Für manch einen klingt es ein bisschen nach George Orwell: Da lädt man ein Foto bei Facebook hoch, und der Onlinedienst erkennt die Gesichter in dem Foto, markiert sie und sagt sogar, wer da zu sehen ist. Genau das ist aber Realität: Diese Woche hat Facebook eine neue Funktion freigeschaltet, eine Gesichtserkennung per Software. Nicht wenige fürchten nun vollends um ihre Privatsphäre, und Datenschützer sind empört, dass Facebook diese neue Funktion so sang- und klanglos einführt, ohne die Benutzer darüber zu informieren.
Gesichter haben bei Facebook schon immer eine große Rolle gespielt. Mit Gesichtern hat sogar alles angefangen – daher der Name. Ab sofort ist Facebook in der Lage, Gesichter in hochgeladenen Fotos zu erkennen. Facebook schaut in der Datenbank nach, ob eine Person bereits bekannt ist – und macht Vorschläge, wer auf dem Foto zu sehen ist.
Technisch gesehen ist es eigentlich gar keine große Sache, was Facebook da jetzt eingeführt hat. Jedes bessere Fotoprogramm kann heute Gesichter erkennen und Fotos entsprechend sortieren und organisieren.
iPhoto von Apple bietet zum Beispiel so eine Funktion an: Das Programm findet auf Mausklick Fotos mit einer bestimmten Person im Bild. Wenn man möchte, kann man auch den Namen eingeben und das alles sogar bei Facebook hochladen. Andere Fotoprogramme bieten ganz ähnliche Funktionen.
httpv://www.youtube.com/watch?v=0QBLKBYrgvk
Aber eben auf der eigenen Festplatte. Der Unterschied bei Facebook ist natürlich: Das Verknüpfen von Gesichtern und persönlichen Daten passiert online, die Bilder sind mit den Profilen der markierten Benutzer verknüpft. Facebook macht das alles ohne konkrete Zustimmung der Betroffenen, ohne uns Benutzer zu informieren.
Genau das ist das Problem: Facebook geht mal wieder mit Brachialgewalt vor, führt eine bekanntermaßen strittige Funktion einfach so ein, ohne die Benutzer ausreichend in Kenntnis zu setzen. Und aktiviert Facebook diese umstrittene Funktion auch noch standardmäßig für alle 600 Millionen Mitglieder. Nur wer ausdrücklich und eindeutig widerspricht, kann verhindern, dass er in Fotos automatisch oder manuell markiert wird.
Wer nicht möchte, dass er einfach so in fremden Fotos markiert werden kann, der muss sich im Menü „Konto“ in die Untiefen der sogenannten Privatsphäreeinstellungen begeben. Hier auf „Benutzerdefinierte Einstellungen“ klicken und im gut versteckten Unterpunkt „Freunden Fotos von mir vorschlagen“ die Einstellung auf „gesperrt“ ändern.
Aber auch, wer Fotos hoch lädt, kann etwas für den Datenschutz tun. Denn Facebook zwingt niemanden, die automatisch ermittelten Namen auch tatsächlich zu übernehmen und so in den Fotos zu speichern. Jeder kann selbst entscheiden, ob er das möchte. Und wer sich mit der Funktion nicht wohl fühlt, klickt einfach auf „Abbrechen“.
Eigentlich ist die neue Funktion, die Gesichtserkennung, gar nichts Besonderes. Technisch ist da heute viel mehr möglich. Aber: Es vermittelt ein mehr als komisches Gefühl, dass Facebook Benutzer allein anhand des Gesichts erkennen kann. Den Gedanken daran finden viele besorgniserregend.
Auch das Online-Fotoalbum Google Picasa kann mühelos Gesichter erkennen. Hat man erst mal eine Person in einem Foto markiert, lassen sich auf Knopfdruck alle anderen Fotos mit dem Gesicht finden.
Aber hier ist die Gesichtserkennung als nützlicher Service gedacht. Das Ganze wird nicht online und öffentlich gemacht, Google verknüpft auch keine Profile in sozialen Netzwerken miteinander – zumindest noch nicht.
Theoretisch könnte aber auch Google in seiner Suche Personen finden. Gesichter zu erkennen, das ist bereits in der Google-Suche möglich. Ich bin sicher, Google denkt darüber nach, da noch mehr anzubieten. Daher lohnt es sich, sich Gedanken zu machen und laut zu protestieren, wenn die Technik einen Schritt zu weit geht, denn längst sind andere Dinge in Vorbereitung.
httpv://www.youtube.com/watch?v=tb0pMeg1UN0
Auch das ist heute technisch bereits möglich: Gesichter von Menschen unterwegs mit dem Handy zu erkennen. Eine Software namens Recognizr ist dazu mühelos in der Lage. Einfach mit der Handykamera das Gesicht einfangen – und Momente später weiß man, wen man da vor sich hat. Verknüpfungen zu Facebook, Youtube, Picasa, Flickr und Co inklusive.
Für viele eine beängstigende Vorstellung, aber eben technisch längst möglich. Wenn in Facebook Fotos mit Namen markiert werden und so die Gesichter in öffentlich zugänglichen Datenbanken gespeichert sind, könnte so eine Vision durchaus Wirklichkeit werden. Auch andere Firmen wie Google oder Apple arbeiten an solchen Techniken. Man sollte also wirklich eher zurückhaltend damit sein, in Fotos Personen zu markieren.