Spioniert das iPhone seine Benutzer aus?

Jetzt ist die Schonzeit endgültig vorbei: Apple genießt keinen Welpenschutz mehr. Die Firma ist so groß, bedient so viele Kunden, hat so viel Einfluss, dass nicht mehr alles, was in Cupertino entschieden und gemacht wird, gleich ungeteilte Begeisterungsstürme auslöst.

Das kann man von der neuen Datenschutzrichtlinie, die Apple Anfang vergangener Woche veröffentlicht hat, wahrlich nicht sagen. Darin heißt es nämlich: „Um standortbezogene Dienste auf Apple-Produkten anzubieten, können Apple und unsere Partner und Lizenznehmer präzise Standortdaten erheben, nutzen und weitergeben, einschließlich des geografischen Standorts Ihres Apple-Computers oder Geräts in Echtzeit. Diese Standortdaten werden in anonymisierter Weise erhoben, durch die Sie nicht persönlich identifiziert werden.“

Das ist derart schwammig, dass alles denkbar ist – auch, dass Apple seine iPhones anweist, regelmäßig Standortdaten nach Hause zu funken, diese dort auf Apple-Servern gespeichert und für alles Mögliche genutzt werden, etwa um Bewegungsprofile anzufertigen oder um Werbung zu präsentieren, die auf die Gewohnheiten des iPhone-Benutzers zugeschnitten sind. Wie gesagt denkbar: Wir wollen es nicht als Gewissheit unterstellen.

Dass Datenschützer nun aufgescheucht herumlaufen, ist klar – und verständlich. Zu oft haben wir solche Gummiparagrafen gelesen und mussten dann erfahren, dass US-Unternehmen nicht nur mehr speichern, als wir uns vorstellen können, sondern auch Dinge mit den Daten anstellen, die für die Unternehmen zweifellos sinnvoll sind, für die User aber oft nicht mal nützlich, sondern bedenklich.

Deshalb sind die konkreten Nachfragen berechtigt: Welche Daten werden erhoben und gespeichert? Und warum eigentlich, was wird damit angestellt? Welchen Erkenntnisgewinn verspricht sich Apple denn von anonymisierten Daten? Wie kann der iPhone-Benutzer sicherstellen, dass seine Daten nicht übertragen werden? Welche Kontrollmöglichkeiten gibt es? Wie will Apple sicherstellen, dass selbst dann keine Rückschlüsse auf einen Benutzer möglich sind, wenn die Daten tatsächlich anonym gespeichert werden? (Diese Frage zum Beispiel kann man nur dann verlässlich beantworten, wenn man weiß, was, wann, wie, wo, wie lange gespeichert wird.)

Aus dieser Nummer, da bin ich sicher, kommt Apple nicht mit einem charmanten iLächeln wieder raus. Die Vermutung liegt nahe, dass Apple die Bewegungsinfos für seinen neuen Werbedienst iAds braucht.

Wer keine oder kaum Informationen preisgibt, muss damit leben, dass spekuliert wird. Eine offene und kommunikative Firma war Apple ja noch nie (wenn man mal zweifellos geniales Marketing und PR mal außen vor lässt). Bislang ist Apple damit durchgekommen. Jetzt nicht mehr.

Könnte gut sein, dass Apple nun ein ähnliches Schicksal ereilt wie Google. Da haben sich auch zuerst europäische Datenschützer gerührt – und irgendwann dann sogar amerikanische. Wäre denkbar, dass das bei Apple ganz ähnlich abläuft.

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