Das war kein schlechter Schachzug, muss man sagen: Nachdem sich Google wochenlang mit der chinesischen Regierung in den Haaren gelegen hat, weil die chinesische Regierung auf die Einhaltung der Sperrungen und in China üblichen Zensurmaßnahmen bestanden hat, zieht Google jetzt einfach nach Hongkong um, wo andere Spielregeln gelten, jedenfalls nicht die strengen vom chinesischen Festland. Hier muss Google seine Inhalte nicht länger filtern und zensieren.
Wirklich geschickt. Der Westen reibt sich hämisch die Hände – allerdings ungerechtfertigterweise.
Keine Frage: Die Zensur in China ist unerfreulich und ganz sicher kein Zeugnis von Presse- und Meinungsfreiheit. Die Zensurmaßnahmen gehören kritisiert und abgeschafft. Ich bin übrigens überzeugt davon, dass es früher oder später dazu kommen wird, denn in einer immer stärker vernetzten Welt ist es auf Dauer ohnehin unmöglich, Inhalte zu kontrollieren. Klar: Drakonische Strafen, in China alles andere als unüblich, können so manches verhindern (oder verzögern), aber nicht alles.
Selbstverständlich wird der Umzug nach Hongkong keine Lösung sein. Die chinesische Regierung wird dann den Zugang zu Google China sperren. Allerdings hat dann die chinesische Regierung wieder den schwarzen Peter, nicht Google.
Aber geht es Google wirklich „nur“ um die Presse- und Meinungsfreiheit im Internet? Wird diese Haltung wirklich konsequent durchgehalten? Man stelle sich vor, die US-Regierung würde auf Einhaltung bestehender Gesetze bestehen. Würde Google dann etwa nach Kanada auswandern, wenn man sich nicht einigen könnte? Oder die Server abschalten? Wohl kaum. Arbeiten nicht alle großen Internetprovider sowieso mit dem US-Geheimdienst zusammen? Und Sicherheitsbehörden? Davon ist wohl auszugehen.
Schwer zu sagen, was die richtige Vorgehensweise in dieser Sache ist. Die Auseinandersetzung mit der chinesischen Regierung in Sachen Internetzensur übt zweifellos Druck auf China aus, weil die internationale Öffentlichkeit das Problem diskutiert – ebenso die chinesische Öffentlichkeit. Eine Zensur, die still und leise stattfindet, würde der Regierung sicher besser gefallen.
Auf der anderen Seite: Man stelle sich vor, alle deutschen Internetprovider oder Onlineanbieter hätten sich schlicht geweigert, die umstrittene Vorratsdatenspeicherung nicht umzusetzen – oder wären einfach in die Schweiz ausgewandert. Was hätte man davon gehalten? In Deutschland hat im Zweifel jeder Regierungspräsident bestimmte Vorstellungen davon, wie das Internet zu kontrollieren ist – und greift ein.