Stellt euch vor, ihr wollt eure Steuererklärung abgeben – und es geht nicht. Ihr wollt einen Krankenwagen rufen – und die Leitstelle ist offline. Ihr braucht dringend eine behördliche Auskunft – aber die Ämter sind digital paralysiert. Science-Fiction? Nein, das ist die bittere Realität, wenn Amazon Web Services mal hustet.
Genau das ist diese Woche passiert. Ein technisches Problem bei AWS hat weltweit für Chaos gesorgt. Signal war down, Zoom funktionierte nicht, und in Großbritannien konnten Menschen tatsächlich keine Steuererklärungen abgeben. Ein einzelner Ausfall bei einem amerikanischen Cloud-Anbieter – und gefühlt steht die halbe digitale Welt still.
Die unbequeme Wahrheit über unsere digitale Abhängigkeit
Lasst uns mal Klartext reden: Was da passiert ist, war kein Unfall. Es war eine Demonstration unserer digitalen Verwundbarkeit. Europa hat sich in eine Abhängigkeit manövriert, die geradezu grotesk ist. Wir reden ständig über digitale Souveränität, aber unsere kritische Infrastruktur läuft bei amerikanischen Tech-Giganten. Das ist ungefähr so clever, wie seine Haustürschlüssel beim Nachbarn zu lagern – und dann zu hoffen, dass der immer zu Hause ist und uns mag.
Die findigen Berater auf LinkedIn haben natürlich sofort eine Lösung parat: Multi-Cloud! Verteilt eure Dienste auf mehrere Anbieter! Klingt super, oder? Nur dass die Alternative zu AWS dann Microsoft Azure oder Google Cloud heißt. Das ist, als würdet ihr eure Eier nicht nur in einen Korb legen, sondern in drei – die aber alle demselben Typen gehören. Und dieser Typ sitzt in Washington und hört auf den Namen Donald Trump.
Datentreuhänderschaft? Ein schlechter Witz!
Besonders peinlich wird’s, wenn man sich die europäischen Versuche anschaut, diese Abhängigkeit zu kaschieren. „Datentreuhänderschaft“ nennt sich das Konstrukt, mit dem uns Microsoft und Co. weismachen wollen, unsere Daten seien sicher. Ein Microsoft-Vertreter musste kürzlich vor dem französischen Parlament kleinlaut zugeben: Wenn die US-Regierung will, kommen sie an die Daten ran. Punkt.
Die deutsche „Delos-Cloud“ mit Microsoft-Software? Das Innenministerium Baden-Württemberg hat’s auf den Punkt gebracht: Souverän ist daran gar nichts. Und trotzdem – haltet euch fest – hat die Bundeswehr gerade beschlossen, ihre Cloud mit Google zu bauen. Im Ernst? In Zeiten, wo Trump offen mit Grönland-Annexion liebäugelt, vertraut unsere Armee ihre IT-Infrastruktur einem US-Konzern an?
Der Trump-Faktor: Wenn IT zur Waffe wird
Hier kommt der Elefant im Raum: Donald Trump. Der Mann, der gerade wieder im Weißen Haus sitzt, kennt keine roten Linien. Wer glaubt, er würde AWS, Azure oder Google nicht als politisches Druckmittel einsetzen, hat die letzten Jahre verschlafen. Stellt euch vor, Europa kritisiert die US-Politik zu scharf – und schwupps, sind unsere Cloud-Dienste „aus technischen Gründen“ nicht mehr erreichbar.
Das ist keine Paranoia, das ist Realpolitik. Wenn Krankenhäuser nicht mehr funktionieren, weil ihre IT in der US-Cloud läuft, wenn Energieversorger offline gehen, weil sie von AWS abhängen – dann haben wir unsere digitale Souveränität komplett verspielt.
Was jetzt passieren muss
Die Lösung ist nicht, zurück zu On-Premises-Installationen zu gehen. Cloud-Computing hat echte Vorteile – Skalierbarkeit, Effizienz, Kostenersparnis. Das Problem ist nur: Wir haben in Europa keine eigenen Alternativen aufgebaut. Während wir über Datenschutz diskutiert haben, haben die Amerikaner Fakten geschaffen.
Europa braucht eigene Cloud-Anbieter. Nicht irgendwelche Alibi-Projekte, sondern echte, leistungsfähige Alternativen zu AWS und Co. Das kostet Milliarden? Ja, und? Was kostet es uns, wenn unsere komplette digitale Infrastruktur in amerikanischer Hand ist?
Zeit zum Aufwachen
Der AWS-Ausfall war ein Weckruf. Er hat gezeigt, wie verwundbar wir sind. Nicht durch böse Hacker oder Cyberkrieg – sondern durch simple technische Probleme bei einem einzigen Anbieter.
Die gute Nachricht: Es ist noch nicht zu spät. Die schlechte: Viel Zeit bleibt nicht mehr. Europa muss jetzt handeln. Eigene Cloud-Infrastruktur aufbauen, eigene Standards setzen, eigene Wege gehen. Das ist keine Frage von Anti-Amerikanismus – das ist eine Frage des digitalen Überlebens.
Denn eines sollte uns dieser Ausfall gelehrt haben: Im Ernstfall sind wir auf uns allein gestellt. Und darauf sollten wir auch vorbereitet sein.
