Der iGod ist tot
Es gibt wohl kaum jemanden auf der Welt, der noch nichts von Steve Jobs gehört hat. Aus gutem Grund, schließlich hat der Mann nicht nur seiner Firma Apple zu einem wirtschaftlichen Höhenflug ohne Vergleich verholfen – Apple gilt mittlerweile offiziell als wertvollstes Unternehmen der Welt –, sondern er hat auch die Medienlandschaft der letzten Jahre geprägt wie kein zweiter. Jobs hat radikal die Art und Weise verändert, wie wir Musik hören, wie wir Filme anschauen und unterwegs online gehen. Er hat den Lifestyle einer ganzen Generation geprägt.
Steve Jobs hat den amerikanischen Traum gelebt. 1955 als Kind eines syrischen Einwanderers geboren, als Adoptivkind groß geworden hat Jobs 1976 die Firma Apple gegründet, in einer der legendären Garagen des Silicon Valleys in Kalifornien. In Palo Alto, wo Jobs jetzt auch verstorben ist.
Steve Jobs war schon immer ein Technik-Fan und hat sich irgendwann zu einem Guru entwickelt. Herausforderungen hat er nie gescheut, von Anfang an nicht. Im Gegenteil: Widerstände waren stets Ansporn. Als Apple 1984 beispielsweise den Apple Macintosh vorstellte, hat sich das damals noch vergleichsweise winzige Unternehmen ohne mit der Wimper zu zucken mit dem Giganten IBM angelegt. „Think different!“, so lautete lange Zeit das Firmenmotto. Denk doch mal um die Ecke. David gegen Goliath – das hat vielen imponiert und lange das Image von Apple geprägt.
Unter Jobs Ägide hat es Apple vom Underground zum Marktführer gebracht, ohne dabei erkennbar an Charme einzubüßen. Auch heute gilt Apple vielen noch als sympathisches Unternehmen, dem man einfach vertraut. Trotz der beeindruckenden Größe, die Apple mittlerweile hat. Trotz des Kontrollwahns, den Apple ungeniert an den Tag legt: Wer ein iPhone, iPod oder iPad kauft, kann kaum selbst bestimmen, was auf dem Gerät läuft oder zu sehen ist. Apple behält die Kontrolle über alles, weiß alles.
Strikte Kontrolle – so hat Jobs auch seine Firma geführt. Alles war auf seine Person zugeschnitten. Jobs galt vielen als strenger, zuweilen sogar hysterischer Chef, der gerne auch schon mal unangenehm werden konnte. Er wollte stets, dass seine Ideen und Vorstellungen umgesetzt werden, kompromisslos, pünktlich, ohne Wenn und Aber – und stets unter strengster Geheimhaltung. Was vielen als unsympathisch erscheint, war in Wahrheit aber ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs: Jobs hat seine Ideen grundsätzlich ohne Abstriche umgesetzt.
Seine Karriere kennt eigentlich nur eine Delle: 1985 musste Jobs das von ihm selbst gegründete Unternehmen infolge eines Machtkampfes mit dem damals angeheuerten Manager John Sculley verlassen. 1996 kehrte er zu Apple zurück und hat die Firma, die damals kurz vor dem Untergang stand, mit klugen Entscheidungen und Produktideen wie dem iMac zur wertvollsten Marke weltweit gemacht.
Mehr als das: Jobs hat aus dem Computerhersteller Apple ein Medienunternehmen gemacht. Er hat den bunten iMac eingeführt, den iPod erfunden, das iPhone erdacht, den iPad aus der Taufe gehoben – und dabei immer darauf geachtet, dass die Geräte nicht nur schick aussehen und einfach zu bedienen sind, sondern ein paar interessante Extras zu bieten haben, die andere Hersteller vermissen lassen. Etwas Emotionales, das die Leute vielleicht nicht unbedingt brauchen, aber ganz sicher wollen.
Onlinedienste etwa, die einen mit Musik, Filmen, eBooks und Apps versorgen. So etwas ist nicht nur praktisch, sondern gleichzeitig eine nie versiegende Einnahmequelle für das Unternehmen. Dank iPod, iPad und iPhone ist Apple zu einem wichtigen Player im Mediengeschäft geworden, weil Apple nicht nur Geräte verkauft, sondern auch gleich die Inhalte. Apple versorgt Millionen Menschen online mit Inhalten. Nicht zur reinen Freude der traditionellen Medien, die ihren Einfluss schwinden sehen. Denn Apple verdient kräftig mit, egal ob Musik, Filme, Apps oder eBooks verkauft werden.
Das eigentlich Unmachbare vornehmen – das war das Motto von Jobs. Und er hat es häufig tatsächlich geschafft, seine Ideen umzusetzen. Häufig, nicht immer. Von Misserfolgen wie dem Apple Newton spricht heute kaum noch jemand. Dabei war der Newston so eine Art Vorgänger des iPad. Die Zeit war einfach noch nicht reif.
Häufiger aber hat es geklappt. Wer hätte beispielsweise 1984 gedacht, dass man tatsächlich gegen IBM ankommen kann? Wer hätte gedacht, dass ein Computerhersteller Musik verkaufen kann? Apple hat es geschafft und ist mittlerweile zum wichtigsten Onlineanbieter von Musik weltweit geworden. Musiklabels aus aller Welt sind darauf angewiesen, bei iTunes vertreten zu sein.
Wer hätte gedacht, dass ein Computerhersteller ein Handy bauen kann? Die Großen der Branche haben sich anfangs ins Fäustchen gelacht. Doch Jobs hat die Art und Weise, wie Handys genutzt werden, revolutioniert. Mit Touchscreen ausgestattet, schick gestaltet und einfach zu bedienen – das war dann eben doch neu.
Seit 2004 litt Steve Jobs an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Öffentlich darüber gesprochen hat er ungern und selten. Nicht zuletzt, weil Spekulationen über seinen Gesundheitszustand immer auch Apple geschadet haben, zu sehr war das Unternehmen in den letzten Jahren auf die Person Jobs zugeschnitten. 2004 wurde Jobs operiert, 2009 musste er sich einer Lebertransplantation unterziehen. Im Augst 2011 hat sich Jobs dann offiziell aus dem Unternehmen verabschiedet.
Erst seit wenigen Wochen ist Tom Cook Chef des Medienunternehmens Apple. Die Fußstapfen, die Steve Jobs hinterlassen hat, sind gigantisch. Niemand wird sie ernsthaft füllen können. Apple wird ein anderes Unternehmen sein ohne Steve Jobs, ein mehr oder weniger normales Unternehmen, weniger innovativ, weniger charismatisch, weniger mutig.