Wieso Donald Trump für Twitter der Untergang ist

von | 16.02.2017 | Tipps

Keiner erzeugt auf Twitter gerade mehr Aufmerksamkeit als der frisch gebackene US-Präsident. Er führt damit nicht nur einen ganz neuen Kommunikationsstil ein, sondern ruiniert auch die Reputation des Zwitscherdienstes. Und wieder mal zeigt sich: Man ahnt vorher nicht, was man mit neuen Technologien alles anstellen kann.

Als Jack Dorsay, Noah Glass, Biz Stone und Evan Williams im Jahr 2006 ihre Köpfe zusammengesteckt haben, um eine ganz neue Form von Kommunikationsdienst auszutüfteln, den wir heute als Twitter kennen, konnte niemand ahnen, dass 11 Jahre später der US-Präsident über diesen Dienst regiert – oder bessser: herrscht.

Damals war ihr heute prominentester und umstrittenster User Donald Trump noch vor allem mit Hochhäusern und Geldmachen beschäftigt. Doch er hat damals auch schon erste Bande zur Welt der Medien geknüpft: In der unsäglichen Sendung „The Apprentice„, in der Demütigungen zum Programm gehören, hat er effektvoll Leute geheuert und gefeuert. Und sich wohl (mitunter) den Ton angewöhnt, den wir heute alle in der Welt ertragen müssen.

Erst Privatfernsehen, dann Twitter

Für so etwas ist das Privatfernsehen zweifellos eine gute Schule: Keine Moral, keine Werte, kommerzieller Erfolg ist alles – und wirklich alles steht zum Verkauf. Für Twitter könnte das zum Verderben werden, denn mittlerweile wütet Trump vor allem hier wie ein nicht enden wollender Orkan.

Auch wenn Donald Trump jede Menge Aufmerksamkeit im Onlinedienst bekommt – so etwas ist einem Onlinedienst gewöhnlich eher Recht –, es ist halt auch peinlich, was auf Twitter los ist, seitdem Donald Trump den Zwitscherdienst als sein offizielles Sprachrohr erwählt hat.

Wir wissen freilich nicht, ob es wirklich Donald Trump himself ist, der unter @realDonaldTrump twittert – oder ob es seine Büchsenspanner sind. Im Endeffekt ist es auch egal. Twitter passt perfekt zu Trump: Einen Gedanken zu fassen, der größer ist als sein Ego, ist ohnehin eher unwahrscheinlich bei Trump. Und warum mit langen Worten aufhalten, wenn man sowieso keinen Widerspruch und keine Nachfragen duldet? Twitter ist also perfekt. Alles in 140 Zeichen gesagt. So ist es. Ich habe es gesagt. Punkt.

Twitter sollte @realDonaldTrump peinlich sein

Würde ich bei Twitter arbeiten, mir wäre es unendlich peinlich, das zu unterstützen. Aber nicht nur moralisch bringt Trump den Dienst in Bedrängnis, sondern auch technisch. Weil Trumps Pöbeleien derart viel Resonanz erzeugen, stößt der Dienst bei Trump-Tweets immer wieder an seine Leistungsgrenzen. Kommentare werden nicht korrekt zugeordnet und weitergeführt, was Twitter schon den Verdacht der Manipulation und Zensur eingebracht hat – was natürlich alles andere als gut für die Reputation ist.

Als Barack Obama sich vor seiner ersten Amtszeit geschickt der Sozialen Medien bediente, waren noch alle begeistert. Bei Donald Trump sind nun die meisten geschockt. Und manche fragen sich: Wie konnte das alles nur passieren? Ganz einfach: Blauäugigkeit. Wir gehen komischerweise allzu oft davon aus, dass Technologien nur das Beste in uns Menschen hervorbringen. Gute Ideen und schöne, sinnvolle Projekte sind immer wieder die Antriebskraft vieler Menschen, die Ideen haben und sie entwickeln.

Turboeffekt für Dummheiten

Das Problem: Es kommt meist anders. Soziale Netzwerke zum Beispiel verstärken ausnahmslos alles, sozusagen vorurteilsfrei. Das Gute wie das Schlechte. Das Intelligente wie das Dumme. Es gibt definitiv mehr Dummheit und Belangloses als wirklich Schlaues – die Schlussfolgerung kann also jeder selbst ziehen: Soziale Medien sind der Turbogang für Dummheiten jeder Art. Und für Dreistigkeiten. Je steiler die These, je größer die Aufregung, je unwahrer oder unglaublicher, desto like. Das immerhin hat Donald Trump erkannt und macht Gebrauch davon. Intensiven Gebrauch.

Natürlich nicht nur er, sondern auch viele andere – aber das macht die Sache auch nicht besser. Vielleicht fragen sich die einstigen Gründer von Twitter heute, ob sie diese Entwicklung nicht hätten verhindern können. Man könnte aber zumindest daraus lernen – für die Zukunft. Und dann geht man künftig nicht mehr davon aus, dass schon alles „gut werden wird“.

Wie war noch der Spruch in dem Blockbuster The Italian Job: Ich traue jedem – nur nicht dem Teufel, der in jedem steckt. Das ist ein gutes Motto. Passt sogar in einen Tweet.