Windows wird 40: Von der Lachnummer zum Quasi-Monopol – und zurück?

von | 16.11.2025 | Windows

Am 20. November 2025 wird Windows 40 Jahre alt. Vier Jahrzehnte, in denen ein Betriebssystem die digitale Welt geprägt hat wie kaum ein anderes. Für viele von uns ist Windows so selbstverständlich wie Strom aus der Steckdose: Rechner an, Windows lädt, fertig. Doch wie alternativlos war Windows damals wirklich? Und noch wichtiger: Wie alternativlos ist es heute?

Der holprige Start: Als Windows noch eine Lachnummer war

Wer glaubt, Windows sei von Anfang an das Maß aller Dinge gewesen, irrt gewaltig. Als Windows 1.0 am 20. November 1985 auf den Markt kam, war das System alles andere als ein Selbstläufer. Eine grafische Oberfläche für MS-DOS – klingt spannend, oder? Tatsächlich war das erste Windows langsam, unausgereift und mit 99 Dollar auch noch ziemlich teuer.

Steve Ballmer, damals Vice President und Verkaufschef von Microsoft, versuchte Windows in Fernsehspots zu verkaufen wie ein windiger Autoverkäufer. Heute wirken diese Clips wie eine Parodie – und das waren sie damals fast auch schon.

Das echte Maß aller Dinge in Sachen Bedienkomfort war zu dieser Zeit der Apple Macintosh. Apples Computer hatte bereits 1984 eine elegante grafische Oberfläche mit Maus-Steuerung. Intuitiv, durchdacht, benutzerfreundlich. Windows 1.0 dagegen? Ein schlechter Witz im Vergleich.

Windows 1.0 war ein Aufsatz auf MS-DOS
Windows 1.0 war ein Aufsatz auf MS-DOS

Die bunte Welt vor der Windows-Dominanz

Was viele heute vergessen: In den 1980er Jahren war der Computer-Markt unglaublich vielfältig. Commodore Amiga, Atari ST, Unix-Großrechner – es gab eine riesige Auswahl an Systemen. Windows war nur eine Option unter vielen, und definitiv nicht die beste.

Der Durchbruch kam erst später: Windows 3.1 im Jahr 1992 machte das System endlich benutzbar. Und dann kam 1995 der Game Changer: Windows 95. Mit seinem charakteristischen Startup-Sound läutete Microsoft eine neue Ära ein. Plötzlich war Windows benutzerfreundlich, einigermaßen stabil und lief auf günstiger Hardware.

Wie Microsoft das Monopol aufbaute

Der Erfolg von Windows war kein Zufall. Microsoft verfolgte eine knallharte Geschäftsstrategie mit drei entscheidenden Elementen:

Erstens: Aggressive Vertragspolitik. Microsoft schloss Verträge mit PC-Herstellern wie Dell, HP und Compaq. Wer einen Computer kaufte, bekam Windows vorinstalliert – ob man wollte oder nicht. Andere Betriebssysteme? Schwer zu kriegen.

Zweitens: Der Software-Katalog. Für Windows gab es plötzlich alles: Office-Programme, Spiele, Grafik-Tools. Wer als Softwarefirma erfolgreich sein wollte, musste für Windows entwickeln. Ein sich selbst verstärkender Kreislauf entstand.

Drittens: Der Netzwerk-Effekt. Je mehr Menschen Windows nutzten, desto wichtiger wurde es, selbst auch Windows zu nutzen. Wegen Dateiformaten, wegen Kompatibilität, wegen gemeinsamer Standards.

Das US-Kartellamt verklagte Microsoft in den 1990er Jahren wegen dieser Praktiken. Die Strafe war enorm, Microsoft musste sein Verhalten ändern. Aber zu diesem Zeitpunkt war Windows bereits überall. Die systemische Abhängigkeit war geschaffen – nicht weil Windows so brillant war, sondern weil Microsoft extrem clever und aggressiv den Markt dominiert hatte.

Microsoft Windows Version 1.01 Startbildschirm

Die ewige Alternative: Warum Linux nicht durchbrach

Linux gibt es seit 1991, also fast genauso lange wie Windows in seiner modernen Form. Und Linux ist in vielen Bereichen sogar überlegen: kostenlos, quelloffen, sicherer, stabiler. Die meisten Server weltweit laufen auf Linux. Auch euer Smartphone – egal ob Android oder iOS – basiert auf Unix-Linux-Technologie.

Aber auf dem Desktop? Linux kommt gerade mal auf vier Prozent Marktanteil. Warum?

Die Gründe sind vielfältig: Versucht mal, ein Notebook mit vorinstalliertem Linux bei einem großen Hersteller zu kaufen. Fehlanzeige. Ihr müsst Windows erst runterwerfen und Linux selbst installieren. Für professionelle Software wie Adobe Creative Suite oder Microsoft Office gibt es keine nativen Linux-Versionen. Gaming auf Linux? Ist besser geworden, aber immer noch kompliziert.

Und dann ist da der psychologische Faktor: Die Leute kennen Windows. Sie haben es gelernt, sie sind daran gewöhnt. Gegen den Standard anzukämpfen ist schwer – selbst wenn Distributionen wie Ubuntu heute sehr benutzerfreundlich sind.

Die Cloud verändert alles

Die spannende Nachricht: Die Dominanz von Windows ist heute deutlich geringer als vor 20 Jahren.

Weltweit werden mehr Smartphones als PCs verkauft. Viele Menschen arbeiten komplett im Browser – mit Google Docs, Office 365, Webanwendungen. Da spielt es (fast) keine Rolle mehr, welches Betriebssystem unten drunter läuft.

Microsoft hat diesen Wandel erkannt und die Strategie radikal geändert. Heute verdient das Unternehmen mehr Geld mit Cloud-Services wie Azure und Office 365 als mit Windows-Lizenzen. Windows selbst ist fast schon ein „Service“ geworden. Windows 11 gibt es kostenlos für Windows-10-Nutzer.

In Schulen sehen wir immer mehr Chromebooks statt Windows-PCs. Die sind günstig, einfach zu verwalten und reichen für viele Aufgaben völlig aus. Und Apples M-Chips sind so gut, dass viele kreative Profis zu Mac wechseln. MacOS liegt mittlerweile bei etwa 15 Prozent Marktanteil – Tendenz steigend.

Der Support für Windows 10 läuft im Oktober 2025 aus
Der Support für Windows 10 läuft im Oktober 2025 aus

Die Zukunft: Demokratisierung statt Dominanz

Wir erleben gerade eine langsame Demokratisierung der digitalen Welt. Nicht weil Microsoft plötzlich altruistisch geworden ist, sondern weil sich die technische Landschaft radikal verändert hat.

Die junge Generation wächst mit Smartphones auf – ohne Windows, dafür mit Android und iOS. Für sie ist ein Windows-PC kein Standard mehr, sondern ein Arbeitswerkzeug unter vielen.

Aber die systemische Abhängigkeit ist nicht verschwunden. Sie hat sich nur verschoben. Früher war es Windows, heute sind es Google, Apple und Microsoft in der Cloud. Die Frage ist nicht mehr „Wie werde ich Windows los?“, sondern „Wie bleibe ich digital souverän in einer Welt voller Tech-Giganten?“

Fazit: Ein biblisches Software-Alter

Windows wird 40 – ein biblisches Alter für Software. Von der Lachnummer 1985 über das Quasi-Monopol der 2000er Jahre bis zur langsamen Bedeutungsabnahme heute: Windows hat die digitale Welt massiv geprägt.

Die wirklich wichtigen Kämpfe um digitale Selbstbestimmung werden heute woanders ausgefochten. Es geht um Datenkontrolle, um offene Standards, um die Frage, wer eigentlich die Herrschaft über unsere digitale Infrastruktur hat.

Windows bleibt ein wichtiger Player – aber nicht mehr der einzige. Und das ist eigentlich eine gute Nachricht.