US-Präsident Biden droht Cyberangreifern

US-Präsident Biden droht Cyberangreifern

US-Präsidenten haben ein Faible für große Gesten. In diesem Punkt unterscheidet sich Joe Biden kein bisschen von seinen Vorgängern. Bei einem Besuch der Geheimdienstkoordination (ODNI) hat Biden nun Worte gesprochen, die wie eine Drohung wirken – und vermutlich auch so gemeint waren.

„Wenn wir in einem Krieg, einem echten Krieg mit einer Großmacht enden, dann als Folge eines Cyberangriffs von großer Tragweite“, warnte er. Und meinte damit vor allem China und Russland, von deren Grund und Boden zuletzt auffällig viele Cyberangriffe ausgingen – und immer noch ausgehen.

Ransomware

Cyberangriffe: Eskalation vermeiden

Joe Biden hat zweifellos Recht: Nach der Logik der Eskalation ist ein „echter Krieg“ – wie Biden es nennt – als Konsequenz auf besonders zahlreiche und/oder aggressive Hackattacken alles andere als ausgeschlossen. Das wissen wir – dank Hollywood – spätestens seit „War Games„.

In der Tat nehmen die Cyberangriffe auf Unternehmen, Institutionen, Behörden, Einrichtungen und Regierungen in den letzten Monaten dramatisch und besorgniserregend zu – insbesondere Ransomware-Angriffe. Viele dieser Angriffe scheinen von Russland oder ehemals russischen Gebieten auszugehen – und die russische Regierung unternimmt nichts dagegen (weil sie selbst vor solchen Angriffen verschont bleibt).

USA ist keineswegs nur Opfer

Allerdings stellt Joe Biden die USA (und die westliche Welt) hier ausschließlich als Opfer dar. Als argloses Ziel von Cyberangriffen. Dabei sind die USA in dieser Hinsicht  alles andere als kleinlich. Nur, weil wir nicht mehr über die Snowden-Affäre sprechen, heißt es nicht, dass US-Behörden plötzlich damit aufgehört haben, die ganze Welt zu belauschen und zu bespitzeln. Mit-Wattebäuschchen-werfen ist das auch nicht – es ist auch eine Form von Cyberangriff.

Mich stört die aggressive Rhetorik des Präsidenten. Denn sie führt nur dazu, dass sich Fronten verhärten und Häufigkeit sowie Qualität der Angriffe zunehmen.

Ransomware

Ziel sollte sein: Ächtung von Cyberangriffen

Viel wichtiger und zielführender wäre es, sich einen Weg zu überlegen, wie sich solche Angriffe künftig verhindern lassen. Zum Beispiel durch eine weltweite Ächtung solcher Angriffe – verbunden mit der Verpflichtung, solche Cyberangriffe konsequent juristisch zu verfolgen.

Denn Cyberangriffe können Menschenleben kosten, etwa wenn Kliniken durch Ransomware lahmgelegt werden. Das ist längst eine Form von Krieg.

Aber dann müssten natürlich auch die USA Kompromisse machen und Aktivitäten einstellen, etwa Lauschaktionen und Cyberspionage.

Es wird Zeit, dass sich auch die EU in dieser Sache positioniert. Denn auch wir in der EU sind unentwegt Ziel von Cyberangriffen – und sollten nicht zur eine Haltung dazu entwickeln, sondern uns auch besser schützen.

Auch in Deutschland nehmen die Angriffe dramatisch zu – aber Behörden sind orientierungslos

Eigene Truppe zur Cyber-Abwehr in der Bundes-Wehr

Eigene Truppe zur Cyber-Abwehr in der Bundes-Wehr

Das Internet bietet nicht nur unendlich viele Möglichkeiten und Chancen, sondern durchaus auch Gefahren – das wissen wir, schließlich werden wir praktisch jeden Tag vor Sicherheits-Lücken und neuen Bedrohungen gewarnt, derzeit zum Beispiel vor Krypto-Trojanern, die unsere Daten wegschliessen und uns erpressen. Aber nicht nur Privat-Leute sind bedroht, sondern auch Unternehmen – und öffentliche Einrichtungen, ob Kraft-Werke, Steuerungs-Anlagen oder Verteidigungs-Systeme. Deshalb rüstet die Bundes-Wehr auf und führt eine Cyber-Truppe ein, um Angriffe aus dem Netz abzuwehren.

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Pentagon erklärt das Internet offiziell zum Schlachtfeld

Vier Schlachtfelder kannte das Militär bisher: Land, Meer, Luft und Weltall. Jetzt ist ganz offiziell ein fünftes Schlachtfeld dazu gekommen, und zwar der so genannte Cyberspace. Das Internet.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Es gibt immer häufiger Angriffe auf systemrelevante Computersysteme von Militär, öffentlichen Einrichtungen und Regierungen. Manche Angriffe sind generalstaatsmäßig geplant und professionell vorbereitet, wie das Beispiel des bedrohlichen Stuxnet-Wurm zeigt, der offenbar programmiert wurde, um gezielt Atomanlagen im Iran zu attackieren.

Die USA verstehen in diesem Punkt ab sofort keinen Spaß mehr und stellen unmissverständlich klar: Sollte ein Hackerangriff wichtige Infrastrukturen des Landes lahm legen, kann die US-Armee einen Vergeltungsschlag starten, wohlgemerkt mit konventionellen Waffen, nicht etwa im Cyberspace. Eine klare Kampfansage.

Cyberwar ist heute mehr als eine vage Fiktion. Cyberwar scheint Realität geworden zu sein. Auch die NATO hat erklärt, das Internet vor Angriffen schützen zu wollen. Militärs und Geheimdienste wollen die Sicherung des Internets übernehmen.

Zumindest die Sicherheitsindustrie dürfte sich freuen, denn jetzt wird ordentlich investiert: in Hardware, in Software, in Experten, die rund um die Uhr alles überwachen und kontrollieren können. Ein tolles Geschäft.