TikTok unternimmt zu wenig gegen politische Desinformation

von | 22.09.2021 | Social Networks

Eine aktuelle Studie hat untersicht, wie TikTok mit Desinformation zur Bundestagswahl umgeht – und hat der Plattform Nachlässigkeit attestiert. Ein Totalversagen.

Wer schon mal bei TikTok war, weiß nur zu gut: Das Video-Portal ist nicht unbedingt die erste Adresse für seriöse Nachrichten und Informationen. Auf TikTok ist vieles unterhaltsam und verblüffend. TikTok soll unterhalten. Trotzdem mogeln sich mitunter auch Erklärungen, Erläuterungen und Kommentare in den Video-Stream – und die können durchaus auch politisch sein.

Fake-Account auf TikTok: Es wird zu wenig kontrolliert

Fake-Account auf TikTok: Es wird zu wenig kontrolliert

„Leere Versprechungen“: TikTok und die Bundestagswahl

Ein Bericht der Mozilla Foundation wirft dem Kurzvideo-Dienst TikTok vor (in Deutschland mit elf Millionen Nutzern), zu wenig gegen politische Desinformation in seinem Netzwerk zu unternehmen. So wurden zum Beispiel über einen Fake-Account des Bundestages (@derBundestag) vor allem Politiker der AfD gepusht.

Und hinter Inhalten mit dem Hashtag #SPD verbergen sich nicht etwa Infos zur entsprechenden Partei, sondern das Thema „Sexual Pleasure Device“. Im offiziellen AfD-TikTok-Account hingegen werden durchaus Wahlbotschaften transportiert, aber nicht als solche gekennzeichnet.

Das alles sind keine Kleinigkeiten. Zwar können viele TikTok-Nutzer noch nicht wählen, die meisten aber schon. Vor der Bundestagswahl hatte TikTok angekündigt, mit einem Bündel an Maßnahmen gegen Desinformation vorgehen zu wollen. „Leere Versprechen“, fassen die Autoren der Studie zusammen.

Auch diesen Fake-Account hat TikTok nicht verhindert

Auch diesen Fake-Account hat TikTok nicht verhindert

Komplettversagen bei TikTok

Recht haben sie. Denn entweder, die Zusage war nicht ernst gemeint – oder das Netzwerk strengt sich nicht genug an. Beides ist nicht egal. TikTok habe „drei konkrete Versprechen gebrochen“, lautet der Vorwurf der Mozilla Foundation.

„Die Maßnahmen, die TikTok zur Wahl angekündigt hat, mögen zwar auf dem Papier gut klingen. Ihre tatsächliche Durchsetzung ist aber fragwürdig und teilweise nicht einmal sinnvoll.“

Mozilla Foundation

Man muss eigentlich von einem Komplettversagen sprechen.

1. Auf TikTok gibt es politische Fake-Accounts und Fehlinformationen zur Wahl

TikTok prüft nicht streng genug: Das, was im Mutterland China zu viel getan wird, passiert bei uns zu wenig. TikToker konnten Fake-Accounts wie @derBundestag oder auch @frank.walter.steinmeier einrichten und darüber Werbung für Militäreinsätze machen.

2. TikTok versagt bei Kennzeichnung zur Wahl

TikTok-User können vollkommen unsinnige Begriffe verwenden. Wer nach SPD sucht, bekommt Sexspielzeug-Videos angezeigt. Das hätte sich der politische Gegner nicht besser ausdenken können. Echte Wahlbotschaften werden nicht als solche gekennzeichnet.

3. Zu spät mit Fakten-Checks zur Wahl begonnen

Auch hier: Was in China zu viel passiert, das gibt es hier zu wenig. Es wurden Fakten-Checks angekündigt, aber nicht ausreichend gemacht. TikTok hat seine Partnerschaft mit der Deutsche Presseagentur (dpa) zum Fakten-Check erst wenige Wochen vor der Wahl unter Dach und Fach gebracht.

Offensichtlich gibt es niemandem, der die Netzwerke kontrolliert. Warum muss es erst einer Mozilla Foundation auffallen, was auf TikTok schiefläuft? Was besonders schlimm ist: Andere Netzwerke wie Facebook oder Youtube könnten bei Kritik nun mit Recht darauf verweisen, dass Mitbewerber TikTok mit Samthandschuhen angefasst wird und Verstöße keine ernsthaften Konsequenzen haben.

 

Alle Netzwerke müssen gegen Desinformation kämpfen