Offener Brief: KI macht Musik – und das mögen Musiker gar nicht

von | 04.04.2024 | KI

Von Stevie Wonder über Billie Eilish bis R.E.M: In den USA haben mehr als 200 Musiker in einem offenen Brief einen verantwortungsvollen Umgang mit KI in Hinblick auf Musik gefordert. Es geht um das Training von KI-Modellen und welche Musik KI erzeugen kann. Und um Geld.

KI kann irgendwie alles – und macht auch alles. Nicht nur Texte, Töne, Bilder und Videos, sondern auch Musik. Da hat man zwar noch nicht so viele Beispiele gehört oder gesehen, doch es ist absehbar, dass KI auch Musik erzeugt – oder vielleicht sogar Gesang.

Erste Gehversuche gibt es jedenfalls… Dagegen haben sich nun einige prominente US-Künstler mit einem offenen Brief zur Wehr gesetzt. Camila Cabello, R.E.M., Jon Bon Jovi und R.E.M sowie 200 weitere Künstler beklagen, die KI würde sie bestehlen und wären eine Attacke auf die menschliche Kreativität.

Offener Brief von 200 Künstlern

Reden wir mal konkret darüber, was die Künstler stört – und was sie fordern. Über 200 Künstler haben einen offenen Brief verfasst und unterschrieben.

Es geht darum, dass KI bestehende Musikwerke verarbeitet, daraus lernt und die Musik von Künstlern nachahmen kann. Deshalb hat die „Artists Rights Alliance“, die sich für die Rechte von Musikern im digitalen Raum einsetzt, einen offenen Brief formuliert und an bei diversen Unternehmen eingereicht.

Die Forderung: Techfirmen, Entwickler, Onlineplattformen und digitale Musikdienste müssten aufhören, KI zu nutzen und damit „die Rechte von menschlichen Künstlern zu verletzen und diese zu entwerten“, wie es in dem offenen Brief ausdrücklich heißt.

Zwar werden in dem Schreiben auch die kreativen Möglichkeiten gesehen und anerkannt, die neue KI-Technologien den Künstlern bieten. Doch es gebe eben auch einige Bedrohungen für die Kunst: etwa KI-Modelle, die – ohne Erlaubnis – an bestehenden Werken geschult werden, um Künstler zu ersetzen.

Eine App, die so singt wie Stevie Wonder – technisch heute kein Problem mehr. Verdienen würden aber andere, so dar Argument. Außerdem, und das stimmt zweifellos auch, würde man jede Kontrolle darüber verlieren, wer zB. eine Stimme benutzt – und wofür.

Es geht ums Urheberrecht

Das Urheberrecht ist noch längst nicht im digitalen Zeitalter angekommen – und erst recht nicht in der Zeit von generativer KI. Das gibt es einiges zu besprechen und zu berücksichtigen, denn es geht natürlich vor allem – um Geld.

Das sagen die Künstler in dem Brief nicht, sie tun so, als ginge es nur um den guten Zweck. Aber es geht ums Geldverdienen. Die Musikbranche hat schon einige bahnbrechende Veränderungen erlebt, etwa die Verbreitung von Musik durch MP3, Raubkopien, Streamingdienste – und jetzt kommt mit KI eine weitere erhebliche Ruptur.

KI kann Musik erzeugen

Aber wie muss man sich das vorstellen: Ich sage einer dafür vorgesehenen KI, sie soll etwas Kuschelrock oder ein klassisches Stück herstellen?

So in etwa ist es tatsächlich.

Vor einigen Jahren hat KI „die Unvollendete“, die 10. Symphonie von Beethoven, dann doch vollendet – anlässlich des 250. Geburtstag von Beethoven. Allerdings wurde das Projekt von einer Heerschar von Experten betreut und begleitet und die KI hat die Skizzen und Notizen interpretiert. Heute kann KI auf Knopfdruck Musik herstellen – und jeder kann das.

KI könnte mit bekannten Stimmen singen

Viele können sich gar nicht vorstellen, dass KI Musik erzeugt, die nicht völlig schrägt und künstlich klingt.

Wir stehen da erst am Anfang. Aber es gibt schon einige KIs, mit denen man herumexperimentieren kann. Schönes Beispiel ist die Suno App. Die kann jeder kostenlos im Web benutzen, zumindest in einem gewissen Rahmen. Diese KI macht Musik – und singt sogar, wenn man das möchte. Man kann der KI sagen, in welche Richtung das gehen soll. HipHop. Rap. Blues. Chor. Pop. Alles möglich.

Und wer mag, kann auch ein Thema vorgeben. Oder ein paar Stichworte, und die KI erzeugt dann nicht nur die Musik, sondern sogar die passenden Lyrics, also Texte. Ein Song vom oder über den Netzkenner? Gar kein Problem – fangen wir mit einem Pop an:

Die Suno App erzeugt tatsächlich die Texte. Ich hätte da noch ein Beispiel, das geht ein bisschen in Richtung HipHop:

Man könnte aber auch eigene Texte einstellen, die würden dann auch gesungen. Ich würde nicht sagen, das sei hit-verdächtig. Aber so ganz schlecht ist es nun auch nicht, wenn man bedenkt, dass es nur zwei Minuten dauert, so etwas herzustellen.

Es braucht Regelungen für KI

Ja: Wir müssen dringend das Urheberrecht anpassen, nicht nur für Musiker. Denn KI ist in der Lage, Texte, Fotos, bald auch Filme und eben Musik zu machen, die so aussieht oder sich so anhört wie von einem bekannten Künstler. Schon bald, ohne dass man einen Zweifel über die Herkunft hegt. Hier braucht es zweifellos klare Regeln. Und vermutlich auch eine Form von Entschädigung, wie es die bei uns mit GEMA oder VG Wort auch gibt, damit Menschne, die Texte schreiben oder Musik machen davon profitieren, wenn ihre Werke genutzt werden.

1:1-Kopien gehen natürlich nicht. Aber was ist, wenn man eine Stimme mit KI imitiert und neue Songs schreibt? Erlaubt? Verboten? Grauzone?

Das muss geklärt werden, zweifelsohne. Aber es gibt auch Grenzen. Denn natürlich haben sich Künstler schon immer gegenseitig inspiriert, voneinander gelernt, sich aufeinander bezogen und Stilrichtungen weiterentwickelt.

Will sagen: Das, was da ist, der KI vorzuenthalten, wäre meiner Ansicht nach nicht richtig. Sie muss wissen, was es gibt, sonst kann sie nicht richtig funktionieren. Aber es muss Regeln geben, was am Ende in der Herstellung und Verbreitung erlaubt ist und was nicht – und zu welchen Konditionen. Eine Debatte darüber mit Regeln am Ende, mit denen alle zufrieden sind, ist dringend nötig. Denn KI entwickelt sich rasant.

 

Schieb App