Rekordstrafe: Warum Google umdenken muss

Google muss in Europa eine Rekordstrafe zahlen, weil Google Shopping zu prominent in den Suchergebnissen auftaucht – und die Wettbewerber benachteiligt. Jetzt wird sich Google entscheiden müssen: Die Strafe aus der Portolasse bezahlen und weitermachen wie bisher – oder die Strategie ändern. Ich empfehle, die Strategie zu ändern.

Nach etlichen Jahren eingehender Prüfung hat die EU-Kommission nun eine Rekordstrafe von 2,42 Milliarden Dollar für Google beschlossen. Begründung: Google habe seine eigenen Shopping-Anzeigen in den Suchergebnissen bevorzugt – zum Nachteil der Konkurrenz.

Was man dazu wissen muss: Wer etwas zu verkaufen hat, kann seine Produkte in einem Dienst namens Google Shopping (früher Froogle) bewerben. Diese Produkte werden dann besonders prominent in den Suchergebnissen angezeigt. Allzu prominent, meint die EU-Kommission – weil die (nicht zahlende) Konkurrenz dadurch in 13 EU-Ländern benachteiligt wurde.

Die Sache mit der Verantwortung

Laut EU-Kommission habe der US-Konzern „seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht“. So zumindest formuliert es die zuständige Kommissarin Margrethe Vestager, die seit Jahren mit Google wegen der Sache verhandelt. Nach Ansicht der Kommission hat Google den eigenen Preisvergleichsservice bevorzugt. Google sieht das – wenig überraschend – komplett anders.

Nun wird eine saftige Strafe fällig, die sich aus den Umsätzen berechnet, die Google mit Google Shopping in den 13 Ländern erzielt hat, die von dem Missbrauch betroffen soind. Außerdem muss Google innerhalb von 90 Tagen seine Praktik ändern. Es reicht nicht mehr aus, einfach das Wörtchen „Anzeige“ über die bezahlten Werbeplatzierungen zu setzen. Künftig werden die bezahlten Anzeigen weniger prominent erscheinen, denn die Konkurrenz muss ebenfalls sichtbar werden.

marktanteil verpflichtet

Das wird Google natürlich Werbeeinahmen kosten. Ein Konzern wie Google kann das aushalten: Google und Facebook kontrollieren gemeinsam mehr als 20% des gesamten weltweiten Werbemarktes, wohlgemerkt des gesamten, nicht nur des Online-Werbemarktes.

Schon allein deswegen muss man genau hinschauen, was Google macht. Erst Recht, wenn man bedenkt, dass die Suchmaschine Google rund 90% Marktanteil in Deutschland und Europa hat. Neun von zehn Suchanfragen laufen über Google. Das freilich kann man Google nicht vorwerfen – wir haben ja die Wahl. Aber was Google mit dieser Macht anstellt, das verlangt nach Kontrolle.

Es muss sich einiges ändern

Man mag das Urteil ungerecht finden oder auch nicht – es ist aber bedauerlicherweise wohl nötig. Noch kein US-Konzern hat sich durch Bitten oder Argumente von einem Irrweg abbringen lassen. Nur drakonische Strafen schaffen das. So war das auch bei Microsoft, das früher jedem Windows-Rechner ausschließlich den Internet Explorer beilegen wollte. Erst nach EU-Strafen wurde das anders. Heute ist Google so ein Konzern, der an die Leine genommen werden muss. Google macht tolle Arbeit, hat großartige Produkte – macht aber letztlich, was es will.

Wenn man bedenkt, was noch alles auf uns zukommt, wo Google alle eine große und noch größere Rolle spielen wird. dann wird klar: Es müssen klare Spielregeln her, nach denen US-Konzerne in Europa spielen müssen. Google wird immer mehr unser Kaufverhalten beeinflussen.

Wir vertrauen Restaurantempfehlungen in Google Maps, wir kaufen, was uns der Google Assistant empfiehlt und hören die Musik, die Google uns anbietet. Ganz zu schweigen von den Videos, die wir auf YouTube anschauen. Was davon sichtbar ist und was nicht entscheidet wer? Richtig: Google. Und wir wissen nie, nach welchen Kriterien, denn natürlich werden die Algorithmen nicht offen gelegt.

Das muss sich dringend ändern. Die Rekordstrafe sollte nicht das Ende eines langen Kartellverfahrens sein, sondern der Anfang einer neuen Zusammenarbeit. US-Konzerne müssen in den Dialog eintreten. Sie müssen offen sein für Spielregeln, Anforderungen und gesetzte Grenzen. Anders geht es nicht.

 

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