So viele AKWs in aller Welt

So viele AKWs in aller Welt

Die schwierige Lage in Japans Atomkraftwerken lässt die Menschen umdenken. Atomkraft ist offensichtlich doch nicht so sicher, wie immer behauptet wurde – zumindest aber das so genante „Restrisiko“ deutlich größer als gedacht.

Aber wie viele Atomkraftwerke gibt es eigentlich? In Deutschland sind es derzeit 17, das hat sich allgemein rumgesprochen. Wie viele AKWs in den Nachbarländern stehen, wie viele neue gebaut werden und wo der Atommüll landet, so etwas weiß man nicht.

Auf der Webseite Nuclear Waste Riddle lässt sich so etwas nachschlagen. Hier erfährt man beispielsweise, dass unser Nachbar Frankreich derzeit 58 Atomkraftwerke in Betrieb hat. Eins wird gerade neu gebaut – und 14 sind für die Stillegung vorgesehen. Deutschland ist umgeben von Atomkraftwerken.

Verantwortlich für die Webseite sind die Grünen im Europäischen Parlament. Darum liegt der Schwerpunkt der Webseite auf den Staaten der EU – es gibt aber auch Zahlen über andere Länder wie USA oder Russland.

Es wäre zweifellos schön, wenn das Angebot ausgebaut würde, noch andere Länder berücksichtigt würden. Jedenfalls macht die Webseite deutlich, welche ungeheuren Mengen an Atommüll überall auf der Welt anfallen. Eine Studie über den „Umgang mit radioaktiven Abfällen in der Europäischen Union“ gibt es ebenfalls – zum Download.

Protestkultur im Web: Infos über Castor-Transporte und AKW-Laufzeit-Verlängerung

Auch dieses Jahr gibt es wieder Protest gegen den Castor-Transport, der von der französischen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague in die Atomanlage Gorleben fährt. Früher Wurfzettel wurden verteilt, heute rühren Gegner online die Werbetrommel für Demos, sie informieren auf Webseiten und in sozialen Netzwerken über Projekte und organisieren online Kundgebungen oder Aktionen.

Es gibt mittlerweile diverse Webseiten, die gegen Castor-Transporte protestieren. Unter www.castor-schottern.org erfahren Besucher, dass sich Castor-Gegner ständig neue Strategien ausdenken, wie sie den Castor-Transport erschweren oder behindern können. Eine Strategie: Den Schotter aus den Gleisen entfernen. Denn wenn nicht genügend Schotter vorhanden ist, kann der Castor-Zug nicht sicher fahren. Der Schotter muss erst nachgefüllt werden – oder eine andere Strecke her.

www.castor-schottern.org informiert aber nicht nur über diese Strategie, sondern bietet auch reichlich Hintergrundinfos, etwa wann und wo Busse losfahren, über 160 Busse sind laut Webseite bereits organisiert, wann man wo übernachten kann (es gibt sogar eigene Camps), ob und welche Demos die Polizei verboten hat und vieles andere mehr.

Die Webseite www.atomkraft-abschalten.de hat ganz ähnliche Ziele. Diese für Castor-Gegner wichtigen Infos bekommt man auf Wunsch aber auch als Newsletter per E-Mail zugeschickt, insbesondere in den Tagen vor und während des Castor-Transports. Auf diese Weise sind Gegner und Demonstranten bestens im Bilde. Weil es aber auch durchaus Ärger wegen der Aktion gibt – einige Plakate wurden bereits beschlagnahmt –, hat die Webseite auch eine Anlaufstelle für Rechtsfragen eingerichtet, an die sich jeder wenden kann, der Fragen hat oder betroffen ist.

Ziel von www.x-tausendmalquer.de hingegen ist es, möglichst viele Sitzblockaden zu organisieren. Eine Protestmethode mit Tradition: Sitzblockaden führen immer wieder dazu, dass der Zug anhalten muss. Mit dem zivilen Ungehorsam wollen die Betreiber Zeichen setzen. X-Tausende Menschen widersetzen sich gemeinsam dem Transport mit einer großen, gewaltfreien Sitzblockade – dieser Idee verdankt die Webseite ihren Namen.

Auch hier gibt es reichlich Hintergrundinfos, etwa zur Anreise, wo man übernachten kann, wo geeignete Stellen für Sitzblockaden sind. Die Webseite erklärt aber auch die Beweggründe – und wer das Projekt alles unterstützt, erfährt man auch, darunter Bund, Attac, Naju, Jusos und viele andere. Auf einer Onlinekarte von Deutschland kann man sehen, wo im Vorfeld Infoveranstaltungen stattfinden.

Besonders erfolgreich ist auch das Aktionsnetzwerk Campact. Die hier bereits initiierten Online-Petitionen gegen die Laufzeitverlängerung waren sehr erfolgreich. Mehrere 10.000 Unterzeichner in wenigen Tagen – das kriegt man auf der Straße kaum hin. Die Macher von Campact sind erkennbar Protestprofis: Sie finanzieren das Onlineangebot, für das sogar kostenpflichtige Anzeigen bei Google geschaltet werden, über Spenden. Zielgruppe des Onlineprojekts sind vor allem Menschen, die bisher noch nicht politisch aktiv waren. Über die Unterzeichnung einer Online-Petition wollen sie Menschen dazu bringen, sich zum ersten Mal an einer Demonstration zu beteiligen.

Natürlich werden heute aber nicht nur Webseiten genutzt, um sich zu informieren oder etwas zu organisieren, sondern alle verfügbaren Mittel. Newsletter per E-Mail zu verschicken sind eine Möglichkeit. Natürlich werden heute aber auch Twitter und Facebook genutzt, um aktuelle Ereignisse bekannt zu machen oder kurzfristig neue Versammlungsorte bekanntzugeben. So gibt es zum Beispiel auf dem Twitter-Kanal #castornixda organisatorische Tipps, Links und Hinweise für alle, die schon zur Demo unterwegs sind. Wer auf der Twitter-Homepage nach „Castor“ sucht, findet schnell die passenden Kanäle.

Auch bei Facebook formiert sich der Widerstand. Die Greenpeace Jugend will auf ihrer Facebook-Seite Mitglieder dazu bringen, dem Protest ein Gesicht zu geben. Castor-Gegner sollen sich mit einem großen gelben X fotografieren lassen, als Zeichen für die Ablehnung von Atomkraft, Laufzeitverlängerungen und Castor-Transporten. Die Bilder sind auf der Facebook-Seite der Gruppe zu sehen, Hunderte haben bereits mitgemacht.

Auch politische Parteien schalten sich ein: Die SPD in Uelzen/Lüchow-Dannenberg, wo sich der Verladebahnhof für den Castor-Konvoi befindet, betreibt eine eigene Facebook-Gruppe. Die Facebook-Gruppe fordert unter anderem dazu auf, eine Online-Petition gegen die Verlängerung der Restlaufzeiten von Atomkraftwerken zu unterzeichnen. Der Vorteil von Präsenzen bei Facebook und Co: Die User können die Angebote bequem weiterempfehlen. Der Schneeballeffekt tritt leichter ein.

Der Castor-Transport ist ein sehr aktuelles Thema, die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ist aber auch ein Thema, das im Web eine immer größere Rolle spielt. Wer sich über dieses Thema informieren will, findet im Web jede Menge Infos. Auch auf Youtube. Dort habe ich ein sehr schönes Video entdeckt, das genau erklärt, in nicht mal vier Minuten, was es mit Castor eigentlich auf sich hat

httpv://www.youtube.com/watch?v=BnoTcBCNGDE

Vernetzter Protest und Widerstand

Ob es um Stuttgart 21, die Verlängerung der AKW-Laufzeiten oder die aktuellen Sparpläne der Bundesregierung geht: Politische Themen werden heute auch im Web diskutiert. Das Web ist dafür wie gemacht. Die oft gut gemachten Angebote informieren und klären auf, natürlich in der Regel aus einer bestimmten Perspektive. Mit vergleichsweise geringem Aufwand lassen sich online Massen mobilisieren. Genau das machen sich Bürgerbewegungen, Bürgerinitiativen oder auch schon mal einzelne Bürger zunehmend zunutze.

Einfachstes Beispiel: Ein fertig geschriebener Protestbrief, der online zur Verfügung steht und den Besucher nur noch kopieren, ausdrucken und abschicken müssen. Oft wird die Protestnote sogar gleich per E-Mail verschickt. Das ist bequem und erhöht die Zahl der verschickten Protestnoten enorm. Oft können sich die Besucher auch in digitale Unterschriftenlisten oder Petitionslisten eintragen.

Soziale Netzwerke spielen in diesem Zusammenhang eine wachsende Rolle. Denn zum einen lassen sich in sozialen Netzwerken besonders schnell und einfach zu jedem beliebigen Thema „Gruppen“ eröffnen, zum anderen eignen sich soziale Netzwerke wunderbar, um die eigenen Interessen auch publik zu machen. Darum hat heute praktisch jede Protestbewegung, jede Bürgerbewegung eine eigene Facebook-Seite. Wer so eine Facebook-Seite besucht, sieht gleich, wie viele Unterstützer es bereits gibt, selbst ob bereits die eigenen Freunde mitmachen, lässt sich erkennen.

Außerdem kann es wohltuend sein, sich durch Anklicken von „Gefällt mir“ zu einer Sache zu bekennen. Nicht zuletzt können soziale Netzwerke besonders gut Menschen vernetzen. Nachrichten, Meldungen und Meinungen lassen sich hier besonders einfach und bequem verteilen, weiterreichen, vervielfältigen – der berühmte Schneeballeffekt.

Praktisch alle derzeit relevanten, öffentlich debattierten Themen spielen auch im Web und auf Facebook eine Rolle. Stuttgart-21 ist ein schönes Beispiel, im Web sind sowohl Befürworter wie Gegner aktiv. Beide haben gut gemachte Facebook-Seiten, beide in etwa dieselbe Zahl an Anhängern. Die Gegner zählen knapp 8.400 Unterstützer, die Befürworter rund 7.800. Beide bieten umfangreiche Angebote auf Facebook, mit Diskussionen, Fotos, Angaben zum Projekt, Infos zu Veranstaltungen und vieles andere mehr. Bei der Atomkraftdebatte sieht es etwas anders aus: Da sind die Gegner und AKWs und AKW-Laufzeitverlängerung deutlich besser vertreten und präsenter in den sozialen Netzwerken.

Die Zukunft liegt in der Online-Bewegung. Die Menschen kommunizieren verstärkt im und über das Internet, sie organisieren sich über das Netz. Zu Hause, im Büro, vor Ort: Das Netz ist heute überall erreichbar. Zudem kostet es wenig oder gar nicht, online präsent zu sein und die Möglichkeiten zu nutzen. Es kann deshalb keinen Zweifel geben, dass das Internet auch in Zukunft eine große, sogar eine größere Rolle spielen wird.

Das Internet ist ein Instrument, das zur Demokratisierung beiträgt. Anders als früher kann heute praktisch jeder, unabhängig von der finanziellen Ausstattung, eine Bewegung auslösen, Ideen präsentieren, Menschen mobilisieren. Das war früher viel aufwändiger, vor allem, wenn das bundesweit oder sogar weltweit passieren sollte. Heute ist das eher eine Frage des Willens.