Der plötzliche Aufstieg der Nerds
Da musste erst eine Piratenpartei entstehen, bevor die lieben Nerds ein bisschen Respekt abkommen. Laut Wikipedia sind Nerds „Sonderlinge, Langweiler, Streber und Außenseiter“. Alles nicht gerade verlockende Attribute. Doch die Zeiten, in denen alle auf Nerds herabgeblickt haben, dürften vorbei sein. Denn heute hat FAZ-Mitherausgeber Frank Schirmacher einen schönen Artikel über den Aufstieg der Nerds veröffentlicht – und all den lieben Programmierern und Technikverliebten da draußen rosige Zeiten vorhergesagt.
Zwar spielt auch Schirmacher immer noch mit Klischees, demnach sind Nerds eben etwas absonderlich, futtern Pizza, haben soziale Defizite und interessieren sich schon fast pathologisch für Technik. Doch immerhin hat Schirmacher erkannt – und schreibt es nun auf! -, dass es mittlerweile ziemlich viele von ihnen gibt. So viele, dass sie nicht nur die Spielregeln einer neuen Kommunikationsgesellschaft definieren, sondern nun auch zur politischen Größe werden.
Klar, noch ist die Piratenpartei ein kleiner, vielleicht unbedeutender Haufen mit einem dünnen Parteiprogramm. Aber das waren die Grünen auch einmal. Doch weil es mittlerweile so viele Menschen gibt, für die das Internet nicht nur eine Plattform zum E-Mail-Austausch und zum Aufstellen von virtuellen Stoppschildern ist, darf es mit Fug und Recht als Nachlässigkeit betrachtet werden, dass alle politischen Parteien diese „Klientel“ ignorieren und sich überhaupt nicht um sie kümmern. Bislang wird das Internet von der Politik eher als Problemball denn als Möglicnkeit gesehen. Hier werden Rechtsverstöße begangen, hier muss gefiltert, kontrolliert und reglementiert werden – von den Möglichkeiten und Chancen wird kaum geredet, jedenfalls nicht in den Abendnachrichten und Talkshows.
Das bringt eben immer mehr Menschen in Rage – und die wenden sich vor allem die Piratenpartei zu. Das hat Schirmacher schön erkannt und süffisant aufgeschrieben. Lesenswert!
Gut möglich, dass das Ansehen der lieben Nerds nun tatsächlich steigt. Sie verdienen heute nicht nur gutes Geld, sondern gestalten unsere Gegenwart, unsere Zukunft – schließlich leben wir längst in einer Informationsgesellschaft. So zu tun, als wäre aber der „Think Tank“ dieser Informationsgesellschaft ein Paralleluniversum, um das man sich nicht zu kümmern braucht, ist ein großer Fehler.
Ein Fehler, den Frank Schirmacher jedenfalls nicht mehr macht. Gut so!