02.07.2009 | Tipps
In China sollte jeder neu verkaufte Computer am 1. Juli mit einer Filter-Software ausgestattet werden, die sich „Grüner Damm“ nennt. In Schulen und Universitäten sollt der Einsatz der Filter-Software Pflicht sein. Offiziell ist die Filter-Software dazu gedacht, Webangebote mit pornografischen Inhalten zu filtern – zum Schutz der jugendlichen Computerbenutzer.
Doch Experten haben herausgefunden, dass zwei Drittel der gespeicherten Schlüsselwörter der Filter-Software politische Inhalte blockieren. Es wird befürchtet, dass China seinen Kontrollapparat enorm ausbauen will. Erst mal wurde der geplante Start verschoben, angeblich aus technischen Gründen.
Ein Gespräch zum Thema mit mir im DeutschlandRadio Berlin, 1. Juli 2009.
[audio:https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2009/07/01/drk_20090701_0911_6f060de1.mp3]
27.05.2009 | Tipps
Die von Bundesfamilienministern Ursula von der Leyen auf den Weg gebrachte sogenannte „Internet-Sperre“, die dafür sorgen soll, dass Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten künftig Blog: blockiert werden, ist im Web äußerst umstritten.
Man kann hinklicken, wo man will: Überall Proteste, überall regt sich Widerstand. Nicht gegen das Vorhaben an sich, alles Erdenkliche gegen Kinderpornografie zu unternehmen, wohl aber gegen die gewählten Mittel und Methoden.
Selbst eine offizielle Petition wurde beim Bundestag eingereicht, um das Gesetz doch noch zu verhindern. Mit bereits nahezu 100.000 Unterschriften ist die Petition ungewöhnlich erfolgreich – was zeigt, wie viele besorgte Bürger gegen das geplante Gesetz sind.
Doch die Bundesministerin ist fest entschlossen, das Gesetz durchzubringen, das machte Ursula von der Leyen in einem aktuellen Interview auf Spiegel Online deutlich. Einige Argumente der Kritiker, etwa dass es bedenklich ist, wenn eine Bundesbehörde (das BKA) Sperrungen verfügt und obendrein niemand die Sperrliste kontrollieren soll, hat zum Nachdenken angeregt. Offensichtlich denkt man nun über eine Kontrollinstanz nach, ein unabhängiges Gremium, das die Sperrliste prüft. Immerhin.
Aber das dürfte die Kritiker wohl kaum besänftigen.
Heute treffen sich in Berlin die Mitglieder des Wirtschafts- und Technologie-Ausschusses, um noch mal über den Entwurf des Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen zu beraten. Der Ausschuss hört verschiedene Experten an, macht sich sachkundig.
Auch das dürfte die Kritiker kaum besänftigen.
Die Blogosphäre, die Welt der Blogger und Blogleser, ist jedenfalls äußerst gespannt, ob noch etwas in Bewegung kommt. Zu erwarten ist das allerdings nicht.
11.05.2009 | Tipps
Im Web gibt es nichts, was es nicht gibt – auch Kinderpornografie. Leider. Deshalb hat die Bundesregierung auf Antrieb von Bundesministerin Ursula von der Leyen vor kurzem die heftig umstrittene Gesetzesinitiative zur so genannten „Zugangserschwernis“ für Webseiten mit Kinderpornografie verabschiedet. Offizielles Ziel: die „Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen“. Damit soll der Konsum von Kinderpornografie im Web eingedämmt werden.
Das Prinzip der Sperre ist einfach: Steuert ein Datensurfer eine einschlägig bekannte Webseite mit kinderpornografischen Inhalten an, soll ein Stopp-Schild auf dem Bildschirm erscheinen. Gleichzeitig ist geplant, die IP-Adressen derjenigen zu sammeln, die auf der Sperrliste befindliche Webangebote ansteuern. Was mit den Daten konkret angestellt wird, bleibt allerdings unbeantwortet.
BKA legt die Sperrliste fest
Welche Webseiten zu sperren sind, legt das Bundeskriminalamt (BKA) fest. Die Liste mit den zu sperrenden Domains wird dann an alle größeren Internetprovider verteilt. Die wiederum müssen per Gesetz dafür sorgen, dass der Benutzer ein rotes Stopp-Schild sieht und keinen Zugang zur Webseite erhält. (Kleinere Anbieter sowie Betreiber von geschlossenen Netzwerken sind von der Pflicht zur Sperre zunächst entbunden.)
Die Vorgehensweise klingt für Laien nahe liegend, da sie einem sinnvollen Ziel zu dienen scheint. Dennoch regt sich im Netz enormer Widerstand dagegen. Am Tag, an dem die Gesetzesinitiative unterschrieben wurde, haben populäre Blogseiten wie spreeblick.de einen kompletten Tag lang eine Protestnote präsentiert und die üblichen Inhalte aus dem Netz genommen. Viele in der Blogszene sind mit der geplanten Sperrung unglücklich . Nicht etwa, weil dadurch kinderpornografische Inhalte gesperrt werden, sondern weil sich viele fragen, ob die Sperrung von Webseiten, die viele als „Zensur“ empfinden, überhaupt das passende Mittel ist, um Kinderpornografie aus dem Web zu verbannen. Nicht wenige bezweifeln das.
Sperren lassen sich leicht umgehen
Viele Experten kritisieren außerdem, dass sich die Sperren leicht umgehen lassen und deshalb weitgehend nutzlos sein dürften. So reicht es zum Beispiel schon aus, anstelle der Domain (www.domain.de) die jeweilige IP-Adresse des Servers zu benutzen (123.123.123.123), um die Sperre zu umgehen. Auch ist es möglich, einen Umweg über ausländische Server zu gehen, schon ist die geplante Sperre wirkungslos. Im Internet kursieren Videos, die in 27 Sekunden erklären, wie jeder ohne großen Aufwand und Geschick die Sperre aushebelt.
Darüber hinaus ist auch die Methodik selbst umstritten. Ungewöhnlich zum Beispiel, dass nicht etwa ein Gericht festlegt, welche Webseiten von der Sperrung betroffen sein sollen, sondern eine Behörde, in diesem Fall das BKA. Selbst eine nachträgliche Kontrolle oder Genehmigung der Sperren ist nicht vorgesehen. Zudem kann niemand kontrollieren, welche Webseiten auf der Sperrliste stehen, denn die Sperrliste selbst soll geheim bleiben. Selbst die Betroffenen bekommen nicht mitgeteilt, dass sie auf einer Sperrliste stehen.
Kritiker beklagen Intransparenz
„Ein derart undurchsichtiger, unkontrollierbarer Mechanismus ist bedenklich, weil die Sperrmaßnahmen Grundrechte wie Informationsfreiheit und allgemeine Persönlichkeitsrechte berühren“, schreiben die Redakteure der Fachzeitung „c’t“. Die Kritik bezieht sich vor allem auf die Art und Weise, wie die Sperrliste zustande kommt. Ungewöhnlich viel Macht für eine Behörde.
Außerdem stellen viele die Frage, was passiert, wenn Webangebote versehentlich oder fälschlicherweise gesperrt werden? Wer kommt dann für den entstandenen Schaden auf? So etwas kann heute schnell passieren, denn kriminelle Inhalte werden nur noch selten auf regulären Webseiten verteilt, sondern immer öfter in Peer-to-Peer-Netzwerken oder über gehackte Server. Im Grunde müsste in jedem Einzelfall ausführlich geprüft werden, wie die Angebote eigentlich „gehostet“ werden, also ins Netz gelangen. Das erfordert, neben der inhaltlichen Prüfung, damit auch eine technische Beurteilung.
Mögliche Ausweitung der Sperre befürchtet
Viele reden deshalb von „Zensur“. Der Chaos Computer Club und einige Bürgerrechtler befürchten sogar, die Methode der Sperrliste könnte künftig, einmal installiert und bewährt, auch zur Sperrung anderer Webangebote eingesetzt werden. Warum nicht auch politisch unerwünschte Webangebote sperren? Dann Webseiten, die potenzielle Amokläufer ansteuern? Später Webseiten, auf denen Tabak oder Alkohol zu sehen sind? Es würde schwer, dann eine Grenze zu ziehen, wenn die technischen Voraussetzungen erst einmal geschaffen sind. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries teilt diese Sorge kürzlich.
Nichts zu unternehmen gegen Kinderpornografie ist natürlich auch keine Lösung. Allerdings sollten die Verantwortlichen die Kritik ernst nehmen, denn die ist alles andere als unberechtigt. Vorschläge für andere Maßnahmen gegen Kinderpornografie im Web gibt es zahlreiche, viele davon vielversprechend. Auch diese sollten erwogen und geprüft werden.
26.03.2009 | Tipps
Die Regierung ist fest entschlossen, etwas gegen Kinderpornografie zu unternehmen. Das Vorhaben an sich kann nur jeder begrüßen, denn es ist furchtbar, was Kindern angetan wird und was im Internet kursiert (allerdings nicht nur hier). Der Plan, Internetseiten sperren zu lassen, die Kinderpornografie enthalten oder verteilen, scheint auf der Hand zu liegen und äußerst sinnvoll zu sein.
Zumindest aus Laiensicht ist das so – und Politiker sind nunmal technische Laien.
In Wahrheit bringt es aber eher wenig. Das Sperren von Internetadressen kann das Problem bestenfalls etwas eindämmen, aber keineswegs beseitigen. Denn zum einen werden niemals alle Server bekannt sein, die pornografisches Material enthalten. Das wird ein ewiges Katz-und-Maus-Spiel, das hohen Personalaufwand verursacht. Zum anderen lassen sich Sperren jeder Art locker umgehen, zumindest in einer freien Gesellschaft.
Ein Teil der Pornokonsumenten lässt sich so vielleicht von ihrem Vorhaben abbringen, ich fürchte aber, auf Dauer nur sehr wenige. Denn natürlich wird sich schnell rumsprechen, wie man über Umwege dann doch auf die Pornoseiten kommt. Über Proxy-Server im Ausland zum Beispiel. Und dann hinterlassen die Konsumenten nicht mal mehr Spuren im Inland und sind dann sogar schwieriger von den Strafverfolgungsbehörden zu verfolgen als heute.
Darüber hinaus gibt es ein weiteres Problem: Webseiten sperren zu lassen ist in einem Land wie China, das aufgrund von Internet-Zensur weltweit und dauerhaft in der Kritik steht, ziemlich einfach. Denn in China ist das Internet zentral organisiert. Es gibt keine üppige Auswahl an Providern, der Datenverkehr ist strikt kontrolliert. Das ist in einer freien Gesellschaft anders. Das muss sogar anders sein. Das bedeutet aber gleichzeitig: Es ist nahezu unmöglich, alle Provider stets auf demselben Stand zu halten.
Und selbst wenn das gelänge, gibt es ein weiteres Problem, und darauf kommen viele IT-Experten vollkommen zu Recht zu sprechen: Sind einmal die technischen Vorkehrungen für Kontrolle und Reglementierung vorhanden, entstehen schnell weitere Begehrlichkeiten. Dann wird die Musikindustrie verlangen, dass Webseiten im Ausland gesperrt werden. Dann die Filmindustrie. Dann die Regierung. Dann die Parteien. Irgendwann ein Bürgermeister, ein Promi, ein Fußballspieler. Das wird eine Erosion auslösen – und das eigentlich so freie Internet ist dann überhaupt nicht mehr frei.
Die Erfahrung lehrt, dass es so kommen wird. Man erinnere sich nur daran, dass zum Beispiel die Stationen zur Überwachung der Autobahnmaut auch schon zweckentfremdet wurden.
Ich frage mich, aber ich bin kein Jurist, wieso man nicht einfach die Konsumenten viel stärker verfolgt und ihre Straftaten streng ahndet? Wenn jeder, der solche „Angebote“ nutzt, mit eher hoher Wahrscheinlichkeit auffliegt (und nicht, wie heute, fast immer ungeschoren davon kommt), wird der Konsum viel eher zurückgehen. Wer als Gesetzgeber Sperren verfügen kann, der könnte die Provider theoretisch auch verpflichten, jeden anzuzeigen, der Angebote auf der Sperrliste nutzt. Klar, das würde einen hohen Personalaufwand bedeuten – aber hätte eine viel höhere Wirkung.