Jetzt auch noch die Nato: Hacker sind rund um die Uhr aktiv

Es vergeht derzeit kaum ein Tag, an dem nicht irgendwelche Server angegriffen und Daten geklaut oder manipuliert werden. Diese Woche waren unter anderem Rewe, die Bundesregierung und die NATO dran. Bei Rewe wurden Kundendaten geklaut und ins Netz gestellt. Die offizielle Webseite der Bundesregierung wurde mit niedlichen Katzenbildern versehen, weil die Verantwortlichen tagelang Warnungen ignoriert hatten, dass es Sicherheitslücken gibt. Außerdem wurden angeblich über ein GByte Daten, teilweise mit sensiblen Dokumenten, von den Servern der NATO geklaut.

Es ist also richtig was los im Netz. Alles, was hacken und cracken kann, scheint derzeit nicht zu schlafen – diesen Eindruck kann man jedenfalls gewinnen. Nichts und niemand ist mehr sicher, so in etwas lautet die Botschaft. Doch Regierungen und Behörden wehren sich. Der Fahndungsdruck nimmt zu, das FBI ist hoch-aktiv, es werden bereits etliche Personen festgenommen, die im Verdacht stehen, in den Hacktivisten-Grüppchen Anonymous und LulzSec aktiv und in fremde Systeme eingedrungen zu sein.

Vielleicht schreckt das einige ab. Vielleicht. Denn viele der Hacker und Cracker sind sehr jung und teilweise auch etwas übermütig. Aber eins steht fest: In Sachen Sicherheit müssen offensichtlich fast alle dazu lernen. Die meisten Server sind nicht ausreichend geschützt. Bedenklich.

Was LulzSec, Anonymous und Co. wollen – interessiert uns nicht

LulzSec und Anonymous – wer steckt dahinter, was wollen diese ominösen Hacker und was sind ihre Ziele? Manche sprechen schon vom Kriegsschauplatz im Netz, bei dem diese beiden Gruppen ihre Geschütze auffahren.

Hacker sind eine ganz eigene Spezies. Früher werkelten sie im Verborgenen. Sie haben versucht, aus den unterschiedlichsten Gründen in fremde Computersysteme einzudringen. Das machen viele heute immer noch. Einige jedoch veröffentlichen danach regelrechte Statements. Die Hackergruppe Anonymous zum Beispiel stellt Videos mit Botschaften online.

Anonymous und LulzSec: Hacken für eine bessere Welt

Zwei Hackergruppen haben in letzter Zeit besonders viel von sich Reden gemacht: Anonymous und LulzSec. Sie haben die Webseiten von CIA, Sony, dem US-Senat sowie vielen Firmen und Institutionen angegriffen, gehackt. Und das quasi als Botschaft. Als Strafe. Als Zeichen dafür, dass sie gegen jede Form von Zensur sind.

Zum Beispiel gegen die Zensur der Enthüllungsplattform Wikileaks. Die hat ja für eine Menge Wirbel gesorgt, ist nicht unumstritten und wird von Regierungen in aller Welt, vor allem von den USA heftig angegriffen. Die Plattform selbst, aber auch Gründer Julian Assange. In einem Internetvideo wirbt Wikileaks um neue Spenden. Als Wikileaks der Geldhahn zugedreht werden sollte und große Banken mitgemacht haben, ist vielen vor allem jungen Internetusern der Kragen geplatzt.

Das war nicht die Geburtsstunde für Hackergruppen wie Anonymous und LulzSec, hat sie aber enorm motiviert, aktiv zu werden. Sie sind seitdem unentwegt im Internet unterwegs und hacken Server von Regierungen, Banken, Institutionen und Firmen. Weil diese, aus Sicht der Hackergruppe, beteiligt sind, weil sie sozusagen für das System stehen und Zensur betreiben.

White Hat, Black Hat und Hacktivisten

Um das alles besser verstehen zu können, muss man sich mal anschauen, welche Arten von Hackern es überhaupt gibt. Denn in Insiderkreisen wird da fein säuberlich unterschieden. Es gibt nämlich gute und böse Hacker. Die sogenannten White Hat, sie haben bildlich gesprochen einen weißen Hut auf, sind die Guten. Sie hacken sich in Computersysteme ein, nicht um sich persönlich zu bereichern, Infos zu klauen oder zu verkaufen. Sie wollen Sicherheitslücken aufzeigen, sie wollen, dass diese geschlossen werden, dass die Verantwortlichen reagieren.

Die bösen Hacker benutzen zwar dieselben technischen Tricks, haben aber andere Motive: Die Black Hats, also die Hacker mit dem schwarzem Hut, wollen in Systeme einbrechen, um Daten zu manipulieren oder zu kopieren, sie wollen Schaden anrichten oder Geld damit verdienen. Sie werden auch Cracker genannt, denn mit der Hackerethik verträgt sich das gar nicht.

White Hat, Black Hat. Kompliziert genug. Und jetzt kommt eben noch eine dritte Gruppe hinzu, die sogenannten Hacktivisten. Die hacken auch – wollen aber ganz andere Ziele erreichen. Sie wollen nämlich weder auf mögliche Sicherheitslücken hinweisen, so wie die White Hats, noch Geld verdienen oder Schaden anrichten, wie die Black Hats. Hacktivisten haben ganz andere Ziele, aus ihrer Sicht haben sie übergeordnete Motive. Sie wollen sozusagen eine bessere Welt, zumindest im Internet. Es sind Aktivisten mit Hacktalent. Hacktivisten.

Hacktivisten sind eine besondere Spezies

Sie gehen gegen jeden vor, der die Freiheit im Internet beschränken will. Jeder Eingriff wird gleich als Zensur verstanden und oft sehr schnell geahndet. Eben durch Angriffe auf Computersysteme, die Achillesverse vieler Firmen und Institutionen. Wer dahinter steckt? Man weiß es nicht genau. Weil die meisten Aktivitäten illegal sind, tritt niemand aus den beiden Gruppen persönlich in Erscheinung.

Die Bekanntesten sind Anonymous und LulzSec. Beide Gruppen arbeiten weltweit verteilt, sind lose übers Internet organisiert. Es gibt keinen Chef, keine Hierarchie. Mehr oder weniger jeder kann mitmachen. Und es werden immer mehr. Anonymous ist seit 2008 aktiv und kann sich über mangelnden Zulauf an Sympathisanten nicht beklagen. Doch der Fahndungsdruck wächst. Einige Aktivisten wurden festgenommen. Die Hacktivistengruppe LulzSec hat deshalb das offizielle Ende bekanntgegeben.

Keine Bedrohung für Privatleute

Übrigens: Private Computerbenutzer müssen sich keine Sorgen machen, denn auf private Computer haben es Hacktivisten wie Anonymous oder LulzSec ohnehin nicht abgesehen. Sie wollen Privatleuten nicht schaden.

Hacker-Truppe LulzSec will aufhören

Seit Wochen hält die Hackertruppe LulzSec Webmaster in aller Welt in Atem. Denn der lose Verbund der Hacktivisten greift immer wieder gezielt Rechner von Firmen, Institutionen, Verbänden an – um auf Missstände hinzuweisen, oder einfach, um zu bestrafen. Eine ganz neue Form den Protestes, eindeutig am Rande der Legalität – oder auch illegal. Aber aus dem Selbstverständnis der Aktivisten eben nicht. Sie argumentieren (vereinfach gesprochen): Die, die wir angreifen, sind die Mächtigen, sie bestimmen die Regeln, aber wir wollen uns diesen Regeln nicht unterwerfen und leben nach unseren eigenen. Zumindest im Web.

Der Name der Gruppe leitet sich vom englischen Szenewort „lulz“ ab. „LOL“ steht bekanntlich für „laugh out loud“, lauthals lachen, und „Security“ (Sicherheit). Einprägsam – und ein bisschen selbstironisch. Wenngleich das eigene Motto lautet: „Wir lachen über Eure Sicherheit.“ So viel Mut und Frechhehit bringt den LulzSec-Aktivisten eine Menge Sympathien ein, vor allem bei jüngeren Menschen. Denn sie greifen wirklich die Infrastruktur der Großen und Mächtigen an, sie attackieren die Server von Sony und CIA, von Polizei und US-Senat. Immer wieder.

Doch jetzt hat die Gruppe überraschend ihr Ende bekannt gegeben. Nach nicht mal 50 Tagen soll Schluss sein. „Bon Voyage“, meinte die Gruppe in einer vermeintlich letzten Wortmeldung am Wochenende. Eine Begründung gab es nicht. Faktisch ist es aber so, das Polizei und Geheimdienste in aller Welt den Hacktivisten auf den Fersen sind. Wer geschnappt wird, dürfte ernsthafte Probleme bekommen.

Fachleute gehen davon aus, dass es trotzdem weiter gehen wird mit den Aktionen. Die Gruppe mag sich anders organisieren oder anders heißen, aber die Lust am Protest wird so schnell nicht verebben.