GuttenPlat: Online nach Plagiaten fahnden

Prominent zu sein ist zuweilen kein Spaß. Wäre Theodor von Guttenberg nicht zufällig Bundespolitiker und Verteidigungsminister, würde sich die Öffentlichkeit wohl kaum für seine Dissertation interessieren. Denn eine Doktorarbeit mit dem Titel „Verfassung und Verfassungsvertrag“ verspricht keine spannende Lektüre.

Aber von Guttenberg ist prominent. Er steht außerdem auf einem hohen Sockel. Monatelang war er der Liebling der Medien. Doch der Wind hat gedreht: Jetzt wird seine Doktorarbeit online zerpflückt. Im eigens eingerichteten Wiki GuttenPlag untersucht die Online-Community jede einzelne Seite seiner 475 Seiten umfassenden Werks und weist auf vermeintliche Plagiate hin. Bislang hat die Community über 250 Seiten ausfindig gemacht, die mögliche Plagiate enthalten.

Das sind stolze 62 Prozent, auf denen von Guttenberg sich angeblich in anderen Quellen bedient hat. So mancher Plagiatsvorwurf dürfte jeder Grundlage entbehren, schließlich kann jeder Einträge im Wiki vornehmen. Immerhin weist das Wiki auch gleich auf der ersten Seite darauf hin: „Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es werden automatisch alle im Wiki aufgeführten und korrekt benannten Plagiatsseiten gelistet.“

Aber die Idee ist interessant: Eine stattliche Zahl von Helfern untersucht in kollaborativer Arbeit von Guttenbergs Dissertation, fahndet nach möglichen Plagiaten. Klar, dass eine Gruppe da schneller ans Ziel gelangt als ein einzelner. ich finde es spannend zu sehen, was da im einzelnen alles entdeckt wurde – und was am Ende tatsächlich das Etikett „Plagiat“ verdient. Ganz ohne fachmännischen Blick und ohne Endkontrolle geht es aber nicht. Deshalb ist es gut, dass die Betreiber des Wikis die im Wiki gemaldeten Fundstellen nochmal überprüfen lassen.

Der Fall Guttenberg hat eine neue Form der Kontrolle im Web etabliert: Per Wiki lassen sich innerhalb kürzester Zeit mit bewährten technischen Mitteln (hier: Wiki) Arbeitsgruppen organisieren und Inhalte kontrollieren. Ein knapp 500 Seiten starkes Werk auf Herz und Nieren zu überprüfen, so etwas hätte früher Monate gedauert. Heute hat man, dank Internet, schon nach Tagen interessante Ergebnisse.

5 Kommentare zu „GuttenPlat: Online nach Plagiaten fahnden“

  1. Ich denke, dass die Plagiat-Affäre nur ein Mittel im politischen Kampf ist, das gegen Guttenberg und allgemein gegen CSU geführt wird. Vieles zeigt darauf hin, dass Guttenberg eigentlich das Gegenteil erreicht und noch mehr an Beliebtheit gewinnt.

  2. Karl Valentin hat gesagt: „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“

    Genau das ist das Problem bei Doktorarbeiten. So viele neue Ideen und Gedankengänge zu einem bestimmten Thema gibt es einfach nicht, weil alle erdenklichen Themen schon zigmal ausgelutscht worden sind. Da wird ein Thema ein klein wenig anders formuliert, ein klein wenig der Schwerpunkt verschoben und schon soll die Doktorarbeit völlig neue Erkenntnisse bringen. Geht leider nicht.

    Weil eben alles schon einmal irgendwo gesagt worden ist, steht der Doktorand unter dem Druck, nicht ähnlich zu formulieren, damit der Anschein des Neuen erweckt wird. Also schreibt er bei allen erdenklichen Stellen ab und baut die Sätze einfach ein wenig um, dann fällt nicht auf, dass zumindest der Gedankengang geklaut ist. Hier hätte sich Dr. zu Guttenberg etwas mehr Mühe geben müssen.

  3. Das macht mir am meisten Sorge, dass da wieder viele ihren Verstand ausschalten (na ja, vielleicht hatten sie ja nie einen…) und bedingungslos („uneingeschränkt“!) einem Betrüger, Lügner und Hochstapler hinterherlaufen wie damals demjenigen mit dem Schnäuzer!

  4. Danke, lieber Feliks_Dzerzhinsky, für den wunderbaren Link.
    Ich wollte eigentlich etwas anderes schreiben (mal sehen, ob ich die Kurve noch bekomme), aber ich komme aus dem Lachen nicht raus. Warte ich mal kurz … so, jetzt:

    Vielleicht sollten die (reichen) Politiker sich einfach ein eigenes Wiki (gegen Bezahlung oder für begeisterte Wahlhelfer) zulegen und dort alle ihre Arbeiten einmal durchleuchten lassen, ob einer da etwas merkt.

    Ich bin gespannt, ob Herr Stoiber, Frau Merkel und andere akademische Politiker in Ihrer Arbeit auch aufgrund von Überlastung hier und da eine Kleinigkeit übersehen haben: Die Quellenangabe.

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