Facebook geht gegen Querdenken vor: Konten, Seiten und Gruppen gesperrt

von | 19.09.2021 | Social Networks

Facebook hat rund 150 Konten und Gruppen der „Querdenken“-Initiative auf Facebook und Instagram gesperrt. Erstmals, weil sie „sozialen Schaden“ hervorrufen.

Das hat es so auch noch nicht gegeben: Zum ersten Mal geht Facebook entschlossen gegen eine Gruppe vor, die laut Unternehmen „koordinierten sozialen Schaden hervorruft“. Erstmals hat sich Facebook also offen für das Gemeinwohl eingesetzt – und Maßnahmen nicht mit dem Verstoß gegen „Nutzungsbedingungen“ begründet. Bislang war die oberste Maxime von Facebook die uneingeschränkte Meinungsfreiheit.

Konkret hat Facebook am Donnerstag (16.09.2021) rund 150 Konten, aber auch Seiten und Gruppen der „Querdenken“-Bewegung gelöscht – auf Facebook sowie auf Instagram. Betroffen ist auch das Konto von „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg.

Auch das Konto von Querdenken Gründer michael Ballweg betroffen

Auch das Konto von Querdenken Gründer Michael Ballweg betroffen

Erstmals spielt „Störung des sozialen Friedens“ eine Rolle

Bislang hat sich Facebook stets auf das Recht auf freie Meinungsäußerung bezogen. Selbst den Holocaust leugnen war auf Facebook lange möglich. Die jüngste Entscheidung ist daher ein Paradigmenwechsel – oder wirkt zumindest so. Ausführlich begründet Facebook seine Entscheidung mit einem übergeordneten Interesse, dem sozialen Frieden.

Ganz so, als hätten die Managerinnen und Manager Dokumentarfilme wie „The Social Dilemma“ und andere gesehen (und verstanden), in denen genau dieser Aspekt kritisiert wird: Die angeblichen sozialen Netzwerke sind aktiv dabei behilflich, sozialen Unfrieden zu stiften.

Natürlich gibt die Corona-Krise genug Anlass für öffentliche Debatten: Nach dem Krieg nie dagewesene Einschränkungen der persönlichen Freiheit, damit einhergehende wirtschaftliche Schwierigkeiten für viele Unternehmer. Auch die Frage, ob Impfen nützt oder schädlich sein könnte: Alles zweifellos legitime Fragen und Sorgen, die offen und auch kontrovers diskutiert werden müssen. Aber nicht in Gewalt enden dürfen.

Qanon

WhatsApp nicht von Sperrungen betroffen

Auf WhatsApp kann Facebook nicht viel unternehmen, denn auf WhatsApp werden Nachrichten – auch in Gruppen – verschlüsselt übertragen. Da weiß also niemand, worüber gesprochen wird. Deshalb sind hier keine solchen Einschränkungen oder disziplinarischen Maßnahmen möglich. Ein Problem, das bei Telegram noch viel größer ist, weil hier auch „Kanäle“ aufgemacht werden können, die dann jede/r abonnieren kann.

Aber auch hier passiert etwas: Telegram hat vor einiger Zeit die Reichweite von Attila Hildmann auf Telegram eingeschränkt. Vor wenigen Tagen haben Hacker des Kollektiv Anonymous den Telegram-Kanal sowie Webseiten von ihm gehackt – und blockiert. Anschließend hat sich Anonymous einen Hoster „Epik“ in den USA vorgeknöpft: Die Hacker haben nicht nur Daten entschlüsselt und veröffentlicht, sondern auch Zugänge blockiert.

Es braucht rechtliche Rahmenbedingungen

Gegen die jüngsten Maßnahmen von Facebook hat „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg rechtliche Schritte angekündigt. Insbesondere die Facebook-Seite „Querdenken 711“ mit 30.000 Abonnenten habe nur Inhalte zu den Themen Grundrechte und Meinungsfreiheit zum Thema gehabt, argumentiert Ballweg.

Es ist gut und richtig, dass sich Michael Ballweg wehrt. Denn natürlich muss das auch juristisch geprüft werden – auch wenn einem das gefallen mag, dass die Bewegung mundtot gemacht wird. Es kommt immer wieder vor, dass Facebook einzelne Konto sperrt oder zeitweise blockiert – und das hat enorme Konsequenzen. Wir reden ja schon lange darüber, dass es – insbesondere für solche weitreichenden Sperrungen und Einschränkungen – übergeordnete rechtliche Institutionen geben müsste, die schnell, aber eben auch juristisch belastbar prüfen und entscheiden.

Der Grund liegt auf der Hand: Damit weder nur kommerzielle Interessen von Plattformen wie Facebook, noch nur politische Interessen – etwa einer Regierung – bei einer möglichen Sperrung eine Rolle spielen. Von einer solchen Lösung sind wir nach wie vor meilenweit entfernt.

 

Beispiel: Verunsichernde Informationen zum Thema „Impfen“