Gericht verbietet prominente Medizin-Infos bei Google

von | 13.02.2021 | Internet

Wer sich über Krankheiten und Symptome schlau machen will, geht heute ins Netz. Deswegen kennt Google die Befindlichkeit der Welt besser als jeder andere. Damit sich die Menschen keine Falschinformationen anlesen, kooperiert das deutsche Gesundheitsministerium mit Google. Der Suchdienst zeigt zu vielen Krankheiten die Infos aus dem Ministerium besonders prominent an. Doch das ist jetzt erst mal vorbei: Ein Gericht hat diese Praxis als unzulässig untersagt.

Im vergangenen Herbst hat das Bundesgesundheitsministerium eine Art Wissensportal zum Thema Gesundheit gestartet: Unter der Adresse gesund.bund.de gibt es solide recherchierte Informationen zu wichtigen Krankheiten und Symptomen, ob Migräne, Gürtelrose oder Covid-19.

Das Angebot soll als Gegenmaßnahme zu den Falschinformationen verstanden werden, die im Netz kursierten – und kursieren.

Durch eine Kooperation mit Google erscheinen die Infos aus dem Ministerium allerdings besonders prominent. Ein Knackpunkt: Das Münchener Landgericht hat diese Kooperation von Bundesgesundheitsministerium und Google nun vorläufig untersagt.

Netdoktor.de

Durch Kooperation mit Google prominent platziert

Ein Paukenschlag. Verlagsgruppen haben gegen das Portal und die Kooperation mit Google geklagt. Erfolgreich.

Was man wissen muss: Die Betreuung des Portals kostet rund 4,5 Millionen Euro – jährlich. Das könnte man als gut gemeinte Gesundheitsaufklärung verstehen. Wenn da nicht Verlage wären, die auch sehr gut gemachte Portale haben – wie netdoktor.de -, die allerdings wirtschaftlich leiden, wenn nun plötzlich mit Steuermitteln finanzierte Infoangebote bei Google prominent platziert werden.

Genau das ist der Fall: Die Infos zu den rund 160 Krankheiten, die im Portal des Bundes behandelt werden, erscheinen bei Google zumeist an erster Stelle. Dafür sorgt ein „Deal“ zwischen Bundesministerium und Google.

Ob und wie viel Geld dafür fließt, ist unbekannt. Eine Tatsache ist jedoch, dass es problematisch ist, wenn ein Angebot bewusst bevorzugt und alle anderen damit diskriminiert werden. Wenn private Angebote weniger Umsatz machen, weil plötzlich eine neue Nummer 1 da ist – die aber gar nicht im fairen Wettbewerb steht, da steuerfinanziert ist – und eben auch noch von Google bevorzugt.

Kritik der Verlage erheblich – und verständlich

Den Ärger und die Aufregung in den Verlagen kann ich gut nachvollziehen. Es ist schwierig genug, in diesen Zeiten Geld zu verdienen. Ein weiteres Argument der Verlage: Der Bund darf eigentlich gar keine Publikationen herausgeben, die im Wettbewerb zu ihnen stehen.

Aber werden die Angebote wirklich geschwächt? Ich habe mir mal in einem Experten-Tool (Sistrix) die sogenannte „Sichtbarkeit“ von netdoktor.de und gesund.bund.de angeschaut. Der Erfolg des Bundesangebotes ist deutlich erkennbar. Allerdings ist kein Einbruch bei netdoktor.de zu sehen: Das Portal scheint nicht weniger Besucher zu haben, als vor der Einführung von gesund.bund.de. Vielleicht, weil die Zahl der Anfragen zu Gesundheitsthemen insgesamt zugenommen hat.

Sichtbarkeitsindex netzdoktor.de

Wie wär’s mit OpenSource-Infos für alle?

Das Ansinnen des Gesundheitsministeriums, unseriöse und schädliche Informationen aus dem Netz zu verdrängen, ist begrüßenswert. Allerdings kann es wohl nicht auf diesem Weg gehen.

Mein Vorschlag: Die 4,5 Millionen Euro in die Erstellung guter Inhalte investieren. Texte. Grafiken. Tabellen, Videos. Und die dann publik machen – für jeden frei verfügbar und vor allem frei verwendbar. Dann verbreiten sich die Inhalte von ganz alleine – und informieren seriös. Ohne die Verlage zu schädigen.

Google präsentiert Informationen aus dem Ministerium prominenter

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