Datenleak: Wie die Medien damit umgegangen sind

Das neue Jahr war kaum angebrochen, da hatten wir auch schon den ersten handfesten Datenskandal in Deutschland. Der ist diesmal aber nicht auf das Konto von Facebook und Co. gegangen. Es hat jemanden gegeben, der Informationen über Prominente und Politiker erforscht und dann auf Twitter veröffentlicht hat.

Die Medien haben sich überschlagen, der Druck auf die Ermittlungsbehörden war enorm. Wenige Tage später war der mutmaßliche Täter auch schon dingfest gemacht.

Seit dem 4. Januar wird über den Datenleak rauf und runter berichtet. In allen Medien. Mittlerweile ist der mutmaßliche Täter gefasst. War dieses Ausmaß an Berichterstattung gerechtfertigt?

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Rückwirkend muss man sagen: Definitiv Nein!

Der Fall war eigentlich mehr oder weniger eine Bagatelle. Nicht, dass es keine Straftat gewesen wäre. Aber sicher keine, die die Republik und die Politik tagelang hätte in Atem halten müssen.

Man darf nicht vergessen: Wir reden von der Veröffentlichung von vertraulichen Daten, die sich der mutmaßliche Täter auf illegale Weise besorgt hat, die aber in aller Ruhe vom 1. Dezember an auf Twitter veröffentlicht wurden. In aller Seelenruhe. Jeden Tag eine andere Indiskretion. Zuerst von Internet-Sternchen. Dann von Fernsehmoderatoren und Journalisten. Am Ende von Politikern. Und erst da haben die Alarmglocken geschrillt.

Qualität der Berichterstattung

Aber wie war denn die Berichterstattung inhaltlich? Fachlich korrekt, angemessen – oder eher hysterisch?

Ich habe von allem etwas gesehen. Aber man muss schon sagen: Es gab viel Hysterie – und vor allem von Dummheit und Unkenntnis geprägte Desinformation. So wurden schon früh in der BILD-Zeitung die Russen verantwortlich gemacht. Ohne dass es auch nur ein Indiz, geschweige einen Beleg dafür gegeben hätte.

Mangels konkreter Fakten wurde vor allem gemutmaßt. Denn im Grunde konnte man nicht viele Fakten berichten: Da gibt es einen Twitter-Account, über den persönliche und private Daten öffentlich gemacht werden – gegen den Willen der Betroffenen.

Offensichtlich wurden die Informationen aus unseriösen Quellen geholt. Mehr wusste man nicht. Daraus wurden dann Hackaktionen aus Russland oder gezielte Attacken aus der sogenannten „rechten“ Ecke, weil keine AfD-Politiker Opfer wurden. Es wäre garantiert „kein jugendlicher Hacker mit Pizzakartion in der Ecke“, hieß es bei BILD. Genau so ist es am Ende aber gekommen.

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Sofern die Behörden den Richtigen geschnappt haben, wissen wir doch mittlerweile: Es waren nicht die Russen. Auch kein Geheimbund. Sondern ein ganz normaler Mensch. Ein Schüler.

Wie einfach ist Doxing?

Ich würde nicht unbedingt sagen, dass es kinderleicht ist – aber es ist eben nicht so schwierig, wie man denkt. Der mutmaßliche Täter ist kein Hacker-Genie, aber er war entschlossen und fleißig.

Er hat auf bekannte Informationsquellen zurückgegriffen, sich dort Daten besorgt – etwa Mail-Adresse und Passwörter aus alten Hackangriffen – und diese dann offensichtlich durchprobiert in den völlig unzureichend gesicherten Cloud-Diensten der Betroffenen.

Im Grunde alles bekannt: Seine Mail-Accounts und seine Cloud-Dienste muss man auch gut sichern, sonst kann so etwas halt passieren. Der aktuelle Fall ist daher geeignet für eine öffentliche Debatte: Wo müssen wir selbst darauf achten, unsere Daten besser zu schützen. Aber was kann der Gesetzgeber tun, um die Anbieter zu einem besseren Schutz zu zwingen. Und da ist eine Menge möglich.

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Verwendung der Begriffe

Schauen wir noch mal auf die Berichterstatter: Hier wurden ständig Begriffe wie Hacker oder Doxing verwendet. Sie wurden leider nicht immer korrekt benutzt.

Ich habe mich erschreckt: In Berichten, aber auch auf dem Sender wurde von Doxing geredet, als wäre das ein Synonym für Hacken. Dabei ist die Bedeutung völlig unterschiedlich. Bei einem Hackangriff versucht man gezielt, in ein gesichertes System einzudringen, etwa durch Ausnutzen von bekannten Sicherheitslücken oder durch rüde Methoden.

Es gibt viele Methoden. Beim Doxing spielt das keine Rolle, denn hier werden öffentlich im Netz zugängliche Informationen über eine Person zusammengetragen und dann veröffentlicht, meist mit der Absicht, der Person zu schaden. Das ist etwas völlig anderes. Es kann in Tateinheit geschehen, muss aber nicht. In den Medien wurde unfassbar viel gemutmaßt – und auch viel Unsinn geredet.

 

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