Kleinunternehmerregelung: Für wen lohnt Sie sich wirklich?

von | 11.05.2021 | Office

SERVICE. Die meisten Startups fangen klein an – erst recht Solo-Selbständige. Da kommen schnell Fragen auf. Neben der Wahl der passenden Ausstattung, Software und Cloud-Dienste gibt es auch formale Fragen zu klären. Etwa, ob es sich lohnt, sich auf die Kleinunternehmerregelung zu berufen.

Penibel Buch führen, Finanzierungen sichern, Wachstum vorantreiben und zudem jeden Monat die Umsatzsteuervoranmeldung einreichen: Sowohl erfahrene Unternehmer als auch Gründer müssen Ihr Unternehmen zukunftsfähig gestalten und souverän führen. Gerade die bürokratischen Hürden kosten dabei viel Mühen, Zeit und Nerven. Kommt bei Ihnen allerdings die Kleinunternehmerregelung zum Tragen, profitieren Sie von bürokratischen Entlastungen im Hinblick auf Buchführung und Umsatzsteuer.

Wann können Sie die Kleinunternehmerregelung anwenden?

Aus steuerlicher Perspektive zählen Einzelunternehmer, Freiberufler oder zum Beispiel auch als GBR organisierte Teams zu den Kleinunternehmen. Die gewählte Rechtsform spielt dabei keine entscheidende Rolle. Ihr Vorteil: Als Kleinunternehmer sind Sie von der Umsatzsteuer befreit. Dadurch entfällt dann auch die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung. Hinzu kommen noch Erleichterungen bei der Steuererklärung.

Um die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG anwenden zu können, müssen Sie allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen:

  • Der voraussichtliche Gesamtumsatz im Jahr der Gründung darf nicht die Summe von 22.000 Euro überschreiten (gilt nur für Start-ups bzw. Gründer).

  • Der im vergangenen Kalenderjahr erwirtschaftete Umsatz muss gemäß dem Bürokratieentlastungsgesetz III seit dem 1. Januar 2020 unter der Summe von 22.000 Euro liegen (wichtig für ein bereits bestehendes Unternehmen oder Gewerbe). Vor diesem Stichtag lag die Gesamtumsatz-Grenze bei 17.500 Euro.

  • In den Folgejahren darf der Umsatz im jeweils laufenden Kalenderjahr maximal 50.000 Euro nicht übersteigen (gilt für alle Kleinunternehmer).

Bei den vom Gesetzgeber festgelegten Gesamtumsatz-Grenzen handelt es sich dabei grundsätzlich um Bruttobeträge, in denen die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Auf diese Besonderheiten müssen Sie achten

Die Gesamtumsatz-Grenze von 22.000 Euro für das vergangene Kalenderjahr bezieht sich dabei immer auf das komplette Jahr. Für Gründer bedeutet das: Wenn Sie während des Jahres mit der Selbständigkeit starten, müssen Sie Ihren erwarteten Umsatz grundsätzlich auf zwölf Monate hochrechnen.

Eröffnen Sie also beispielsweise im Juni 2021 ein Business und prognostizieren einen Umsatz von 20.000 Euro, können Sie von der Kleinunternehmerregelung keinen Gebrauch machen. Denn hochgerechnet auf das gesamte Kalenderjahr kommen Sie dann auf einen Umsatz von 40.000 Euro.

Die neue Umsatzgrenze gilt übrigens auch rückwirkend für das Jahr 2019. Haben Sie also im Jahr 2019 einen Umsatz zwischen 17.500 und 22.000 Euro erzielt, dürfen Sie in diesem Fall die Kleinunternehmerregelung trotzdem anwenden. Allerdings nur dann, wenn 2020 Ihr Umsatz unter 50.000 Euro lag.

Sie müssen Ihren Umsatz lediglich schätzen

Als Berechnungsgrundlage hinsichtlich der Umsatzgrenze von 50.000 Euro fungiert immer Ihre eigene Prognose. Erstellen müssen Sie die Umsatzprognose stets zu Beginn eines Jahres. Bleiben Sie dabei unterhalb der 50.000 Euro, gilt im laufenden Jahr weiterhin die Kleinunternehmerregelung. Sollte die Schätzung später vom tatsächlich erzielten Umsatz abweichen, hat dies rückwirkend keine Auswirkungen auf.

Stellen Sie demgegenüber im Hinblick auf die Umsatzgrenze von 22.000 Euro im Laufe des Jahres fest, dass Ihr Umsatz über diesem Betrag liegt, müssen Sie die Umsatzsteuer in Ihren Rechnungen ausweisen und diese an das Finanzamt im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung abführen. Dabei können Sie die Umsatzsteuer mit der Vorsteuer verrechnen. Das ist ansonsten nicht möglich. Denn wenn Sie keine Umsatzsteuer abführen, lässt sich die Vorsteuer auch nicht verrechnen.

Zusätzlicher Bonus: Einfache Buchführung für Kleinunternehmer

Geschäftsvorgänge müssen von jedem Unternehmen unabhängig der Größe schriftlich festgehalten werden. Als Kleinunternehmer können Sie unter bestimmten Voraussetzungen dabei die so bezeichnete einfache Buchführung nutzen. Dies ist dann erlaubt, wenn Sie keinen Eintrag ins Handelsregister vorgenommen haben, nicht als Kaufmann gelten und die jeweiligen Grenzen für die sogenannten Wirtschaftswerte sowie für Umsätze und Gewinne nicht überschreiten. Die Umsatzgrenze liegt bei 600.000 Euro und die Grenze für Gewinne bei 60.000 Euro. Das gilt ebenso für die Gewinnermittlung. Auch hier reicht es, eine einfache Einnahmen-Überschussrechnung als Jahreserfolgsrechnung zu erstellen.

Lohnt sich die Kleinunternehmerregelung in jedem Fall?

Für viele ist die Kleinunternehmerregelung vorteilhaft. Und das nicht nur aufgrund der deutlich reduzierten Bürokratie und den damit einhergehenden administrativen Aufgaben. Denn wenn Sie keine Mehrwertsteuer ausweisen bzw. berechnen, können Produkte und Leistungen günstiger angeboten werden. Oder aber Sie erzielen einen höheren Gewinn bei gleichen Preisen, da es keine Umsatzsteuer gibt, die Sie abführen müssen.

Angesichts der Umsatzgrenzen profitieren gerade lokal und regional aktive Kleinunternehmen, die im B2C-Geschäft tätig sind, von der Regelung. Auch wenn Ihre Kunden im B2B-Bereich selbst nicht umsatzsteuerpflichtig sind, bringt Ihnen die Kleinunternehmerregelung ebenfalls Vorteile. Ist Ihr Geschäft aber auf umsatzsteuerpflichtige Kunden ausgerichtet, lohnt sich die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung nicht.

Die Kleinunternehmerregelung kann Ihnen sogar echte Nachteile bescheren

Kunden dieser Art achten immer auf den Nettopreis, da die Umsatzsteuer aufgrund der Berechtigung zum Vorsteuerabzug einen durchlaufenden Posten darstellt. In einem solchen Fall kann Ihnen die besondere Regelung sogar Nachteile bringen. Dies gilt dann, wenn Sie zwar die gleichen Preise wie Ihre direkte Konkurrenz aufrufen, diese aber die Mehrwertsteuer einberechnet haben. Dann sind die Nettopreise Ihrer Konkurrenten günstiger und damit attraktiver.

Auch Gründer sollten genau abwägen, ob sich die Kleinunternehmerregelung tatsächlich für sie lohnt. Müssen Sie diesbezüglich bereits zu Beginn mehrwertsteuerpflichtige Anschaffungen und Investitionen von mehreren tausend Euro tätigen, haben Sie im Rahmen der Regelung kein Recht auf Vorsteuerabzug. Sie müssen also für alle Anschaffungen den vollen Preis zahlen. Zahlen Sie dagegen selbst Mehrwertsteuer, erstatten Ihnen das Finanzamt die für die Produkte abgeführte Mehrwertsteuer. Bei Anschaffungen von 3.000 Euro sind das immerhin 570 Euro, die Sie erstattet bekommen.

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