Snowflake: Wie wir alle Menschen in Ländern mit Internetzensur helfen können

Im Iran versucht das Regime, die Proteste durch eingeschränkten Netzzugang und abgeschaltete Netzwerke zu hemmen. Mit Snowflake gibt es jetzt ein Tool, mit dem Menschen nahezu garantiert ins Tor-Netzwerk können.

Nach dem Tod der 22-jährigen Jina Amini, die im Iran von der Sittenpolizei festgenommen wurde, gibt es im Iran erhebliche Proteste und Demonstrationen. Danach hat die Regierung den Internetzugang massiv eingeschränkt. Das Mobilfunknetz, aber auch beliebte Dienste wie Instagram oder Whatsapp wurden abgeschaltet. Manche Iraner können gar nicht mehr ins Internet, andere wichtige Dienste wie Twitter oder WhatsApp nicht mehr benutzen. Mit unserem Netzdenker Jörg Schieb spreche ich über die Entwicklungen im Iran – und wie jeder den Menschen im Iran helfen kann, indirekt zumindest, die strengen Zensurmaßnahmen im Iran zu umgehen.

Das Regime in Teheran zensiert das Netz
Das Regime in Teheran zensiert das Netz

Iran: Eine Regime zensiert das Netz

Wir hier in Deutschland sind gewohnt, dass es praktisch keine Einschränkungen im Netz gibt.

Im Iran sind einige Dienste wie Youtube, Twitter und Facebook schon lange blockiert. Sie sind für die Menschen ohne Hilfsmittel nicht zu erreichen. Dasselbe gilt für viele Webangebote, insbesondere für ausländische Medien. Die Menschen im Iran sollen sich nicht unabhängig informieren. Seit den landesweiten Protesten schaltet das Regime immer wieder in besonders aktiven Gebieten das Mobilfunknetz ab: Es wird gedrosselt oder komplett abgeschaltet. Die Motivation ist klar: Die Menschen organisieren sich mit ihren Smartphones. Wenn das Mobilfunknetz aber nicht funktioniert oder abgeschaltet ist, geht das natürlich nicht mehr. Auf diese Weise will das Regime die Reaktionsfähigkeit der Demonstranten stören. Vor einigen Tagen wurden dann auch noch WhatsApp und Instagram im beinahe ganzen Land blockiert.

Auch Instagram geblockt

In jedem Land der Erde ist ein anderes Soziales Netzwerk beliebter als die anderen. Wir dürfen nicht einfach unsere Gewohnheiten auf andere Länder übertragen. Im Iran zum Beispiel war zuletzt Instagram sehr populär. Aus einem einfachen Grund: Instagram war der einzige noch verbliebene Dienst, der im Iran frei zugänglich war, alle anderen sind ja schon lange blockiert. Also haben die Menschen sich mit Instagram ausgetauscht – und auch Demos organisiert.

Deutlich mehr als 50% der Menschen im Iran nutzen Instagram. Da trifft sie so eine plötzliche Abschaltung natürlich hart. Man muss sagen, dass durch die Abschaltungen der Mobilfunknetze und das Blockieren von Facebook, Youtube, Twitter, Instagram und WhatsApp die Kommunikation untereinander beinahe zum Erliegen gekommen ist. Und das war vom Regime auch so beabsichtigt.

Die Grenzen von VPNs

Normalerweise lassen sich Blockaden mit VPNs umgehen, Virtual Privat Networks. Solche Systeme verschleiern den eigentlichen Aufenthaltsorts und erlauben, über das Ausland auf die begehrten Dienste und Inhalte zuzugreifen. Doch die werden im Iran, aber auch in anderen Ländern wie China oder Russland mittlerweile auch blockiert. Das ist zwar etwas mühsam, aber die autokratischen Staaten sind motiviert. Sie besorgen sich die Adresslisten der VPN-Dienste – und blockieren sie. Das funktioniert meist nicht zu 100%, aber doch sehr umfassend.

Das gilt leider auch für das Tor-Netzwerk. Quasi das Darknet. Im Iran, aber auch in Russland oder China wichtige Werkzeuge, um sich ungestört auszutauschen. Aber auch die Zugänge dazu sind häufig blockiert. Und da kommt Snowflake ins Spiel: Eine kostenlose Erweiterung, die sich jede(r) auf seinem PC oder Handy installieren kann. Als Erweiterung zu Chrome oder Firefox Browser.

Snowflake: So entgehen User der Zensur

Wer das macht, öffnet sein Gerät für Menschen in Iran und anderen Ländern. Die können dann über meinen Browser ins Tor-Netzwerk. Das geht alles vollkommen automatisch, ist legal und sicher. Man gibt lediglich ein bisschen von seiner Bandbreite her. Snowflake verrät einem, wie viele Menschen in den letzten 24h dadurch unterstützt worden konnten. Die Menschen im Iran nutzen den Tor-Browser, auch mit Snowflake – und so wird die Verbindung hergestellt. Der Trick: Wenn das Tausende Menschen im Westen machen, ist es unmöglich, diese IP-Adressen zu identifizieren und zu blockieren. Ein sehr charmantes System.

Aber Könnte es denn auch eine Maßnahme sein, dass ein Land wie Iran das komplette Internet abschaltet – nur um die Protestierenden zu stören?

Technisch möglich ist das sicher. In einem Land wie Iran sind die Wege kurz. Provider haben kaum eine Chance, sich gegen eine solche Order zu wehren.

Trotzdem halte ich es für unwahrscheinlich, dass so etwas passiert. Aus einem ganz einfachen Grund: Auch im Iran dürfte zivile Infrastruktur wie Energie, Verkehr und Verwaltung vom Internet abhängen. Ebenso die Wirtschaft. Wer das Interner ausknipst, schaltet alles ab – mit unabsehbaren Folgen. Es würden auch enorme wirtschaftliche Schäden entstehen. Deshalb denke ich: Auch wenn es grundsätzlich ginge, wird das wohl nicht gemacht werden. Der Schaden wäre größer als der Nutzen aus Sicht der Mullahs.

 

 

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