Apple als iCensor

Auch wenn der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe lang und breit über Apple und Steve Jobs schreibt: Ein wichtiger Aspekt ist dabei leider viel zu kurz gekommen: Apple wird immer stärker als Zensor wahrgenommen.

Denn jede Anwendung, jede App, die im AppStore für iPhone oder iPad angeboten werden will, muss zuerst eine strenge Prüfung durchlaufen. Alles, was Apple nicht genehm ist, wird einfach – abgelehnt. Vor allem politische Inhalte und Erotik haben keine Chance. Sogar Karikaturen eines Pulitzerpreistägers haben Apples Sittenwächter jüngst zurückgewiesen. Da musste sich der Firmenchef höchst persönlich einschalten, damit die Karikaturen doch noch im AppStore landen.

Was aber zeigt, wie willkürlich diese Sittenkontrolle ist. Eine Anwendung, mit der das Militär arbeitet, damit Scharfschützen ihr Ziel besser treffen, so etwas hingegen schafft ohne jede Schwierigkeit in den AppStore.

Immer mehr Leute stellen sich daher die Frage, ob Apple hier nicht seine Monopolstellung ausnutzt – und zum Medienwächter mutiert.

Google und die Zensur in China: Gespräche in der Tagesschau

Google und die Zensur in China: Gespräche in der Tagesschau

Google will die Zensur der chinesischen Regierung nicht länger hinnehmen – und zieht sich nun nach Hongkong zurück. Das ist zwar auch China, allerdings gelten hier andere Gesetze – und die Zensur greift hier (bislang) nicht. Deshalb kann Google durchaus legal dort weiter arbeiten, allerdings nicht für das chinesische Festland. Schon hat die chinesische Regierung angekündigt, Google komplett zu sperren. Der Streit ziwschen der chinesischen Regierung und Google ist damit noch nicht zu Ende.

Dazu ein Gespräch in der Tagesschau, am 23. März 2010 um 12.30 Uhr.

Und weil’s so schön war, gleich noch ein Gespräch – diesmal als Liveschalte aus dem neuen WDR-Sendezentrum Köln nach Hamburg in der ARD Tagesschau um 17.00 Uhr:

Google und die Zensur: Wie Google sich aus China zurückzieht

Das war kein schlechter Schachzug, muss man sagen: Nachdem sich Google wochenlang mit der chinesischen Regierung in den Haaren gelegen hat, weil die chinesische Regierung auf die Einhaltung der Sperrungen und in China üblichen Zensurmaßnahmen bestanden hat, zieht Google jetzt einfach nach Hongkong um, wo andere Spielregeln gelten, jedenfalls nicht die strengen vom chinesischen Festland. Hier muss Google seine Inhalte nicht länger filtern und zensieren.

Wirklich geschickt. Der Westen reibt sich hämisch die Hände – allerdings ungerechtfertigterweise.

Keine Frage: Die Zensur in China ist unerfreulich und ganz sicher kein Zeugnis von Presse- und Meinungsfreiheit. Die Zensurmaßnahmen gehören kritisiert und abgeschafft. Ich bin übrigens überzeugt davon, dass es früher oder später dazu kommen wird, denn in einer immer stärker vernetzten Welt ist es auf Dauer ohnehin unmöglich, Inhalte zu kontrollieren. Klar: Drakonische Strafen, in China alles andere als unüblich, können so manches verhindern (oder verzögern), aber nicht alles.

Selbstverständlich wird der Umzug nach Hongkong keine Lösung sein. Die chinesische Regierung wird dann den Zugang zu Google China sperren. Allerdings hat dann die chinesische Regierung wieder den schwarzen Peter, nicht Google.

Aber geht es Google wirklich „nur“ um die Presse- und Meinungsfreiheit im Internet? Wird diese Haltung wirklich konsequent durchgehalten? Man stelle sich vor, die US-Regierung würde auf Einhaltung bestehender Gesetze bestehen. Würde Google dann etwa nach Kanada auswandern, wenn man sich nicht einigen könnte? Oder die Server abschalten? Wohl kaum. Arbeiten nicht alle großen Internetprovider sowieso mit dem US-Geheimdienst zusammen? Und Sicherheitsbehörden? Davon ist wohl auszugehen.

Schwer zu sagen, was die richtige Vorgehensweise in dieser Sache ist. Die Auseinandersetzung mit der chinesischen Regierung in Sachen Internetzensur übt zweifellos Druck auf China aus, weil die internationale Öffentlichkeit das Problem diskutiert – ebenso die chinesische Öffentlichkeit. Eine Zensur, die still und leise stattfindet, würde der Regierung sicher besser gefallen.

Auf der anderen Seite: Man stelle sich vor, alle deutschen Internetprovider oder Onlineanbieter hätten sich schlicht geweigert, die umstrittene Vorratsdatenspeicherung nicht umzusetzen – oder wären einfach in die Schweiz ausgewandert. Was hätte man davon gehalten? In Deutschland hat im Zweifel jeder Regierungspräsident bestimmte Vorstellungen davon, wie das Internet zu kontrollieren ist – und greift ein.

Firefox China-Simulator: So sieht die Internet-Zensur in China aus

Dass in China Internetseiten gesperrt werden, ist Vielen nur aus den Medien bekannt. Wer wissen möchte, wie die Zensur in der Praxis aussieht, kann mit dem Firefox-Add-On „China Channel“ den chinesischen Internetzugang simulieren.

Um zu sehen, auf welchen Websites die Internetzensur zuschlägt, in der Symbolleiste des Add-Ons auf „Go“ klicken, im Listenfeld „Select“ den Eintrag „China Channel“ wählen und lossurfen. Die Verbindung wird jetzt über einen chinesischen Proxy-Server umgeleitet, erkennbar an der Meldung „Welcome to China“. Wer jetzt zum Beispiel bei Google nach „Dalai Lama“ sucht, sieht die Folgen der Internetzensur hautnah.

Leider läuft das Add-On nur bis zur Firefox-Version 3.1. Wann eine aktualisierte Variante für Firefox 3.5 erscheint, steht noch nicht fest.

„China Channel“ simuliert einen chinesischen Internetzugang (bis Firefox 3.1):
https://addons.mozilla.org/de/firefox/addon/9330

Internet-Sperre abgesegnet: BKA und Provider haben Vertrag unterschrieben

Es ist geschafft: Heute unterschreiben BKA und viele führende Internetprovider einen Vertrag, den die Politik gerne als „Sperre für Internetpornografie“ bezeichnet. Zukünftig sollen Webseiten mit Kinderpornografie „nicht mehr erreichbar sein“, heißt es häufig.

Doch das stimmt nicht. Natürlich freut sich jeder normal denkende Mensch, wenn der Konsum von Kinderpornografie erschwert wird und Täter wie Konsumenten strafrechtlich verfolgt werden. Da muss mehr passieren. Aber mit den geplanten Maßnahmen wird der Konsum nur erschwert, er wird nicht unmöglich gemacht, wie fälschlicherweise der Eindruck erweckt wird. Jeder halbwegs gewiefte Internetbenutzer kann nach wie vor auf die dann gesperrten Webseiten zugreifen. Sperren lassen sich locker umgehen, zumindest in einer freien Gesellschaft. Außerdem werden niemals alle Angebote gesperrt sein, es entstehen ja leider ständig neue.

Ohne Frage: Etwas tun ist besser als tatenlos zu bleiben. Allerdings entstehen eine Menge Fragen und Bedenken, die kaum bis gar nicht diskutiert werden. Das BKA erstellt also die Sperrlisten, die dann von den Providern blockiert werden müssen. Es soll ein „Stopp“-Schild auf dem Bildschirm erscheinen, wenn eine Webseite mit Kinderpornografie (Kipo) angesteuert wird. So weit, so gut. Allerdings ist es bislang in Deutschland eher ungewöhnlich, dass eine Behörde (hier das BKA) etwas sperren darf (manche sagen auch „zensieren“), üblicherweise haben dieses Privileg nur Gerichte.

Außerdem stellen viele die Frage, was passiert, wenn Webangebote versehentlich oder fälschlicherweise gesperrt werden? Wer kommt dann für den entstandenen Schaden auf? So etwas kann heute schnell passieren, denn kriminelle Inhalte werden nur noch selten auf regulären Webseiten verteilt, sondern immer öfter in Peer-to-Peer-Netzwerken oder über gehackte Server. Im Grunde müsste in jedem Einzelfall ausführlich geprüft werden, wie die Angebote eigentlich „gehostet“ werden, also ins Netz gelangen. Das erfordert, neben der inhaltlichen Prüfung, damit auch eine technische Beurteilung.

Weitere Bedenken kommen von Bürgerrechtlern: Wenn erstmal das Zensurinstrumentarium für Kipo eingerichtet und sozusagen „bewährt“ ist, dann kommen ganz schnell neue Begehrlichkeiten auf. Warum nicht auch politisch unerwünschte Webangebote sperren? Dann Webseiten, die potenzielle Amokläufer ansteuern? Später Webseiten, auf denen Tabak oder Alkohol zu sehen sind? Es würde schwer, dann eine Grenze zu ziehen, wenn die technischen Voraussetzungen erst einmal geschaffen sind.

Das wird fast zwangsweise eine Eigendynamik entfalten – und das eigentlich so freie Internet ist dann schnell überhaupt nicht mehr frei. Diese Bedenken müssen formuliert werden, die Kritiker haben ein Recht, gehört und ernstgenommen zu werden, denn die Sorgen sind nur zu begründet. Leider.