Die Deutsche Bank verlangt 20 EUR/Monat für digitale Kontoauszüge

von | 23.01.2023 | Tipps

Wer seine Buchhaltung verschlanken will, etwa mit papierlosen Belegen (nennt man wohl Digitalisierung), sollte besser kein Kunde der Deutschen Bank sein. Die kassieren dafür allen Ernstes 20 EUR im Monat. Ein Fall für das Bundesfinanzministerium.

Könnt Ihr Euch erinnern? Vor ein paar Jahren haben Banken und auch Kreditkartenfirmen etc. versucht, uns mit allerlei Anreizen dazu zu bewegen, von Abrechnungen auf Papier auf papierlose Belege umzustellen. Während der Ausdruck von Kontoauszügen am Auszugsdrucker Geld gekostet hat (und wohl immer noch kostet), waren papierlose Belege gratis – oft gab es noch ein kleines „Goodie“ obendrauf, wenn wir umstellen.

Wobei: „Papierlos“ stimmt ja nicht. Wir laden bei der Bank unseres Misstrauens jeden Monat PDFs herunter und müssen die dann selbst drucken. Auf unsere Kosten. Papier, Druckerschwärze und Druckerabnutzung kostet ja unser Geld. Nicht das der Bank. Die Bank ist fein raus.

Bank kassiert für papierlose Kontoauszüge ab

Papierlos hin, Digitalisierung her: Der Gesetzgeber (und vor allem das Finanzamt) wollte eben bislang alles noch schön auf Papier. Deutschland eben. All die großen Reden über „Digitalisierung“ sind nicht wirklich ernst zu  nehmen.

Nun ist es aber immerhin mittlerweile möglich, wenn man als Selbständiger oder Mittelständler seine Buchführung über Steuerberater und/oder bei der Datev abwickelt, auf Kontoauszüge aus Papier zu verzichten. Man stelle sich das vor: Im Jahr 2023 sind endlich Kontoauszüge ohne Papier realisierbar. Grandios, oder?

Dazu ist es allerdings nötig, dass die Kontobewegungen in einem speziellen Datenformat vorliegen, das sich MT940 nennt. Ein Standard zur „elektronischen Übermittlung von Kontoauszugs-Daten“. Das CSV-Format für Buchhalter, könnte man sagen.

Aber ist ja schön, dass es einen allgemeinen Standard gibt, um Kontobewegungen für die EDV allgemeinverständlich auszutauschen. Besser, als wenn es das nicht gäbe.

MT940 ist der SWIFT-Standard zur elektronischen Übermittlung von Kontoauszugsdaten. Er wird auch beim Online Banking als Schnittstelle zu anderen Programmen wie der Buchhaltung verwendet, um Kontoauszugsdaten weiterzuverarbeiten. Langfristig soll diese sogenannten Message-Type-Formate durch XML-Formate abgelöst werden, um eine globale Vereinheitlichung zu erreichen.

Antrag bei der Deutschen Bank: Willkommen im DFÜ-Zeitalter

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Kostenfalle Datenstandard MT940

Doch jetzt kommt die große Überraschung: Wer glaubt, die Banken freuten sich darüber, einen weiteren Schritt in Richtung papierloses Zeitalter zu schreiten, der täuscht sich. Denn die meisten Banken tun so, als wäre es eine Zumutung, papierlose Kontoauszüge im bewährten Datenformat zur Verfügung zu stellen.

PDF und CSV geht im Online-Bereich, MT940 aber nicht. Ich habe überall im Portal der Deutschen Bank nach entsprechenden Infos gesucht. Fehlanzeige. Eine erste Anfrage beim „Support“ wurde praktisch nicht beantwortet. Ich solle mich an die Filiale wenden. Großartig, diese Deutsche Bank. Immer zur Stelle, wenn man sie braucht.

Also wende ich mich an meine Filiale – und siehe da: Es gibt ein Formular(!) (klar, was sonst) dafür. Und das ist wie folgt überschrieben:

Vereinbarung Teilnahme am beleglosen Datenaustausch per DFÜ unter Einschaltung von SRZ

Per „DFÜ“, per Datenfernübertragung. Ein Begriff, den ich zuletzt in den 90er Jahren gehört habe. In der Zeit von Akustikkopplern und piependen Modems. Da musste man noch Icons in Windows 95 anklicken, die „DFÜ“ erlauben.

Die Deutsche Bank ist also begrifflich noch in den 90er Jahren eingefroren.

Buchhaltung auf Papier sollte ein Ende haben

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Gesetzgeber sollte ungenierte Abzocke stoppen

Doch ich will die Sache kurz machen: Wenn ich den zweiseitigen Antrag einreiche, zahle ich dafür 70 EUR Bearbeitungsgebühr – und 20 EUR im Monat, um meine Kontobewegungen in einem Standard-Datenformat zu bekommen. Rechenzeit für den Deutsche-Bank-Server: 1 Tausendstel Sekunde. Und dafür will die Deutsche Bank 20 EUR abkassieren.

Ärgerlich genug, dass die Deutsche Bank – aber wohl auch die meisten anderen Geldinstitute – der Ansicht sind, sie könnten ihre Kunden derart ungeniert abkassieren. Das ist Wegelagerei, muss man sagen. Eine Unverschämtheit, diese Kosten sind durch rein gar nichts zu rechtfertigen.

Wie ließe sich das ändern? Wohl ganz einfach: Der Gesetzgeber müsste schlicht vorschreiben, dass die Banken ohne Wenn und Aber verpflichtet sind, ihren Kunden Datenmaterial über die Kontobewegungen in gängigen Standardformaten wie PDF, CSV und MT940 kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Alles andere wäre auch absurd. Das wäre so, als wäre man verpflichtet, sich vom Bäcker einen Kassenbon geben zu lassen – und der dürfte für den Kassenbon jedes Mal 2 EUR verlangen. Genau das machen aber deutsche Banken.

Christian Lindner und alle im Bundesfinanzministerium: Redet nicht einfach nur von Digitalisierung – unternehmt etwas. Es kann doch nicht sein, dass Banken, die von deutschen Steuergeldern gerettet werden, obwohl sie selbstverschuldet in Schieflage geraten und ihrem Top-Management trotzdem unanständige Saläre und Boni zahlen, dass die ihren Kunden für Selbstverständlichkeiten derart tief in die Tasche greifen dürfen.

Ich muss sagen: Ich bin empört.