Wie KI Beethovens 10. Symphonie vollendet

Künstliche Intelligenz kann heute nicht nur Fotos oder Videos erzeugen – so gut, dass sie echt wirken -, sondern auch komponieren. Jetzt hat KI unter Anleitung von Experten die zehnte Symphonie Beethovens vollendet.

Ludwig van Beethoven war quasi der Popstar seiner Zeit. Wenn er an der einen Symphonie gearbeitet hat, war die nächste auch schon im Entstehen. Und so kommt es, dass die neunte Symphonie als ein Meisterwerk gilt, die zehnte aber nicht – weil sie nicht fertig wurde. Hier konnte der Meister nur wenige Noten zu Papier bringen, die im Geburtshaus Beethovens in Bonn liegen und dort auch angeschaut werden können. Beethoven war vor der Vollendung gestorben.

Wäre es nicht reizvoll, hat sich die Telekom gedacht – die ihren Hauptsitz ebenfalls in Bonn hat –, diese zehnte Symphonie mithilfe von KI sozusagen „zum Leben“ zu erwecken?

Beethovens zehnte Symphonie vollende

Wenn der Computer zum Taktstock greift

Genau das ist passiert: Vor zwei Jahren hat Dr. Matthias Röder, geschäftsführender Direktor des Herbert von Karajan Instituts in Salzburg und bekennender KI-Fan, die ungewöhnliche Herausforderung angenommen. Er hat ein Team von Musikwissenschaftlern und Programmierern zusammengebracht – und die unvollendete zehnte Symphonie nun vollendet.

Das Ergebnis kann sich hören lassen. Seit kurzem gibt es die fertiggestellte Symphonie auf CD zu kaufen, außerdem wurde sieauch von einem Orchester öffentlich gespielt. Bei einer Uraufführung des Beethoven Orchesters unter der Leitung von Dirk Kaftan in Bonn. Eigentlich sollte es schon im vergangenen Jahr so weit sein: als Ehrung an den Meister, im Beethoven-Jahr. Aber wegen Corona hat sich alles verzögert.

Teamwork aus KI und Musikexperten

Das Expertenteam hat die KI mit Musik der damaligen Zeit trainiert: Jede Menge Musikstücke von Beethoven, Mozart und Haydn – und Werke anderer Künstler, die Beethoven gefallen haben. Eine Spezialität von KI ist es, Muster zu erkennen. Und so konnte die KI lernen, nach welchen „Regeln“ Musik früher entstanden ist. Auf diese Weise wurde die KI „trainiert“.

Dann hat das Team der KI die bereits vorliegenden Noten „gezeigt“. Die KI hat dann Vorschläge entwickelt, wie die Symphonie weitergehen könnte. Note für Note. Es ist eine Art Ping-Pong-Spiel zwischen Mensch und Maschine entstanden: Die KI hat auf Basis der vorhandenen Daten Vorschläge unterbreitet, das Expertenteam wählte die besten Vorschläge aus und hat die KI darauf basierend weitermachen lassen.

Es ist also nicht so, dass die KI quasi auf Knopfdruck eine fertige Symphonie ausgespuckt hat, sondern im Teamwork mit den beteiligten Menschen.

 

Die ersten Minuten als Hörprobe

KI kann nicht kreativ sein

Am Ende kommt aber natürlich kein echter Beethoven dabei heraus. Nur Beethoven kann Beethoven. Die KI kann bestenfalls versuchen, den Stil von Beethoven nachzuahmen. Und zwar so gut, dass wir es als echt empfinden. Aber das Ergebnis ist trotzdem wie Beethoven, sagen Fachleute.

Viele fragen sich jetzt: Kann KI kreativ sein, neue Werke erschaffen? Meiner Überzeugung nach niemals. Denn kreativ kann nur sein, wer sich seiner Existenz und ihrer Endlichkeit bewusst ist. Bei Menschen ist das so, bei Maschinen nicht. Wir sollten also nicht dem Irrglauben verfallen, das Ergebnis des wirklich interessanten Projekts sei Kreativität. Es ist eine Simulation davon – und nur dank des beherzten Eingreifens von Musikern möglich gewesen.

 

Interview mit Projektleiter Dr. Matthias Röder

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