Manchmal fragt man sich ja schon, ob ein Magazin, das Computerspiele testet und bewertet, es sich überhaupt leisten kann, einen richtig ordentlichen Veriss zu schreiben. Denn es soll doch immer wieder vorkommen, dass Spielehersteller auf allzu kritische Berichterstattung beleidigt reagieren und Anzeigen stornieren – wohl wissend, dass die meist kleinen Spielemagazine auf die Anzeigen mehr als angewiesen sind. Darum überlegen es sich viele Fachmagazine gut, ob sie wirklich zu kritisch sein sollen.
Im Interesse der Leser ist das sicher nicht.
Vor kurzem hat das Spielemagazin 4Players das neueste Game des Herstellers Atari getestet. „Alone in the Dark“, vergangenen Freitag offiziell erschienen, wurde mit 68 Punkten bewertet. Das entspricht in etwa der Schulnote „befriedigend“, was in der Welt der Computerspielrezensionen allerdings ein geradezu vernichtendes Urteil bedeutet. Man könnte auch sagen: Taugt nix.
Ich kenne mich mit Computerspielen dieser Gattung nicht gut genug aus, um mir ein Urteil zu erlauben. Eins steht aber fest: Atari gefällt das Urteil nicht und man fährt monströse Geschütze auf. Das Spielemagazin 4Players hat Post von Ataris Rechtsabteilung erhalten und wurde offenbar aufgefordert, den kritischen Text und die Bilder aus dem Onlineangebot zu entfernen. Im Blog des Chefedakteurs Jörg Luibl kann man all das nachlesen.
Da stellt man sich doch die Frage: Soll das alles ernst gemeint sein? Warum so dünnhäutig, liebe Atarianer? Im Wesentlichen konzentriert sich die Kritik des Herstellers darauf, dass das Magazin nur eine Vorabversion getestet haben kann. Was der Verlag zum einen dementiert (angeblich habe man sich eine finale Verkaufsversion besorgt), zum anderen in meinen Augen aber unerheblich ist.
Ich schreibe seit 20 Jahren über Software – und natürlich auch über Vorabversionen. Das ist Usus, sollte der guten Ordnung halber dann aber auch im Text vermerkt sein. Abgesehen davon gibt es zwischen den letzten Vorabversionen und den finalen Versionen in der Regel so gut wie keine Unterschiede mehr.
Ich habe bei Atari nachgefragt, ob man den aktuellen Disput mit dem Spielemagazin kommentieren möchte. Wollte man:
ATARI Deutschland achtet und schätzt das Recht auf freie Berichterstattung und Pressefreiheit. Es ist weder im Interesse von ATARI Deutschland, noch Stil des Unternehmens, Medien welcher Gattung und Größe auch immer, anzugreifen oder unter Druck zu setzen. Dennoch ist ATARI Deutschland der Ansicht, dass Berichterstattung fair und nicht tendenziös sein sollte.
ATARI Deutschland behält sich, gerade auch im Wiederholungsfall vor, sich gegen unfaire und mutwillig geschäftsschädigende Praktiken zu wehren und notfalls juristisch vorzugehen.
Im konkreten Fall, der Berichterstattung von 4Players zu dem Spiel „Alone in the Dark“, ist ATARI um Deeskalation bemüht. Eine entsprechende Kampagne ist in Vorbereitung und startet Anfang der nächsten Woche.
Gut ist, wenn Atari wirklich um Deeskalation bemüht ist. Das scheint mir auch klug zu sein, denn in den Internetforen brodelt es gewaltig. Die Zielgruppe ist alles andere als begeistert.
Keine Ahnung, was „tendenziöse Berichterstattung“ sein soll. Ein Spielbericht mit unerfreulichen Ausgang muss ein Spielehersteller aber wohl auf jeden Fall aushalten können, auch wenn die Journalisten oder Blogger Vorabversionen „getestet“ oder gesichtet haben. Bei einem positiven Bericht hätte man sich gewiss auch nicht beklagt. 😉