Beschwerden über dubiose Online-Dienste explodieren: Fast 3.000 Meldungen im ersten Halbjahr 2025 – dreimal so viele wie im Vorjahr. Betroffen sind Vignetten, Führungszeugnisse, Nachsendeaufträge und viele andere eigentlich kostenlose oder günstige Behördenleistungen.
Ein alltägliches Szenario: Sie brauchen schnell ein Führungszeugnis, wollen einen Nachsendeauftrag einrichten oder benötigen eine Vignette für Österreich. Eine Google-Suche führt Sie zu einem professionell wirkenden Anbieter – doch statt der erwarteten 20 Euro zahlen Sie plötzlich 60 Euro oder mehr. Willkommen in der Welt der „Fake-Dienstleistungen“.

Beschwerden-Tsunami bei Verbraucherzentralen
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im ersten Halbjahr 2025 wurden dazu mehr als 2.900 Beschwerden erfasst – fast dreimal so viele wie im Vorjahreszeitraum, meldet der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Ramona Pop, Chefin des Bundesverbands, warnt: „Gerade wenn Angebote bei Suchmaschinen beworben werden, sollten Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten dürfen, dass es sich um seriöse Angebote handelt.“
Das Problem: Unseriöse oder gar betrügerische Angebote wie „Fake-Dienstleistungen“ seien aber oft schwer zu erkennen.
Die Masche: Teure „Services“ für kostenlose Leistungen
„In den meisten Fällen beschweren sich Verbraucherinnen und Verbraucher über Dienstleister, die online etwa mit Angeboten für Nachsendeaufträge, Führungszeugnisse oder andere offizielle Dokumente werben“, erklärt Pop. Häufig bezahlten Nutzer für Leistungen, die es bei offiziellen Stellen günstiger oder kostenlos gegeben hätte.
Konkrete Beispiele aus der Praxis:
Österreich-Vignette: Ein besonders krasses Beispiel zeigt sich bei Autobahnvignetten. Die 1-Tages-Vignette kostet offiziell 9,30 Euro bei der ASFINAG. Drittanbieter wie „digitale-vignette-online.at“ verlangen jedoch 21,30 Euro – aufgeteilt in 9,30 Euro Mautgebühr plus 12,00 Euro „Bearbeitungsgebühr“. Das entspricht einem Aufschlag von 129 Prozent für einen rein digitalen Vorgang.
Rundfunkbeitrag-Formulare: Ein Beispiel ist eine Webseite, bei der Online-Formulare für Kontaktaufnahmen zum Beitragsservice des öffentlich-rechtlichen Rundfunks etwa bei Umzügen angeboten werden – für 39,99 Euro, obwohl es direkt auch kostenlos möglich ist.
Führungszeugnisse: Während das offizielle Führungszeugnis beim Bundesamt für Justiz 13 Euro kostet, verlangen Drittanbieter oft das Drei- bis Vierfache plus Bearbeitungsgebühren.
Nachsendeaufträge: Die Deutsche Post bietet Nachsendeaufträge ab 26,90 Euro an. Intermediäre kassieren oft 50-80 Euro für denselben Service.
Das Google-Problem: Bezahlte Anzeigen täuschen
Ein Hauptproblem liegt in der Funktionsweise von Suchmaschinen. Der ÖAMTC berichtet von Mitgliedern, „dass inoffizielle Verkaufsstellen ganz oben in den Ergebnissen der Internet-Suchmaschinen auftauchen. Der Grund dafür ist schnell erklärt: Es handelte sich um bezahlte Anzeigen, die von Google & Co zuerst gereiht werden.“
Diese bezahlten Anzeigen sind oft nur schwer als Werbung erkennbar und erwecken den Eindruck, es handle sich um offizielle Anbieter. Nutzer klicken arglos auf den ersten Link und landen bei teuren Zwischenhändlern.
So erkennen Sie unseriöse Anbieter
Eindeutige Warnsignale:
- Versteckte Gebühren: Bearbeitungs-, Service- oder Vermittlungsgebühren für eigentlich digitale Prozesse
- Preise weit über dem offiziellen Tarif: Aufschläge von 50-200 Prozent sind keine Seltenheit
- Unklares Impressum: Fehlen Steuer- oder Firmenbuchnummern, ist Vorsicht geboten
- Irreführende Werbung: „Sofortige Bearbeitung“ oder „ohne Wartezeit“ als Verkaufsargument
- Professionelles Design als Tarnung: Seriöses Aussehen bedeutet nicht automatisch Seriosität
Besonders perfide: Manche Anbieter nutzen Domains, die den offiziellen sehr ähnlich sind, oder kopieren deren Design nahezu vollständig.
Was können Betroffene tun?
Sofortmaßnahmen bei unseriösen Anbietern:
- Widerspruch einlegen: Schriftlich gegen die Rechnung protestieren
- Zahlung verweigern: Nicht einschüchtern lassen von Drohungen
- Bank kontaktieren: Bei Lastschriften Widerspruch einlegen
- Verbraucherzentrale informieren: Beschwerden helfen bei der Verfolgung
Rechtliche Situation: Verbraucherschützer betonen, dass bei irreführender Werbung oder versteckten Kosten oft gar kein wirksamer Vertrag zustande kommt.
Der sichere Weg: Direkt zur Quelle
So umgehen Sie die Fallen:
Bei Behördenleistungen:
- Direkt zu den offiziellen Websites (.gov-Domains bevorzugen)
- Über die Hauptseite der jeweiligen Behörde navigieren
- Nie den ersten Google-Treffer blind anklicken
Bei Vignetten und Maut:
- ASFINAG (Österreich), Schweizer Bundesamt (Schweiz) oder ADAC/ÖAMTC
- Offizielle Verkaufsstellen an Tankstellen
- Meiden Sie Websites mit auffälligen Bearbeitungsgebühren
Bei anderen Dienstleistungen:
- Impressum und Kontaktdaten genau prüfen
- Preise mit offiziellen Anbietern vergleichen
- Bei Zweifeln: Verbraucherzentrale kontaktieren
Die Rolle der Plattformen
„Online-Betrug ist ein echtes Risiko, das teuer werden kann – und bei den Menschen zu Unsicherheit und Vertrauensverlust führt“, kritisiert Ramona Pop. Plattformen, die mit Werbung auch für unseriöse Angebote Geld verdienen, müssten ihrer Verantwortung gerecht werden.
Tatsächlich unternehmen Suchmaschinen-Anbieter erste Schritte: Google hat bereits Werbesperren für bestimmte unseriöse Vignetten-Anbieter verhängt. Dennoch tauchen regelmäßig neue dubiose Angebote auf.
Präventions-Tipps: So schützen Sie sich
Die goldenen Regeln:
- Zweimal hinschauen: Nie den ersten Suchtreffer blind vertrauen
- Preise vergleichen: Offizielle Tarife vorab recherchieren
- Impressum prüfen: Vollständige Anbieterangaben verlangen
- Bewertungen checken: Andere Kundenerfahrungen lesen
- Im Zweifel nachfragen: Verbraucherzentrale oder offizielle Stellen kontaktieren
Besonders bei eiligen Angelegenheiten – etwa kurz vor einer Reise – sollten Sie nicht in Panik verfallen. Die meisten offiziellen Dienste bieten heute ebenfalls schnelle Online-Lösungen.
Juristische Erfolge geben Hoffnung
Die Verbraucherzentralen gehen zunehmend auch juristisch gegen unseriöse Praktiken vor. Der Bundesverband klagt wegen intransparenter Angaben dagegen – ein wichtiges Signal an die Branche.
Dennoch gilt: Der beste Schutz ist Ihre eigene Wachsamkeit. In einer digitalen Welt, in der professionelle Websites in Stunden erstellt werden können, ist gesunder Menschenverstand oft der beste Ratgeber.
Bottom Line: Fake-Dienstleistungen sind zu einem Millionenbusiness geworden, das gezielt die Bequemlichkeit und den Zeitdruck der Verbraucher ausnutzt. Wer sich fünf Minuten Zeit nimmt und direkt zu offiziellen Quellen geht, spart oft 50 Euro oder mehr – und ärgert sich nicht über versteckte Gebühren.