Marktmacht: Wie Amazon die Konkurrenz aussticht

von | 25.09.2020 | Digital

Amazon wächst und wächst und wächst… Man könnte beeindruckt sein. Allerdings wendet Amazon mitunter Tricks an, um die Konkurrenz auszustechen. Einige sind bekannt. Etwa, dass Amazon besonders erfolgreiche Produkte einfach selbst herstellt. Neu ist, dass Amazon bei bezahlter Werbung die Konkurrenz benachteiligt – zum eigenen Vorteil. Es ist eben ein Problem, wenn ein Unternehmen Onlineshop, Hersteller, Marktplatz und Werbenetzwerk in einem ist.

Es gibt so viele Dinge, die einem an Amazon gefallen können: rund um die Uhr erreichbar, gigantisches Angebot, bequem, alles wird nach Hause geliefert – häufig kostenlos. Und Amazon gibt sich in der Regel wirklich Mühe beim Kunden-Service: Reklamationen werden seriös bearbeitet, bei berechtigtem Anliegen auch das Geld erstattet.

Beim Kundenkontakt macht der Konzern zweifellos eine Menge richtig. Kein Wunder, dass Amazon so erfolgreich ist. Allerdings bezahlen wir alle einen hohen Preis dafür – doch der ist weitgehend unsichtbar.

Neben ökologischen Aspekten und der Tatsache, dass der kostenlose Paketversand auf dem Rücken in der Regel schlecht bezahlter Mitarbeiter erfolgt, kommen noch weitere dazu. Meiner Ansicht nach der gewichtigste: Unlautere Verzerrung des Marktes.

Amazon ist alles auf einmal

Eins der größten Probleme bei Amazon ist, dass Amazon Onlineshop, Marktplatz (für andere Anbieter, die über Amazon verkaufen) und auch noch selbst Hersteller von Produkten ist. Alles gleichzeitig.

Amazon baut und verkauft nicht nur Geräte wie Amazon Fire, Kindle oder Echo (Alexa), sondern auch viele, viele andere Dinge. Wenn Amazon entdeckt – was angesichts der schieren Datenlage kein Problem ist -, dass ein Produkt sich erfolgreich verkauft, stellt Amazon diese Produkte gerne häufig selbst her und verkauft sie als Eigenmarke.

Ein beinharter Konkurrent

Bedeutet: Amazon ist Marktplatz für Hersteller und Versender – aber kein unabhängiger, sondern gleichzeitig beinharter Konkurrent. Beispiel: Wer wie Roku Streaming-Hardware herstellt und verkauft, begibt sich auf der Amazon-Plattform in Konkurrenz zu Amazons eigenem Fire TV. Drei Mal darf jeder Amazon-Kunde raten, welches Produkt prominenter zu sehen ist…

Gegen die Allmacht kommt keiner an

Es sind Amazons Algorithmen, die darüber entscheiden, welche Produkte an erster, zweiter oder dritter Stelle stehen, wenn jemand einen Suchbegriff wie „Streaming“ eingibt. Und es kommt noch dicker: Wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtet, gibt es sogar Hinweise darauf, dass Amazon bezahlte Anzeigen von Konkurrenten auf der Plattform einschränkt. Ein Hersteller wie Roku will für sein Produkt werben – aber die Anzeigen erscheinen kaum oder sind zu teuer.

Amazon bestreitet die Vorwürfe – und versucht, das Phänomen mit anderen Gründen zu erklären. Der Wettbewerber hätte vielleicht schlicht zu wenig für die Anzeigenplatzierung geboten.

Jeff Bezos Konzern gewinnt immer

So etwas passiert, wenn einer wie Amazon alles will: Onlineshop, Plattform, Marktplatz und Hersteller in einem zu sein. Für Amazon ist das toll – Jeff Bezos Konzern gewinnt immer. Für alle anderen ist es eine Katastrophe. Nicht nur für Hersteller und Versender, die praktisch gezwungen sind, auf Amazon präsent zu sein. Nein, zu allem Überfluss besteht auch noch das Risiko, benachteiligt oder sogar über den Tisch gezogen zu werden.

Das lässt sich nur ändern, wenn Amazon nicht alles auf einmal sein dürfte – und die Algorithmen, die das Ranking der Produkte und die Schaltung der Anzeigen verantworten, kompetent öffentlich gemacht werden (etwa für Kontrolleure von Behörden).

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