dem Digitalgipfel vermutlich kein Thema. Denn mit den Fragen des Ressourcenabbaus und der Ressourcenverschwendung beschäftigt sich Politik nicht gerne.

Dafür in diesem Jahr mit einem anderen Aspekt (denn dafür gibt es Applaus): Der bessere Schutz von Plattform-Beschäftigen. Die Digitalisierung sorgt für viele prekäre Beschäftigungen, ob im Lieferbetrieb oder als Uber-Fahrer.

Nachhaltigkeit: Nicht nur Umweltschutz

Es gibt heute viele sogenannnte „Solo-Selbständige“ (auch so ein Unwort, weil es nach Freiwilligkeit und Selbstbestimmung klingt, nicht nach Ausbeutung und sozialem Verfall), die von Plattformen abhängig, aber dort nicht richtig beschäftigt sind. Und auch Mitarbeiter von Amazon werden überwacht – und sind nicht unbedingt in jeder Hinsicht zu beneiden. Digitalisierung bedeutet allzu häufig Turbokapitalismus pur: Die einen verdienen, die anderen zahlen die Zeche. Umwelt inklusive.

Es ist richtig und wichtig, da genau hinzuschauen. Ich habe zwar ernsthafte Zweifel, dass sich am Wesen der Probleme wirklich etwas ändern. Aber genau das muss dringend passieren.

[av_video src=’https://vimeo.com/485842197′ mobile_image=“ attachment=“ attachment_size=“ format=’16-9′ width=’16‘ height=’9′ conditional_play=“ av_uid=’av-8cuwtho‘]

Amazon bespitzelt Mitarbeiter, Partner und Kunden