News-Tweek: Manipulierte Nachrichten-Seiten als Kunst-Projekt

Viele gehen unterwegs mit ihrem Notebook oder Smartphone online. Sie nutzen kostenlose offene WLAN-Netze in Cafés, Hotels oder öffentlichen Plätzen. Niemand kommt auf die Idee, dass die Inhalte der angesteuerten Webseiten manipuliert sein könnten – doch sie könnten. Eine Gruppe von Berliner Künstlern manipuliert vereinzelt, aber gezielt offene WLAN-Netzwerke an öffentlichen Plätzen und verändert die Inhalte führender Nachrichten-Webseiten.

Möglich macht das ein kleines Gerät, das aussieht wie ein etwas zu groß geratener Zwischenstecker, der auf jede Steckdose gestöpselt werden kann. Einmal in einem Café eingestöpselt, verfremdet das unscheinbar aussehende Hightechgerät WLAN-Signale in offenen, ungeschützten Funknetzwerken.

Das „Newstweek“ getaufte Gerät schnüffelt keine Daten aus, sondern manipuliert gezielt die Inhalte von Nachrichten-Webseiten. Da werden Ãœberschriften verändert, Zitate verfälscht oder der Sinn verfremdet. Wer mit seinem Notebook im Café auf populären Webseiten wie Spiegel Online, Newsweek, Guardian, Le Monde, El Mundo oder BBC vorbei surft, bekommt nicht das zu sehen, was andere Internetbenutzer zu sehen bekommen. Stattdessen erscheinen manipulierte Webinhalte.

Eine manipulierte BBC-Nachricht lautet zum Beispiel: „US wants Assange as head of Defence Department“. USA wollen Julian Assange zum Kopf des Verteidungsministeriums machen. Mehr als unwahrscheinlich, sieht aber im BBC-Layout absolut seriös und deshalb erst mal glaubwürdig aus.

Das Tückische daran: Als Benutzer bemerkt man die Manipulation nicht. Man setzt sich ins Café, benutzt Notebook, iPad oder Handy – und bekommt verfremdete Webseiten präsentiert. Es gibt eine Art Underground-Redaktion, die gezielt auswählt, welche Inhalte zu verfremden sind – und bestimmt auch, was verfremdet werden soll.

Es werden keine Server gehackt, sondern die Funksignale im offenen Funknetzwerk manipuliert. In einem offenen WLAN ist so etwas mehr oder weniger problemlos möglich, denn hier gibt es keinerlei Kontrolle oder Verschlüsselung. An öffentlichen Plätzen werden in der Regel unverschlüsselte Funknetzwerke verwendet, damit sich jeder bequem anmelden und das WLAN nutzen kann.

Newstweek ist ein Kunstprojekt. Einige technisch interessierte Künstler aus Berlin haben sich zusammen getan und das Projekt erdacht. Sie haben anschließend einige Sender gebaut, um in Cafés die WLAN-Signale zu manipulieren. Es gibt mittlerweile mehrere von den Geräten, sie sind vor allem in Deutschland und Frankreich im Einsatz. Niemand bemerkt es, wenn die kleinen grauen Kästen auf eine Steckdose gestöpselt werden. Doch ddas reicht schon, um die offenen Funksignale zu verfremden.

Die Betreiber von Newstweek wählen einzelne, besonders oft angesteuerte Webseiten von Nachrichtenredaktionen aus und manipulieren gezielt einzelne Artikel, nur im Detail. Diese manipulierten Inhalte erscheinen dann im Display der arglosen Internetbenutzer.

Die Idee dahinter: Die Künstler wollen zeigen, wie sensibel der Medienbetrieb ist, wie leicht sich Inhalte verfremden lassen, hier gezielt durch einen technischen Trick, durch Manipulation. Faktisch werden Nachrichten und Inhalte aber natürlich auf vielerlei Art manipuliert, durch politischen Druck zum Beispiel. Man soll sich Gedanken machen um die Fragilität der Medien. Im Internet gibt es mehr Infos über das Projekt – auch eine Bastelanleitung für die Hardware als Video.

Das Kunstprojekt zeigt, wie einfach sich Inhalte manipulieren lassen. Theoretisch können Dritte im Internet ganz generell Inhalte verfremden, auch E-Mails oder Dokumente, zumindest falls die Verbindung zwischen Server und Benutzer nicht verschlüsselt ist. Bei einer verschlüsselten, abgesicherten Verbindung ist eine Manipulation deutlich schwieriger.

Beim Download von Dateien, etwa Programmdateien, gibt es deshalb mittlerweile oft Angaben zu einer sogenannten Checksumme. Eine Art Prüfzahl, die errechnet wird, dann kann man nach dem Download feststellen, ob man auch wirklich das geladen hat, was der Anbieter zum Laden bereitgestellt hat. Die Inhalte sind dann signiert. Man kann auch E-Mails oder Nachrichten signieren, das würde eine Manipulation erschweren oder unmöglich machen. In der Praxis wird davon aber in der Regel kein Gebrauch gemacht, da zu aufwändig. Möglich ist es aber.

Projektseite Newstweek:
https://newstweek.com/

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