Öffentliche WLAN-Hotspots sind heutzutage kein nettes Gimmick für gelangweilte Smartphone-Benutzer, sondern fast überlebenswichtig – vor allem, wenn man selbst auf Reisen ist. Und was muss man da feststellen: Während man im Ausland recht häufig auf offene WLANs stößt, die man kostenlos benutzen kann, sieht das in Deutschland ganz anders aus.
Mit nur zwei Hotspots auf 100.000 Einwohner stehen wir in Deutschland echt schlecht da. Das will die Bundesregierung ändern und hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der für mehr WLAN-Hotspots in der Öffentlichkeit sorgen soll. Doch es gibt eine Menge Kritik.
Woran liegt es eigentlich, dass in Deutschland bislang eher wenige WLAN-Hotspots existieren?
Vor allem an der „Störerhaftung“. Wer ein offenes WLAN betreibt, muss unter Umständen dafür haften, wenn Dritte es missbrauchen, etwa Musik verteilen oder darüber hacken. Das ist riskant – deswegen verzichten viele darauf, weil sie kein Risiko eingehen wollen.
Das will der Gesetzentwurf der Bundesregierung nun ändern: Man will das Damoklesschwert der Störerhaftung beseitigen. Wie sieht das konkret aus?
Das Gesetz sieht vor, dass Betreiber von öffentlichen WLAN-Hotspots aus der Störerhaftung entlassen werden. Sie sollen sich auf das Haftungsprivileg für Provider aus dem Telemediengesetz (TMG) berufen können. Dann müssen sie nicht mehr dafür haften, wenn User Unsinn anstellen, also zum Beispiel Urheberrechtsverstöße begehen. Allerdings hat der Gesetzgeber dieses Privileg an bestimmte Bedingungen geknüpft. Die Betreiber müssen „zumutbare Maßahmen“ ergreifen, um Missbrauch zu vermeiden.
Vorgesehen ist „insbesondere die Verschlüsselung des Routers“ etwa in Form des WPA2-Standards. Möglich sei auch „eine freiwillige Registrierung der Nutzer“. WLAN-Betreiber müssen von ihren Nutzern eine Erklärung einholen, dass sie keine Rechtsverletzungen begehen wollen. Sie setzen ein Häkchen vor das Versprechen – und das war’s. Besonders effektiv dürfte diese Maßnahme natürlich nicht sein. Das Wirtschaftsministerium hatte sogar gefordert, dass jeder Nutzer namentlich registriert wird – damit konnte sich das Ministerium nicht durchsetzen.
Klingt doch eigentlich nach einer Verbesserung. Doch es gibt jede Menge Kritik an dem Gesetzentwurf. Wieso?
Es ist in der Tat eine Verbesserung, aber nicht ausreichend, um das Ziel zu erreichen, Deutschland flächendeckend mit WLAN zu versorgen. Verbraucherschützer sagen, die Anforderungen seien nur schwer umsetzbar und auch datenschutzrechtlich bedenklich, das gilt natürlich vor allem für die freiwillige Registrierung der User.
Eine Verschlüsselung des WLANs, wie im Gesetz vorgesehen, ist zwar grundsätzlich sinnvoll, aber weniger im offenen WLAN. Denn dann muss man jedem, der das WLAN nutzen will, den Schlüssel mitteilen. Das ist in der Praxis nicht einfach. In einem Café funktioniert das womöglich noch, in einem Bahnhof wohl weniger. Viele fürchten hohe Kosten, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Man müsse an jeden einzelnen Nutzer Zugangscodes vergeben. Unsexy.
Wird das Gesetz so kommen?
Das ist fraglich, da es selbst in der Koalition Streit über den genauen Gesetzestext gibt. Viele sehen noch Änderungbedarf. Da auch viele Verbände protestieren, sogar der Handelsverband HDE, besteht die Chance, dass noch was passiert. Das Gesetz muss noch durch den Bundestag – eine Zustimmung im Bundesrat braucht es allerdings nicht.
Wie gelungen ist der Vorstoß?
Ich kann verstehen, dass man verhindern möchte, dass offene WLANs für kriminelle Aktivitäten genutzt werden. Nur lässt sich das nicht mit den vollmundigen Versprechungen in Einklang bringen, in Deutschland für ein flächendeckendes WLAN zu sorgen. Da müsste man dann entschlossener handeln.
Im Grunde müsste man die Störerhaftung beseitigen und nur auf ein Minimum von Sicherheit bestehen, so wie das im Ausland auch Gang und Gäbe ist. Wir brauchen dringend mehr WLAN-Hotspots, um die Mobilfunknetzwerke zu entlasten – und auch, um ausländischen Besuchern zu zeigen, dass wir kein Entwicklungsland in Sachen Digitalisierung sind.