Staatstrojaner

Ungewöhnliche Allianz gegen Staatstrojaner

Das passiert nur selten: „Chaos Computer Club“ (CCC) und Branchenrisen wie Google und Facebook protestieren geneinsam gegen eine geplante Gesetzesänderung der Bundesregierung: Die will Bundespolizei und Geheimdienste mit mehr Kompetenzen ausstatten – auch, mit Hilfe von Internet-Anbietern gezielt Staatstrojaner zu verteilen. Dagegen gibt es Widerstand.

Die Bundesregierung will die Befugnisse von Bundespolizei und Geheimdiensten erweitern. Sie sollen künftig die Möglichkeit haben, gezielt sogenannnte Staatstrojaner einzusetzen. So werden Programme genannt, die ganz gezielt auf Smartphones oder PCs aufgebracht werden, um die Kommunikation überwachen zu können.

Offener Brief

Polizei braucht eine Möglichkeit zum Abhören

Hintergrund: Da heute praktisch alle Messenger mühelos die Kommunikation verschlüsseln und die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht zu knacken ist, müssen Ermittlungsbehörden eben „in“ die Geräte der Personen vordringen, die abgehört werden sollen.

Eine solche Möglichkeit muss Polizei in konkreten Einzelfällen haben, um ihre Arbeit machen zu können. Denn wie sonst sollten sich Kriminelle, Attentäter oder Radikale überwachen lassen? Die zentrale Frage ist: Welche Methode kommt zum Einsatz? Denn wie bei Medikamenten in der Medizin gibt es keine Wirkung ohne Nebenwirkung.

Das Problem: Das Aufbringen eines Staatstrojaners – also einer Software, die unter anderen Umständen als kriminell gilt und oft auch mithilfe von Hackertricks aufgebracht werden muss – stellt einen erheblich Eingriff in die Privatsphäre dar. Der Aufwand ist hoch. Um die Erfolgsquoten zu verbessern, sollen Internet-Anbieter (etwa: Provider oder große Dienste) verpflichtet werden können, beim Aufbringen der Staatstrojaner sozusagen mitzuwirken (vereinfacht gesprochen).

Gesetzgeber schreibt vor: Internet-Anbieter sollen mitmachen

Das wiederum hat nicht nur Auswirkungen auf das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, sondern senkt – so die Befürchtung – auch das Vertrauen in der Nutzung von kommerziellen Interne-Dienstleistungen. Klar, wenn sich erst mal rumspricht, dass Vodafone, Google oder Facebook beim Verteilen von Staatstrojaner helfen, ist jedes Vertrauen weg.

„Das wäre der Todesstoß für das Vertrauensverhältnis zwischen Nutzern und Anbietern“, erklärt Linus Neumann, einer der Sprecher des CCC. Das ist vielleicht ein wenig übertrieben, denn Facebook zum Beispiel hat ein langes Sündenregister, kooperiert auch mit der NSA und hat deswegen ohnehin kein uneingeschränktes Vertrauen verdient.

Kooperation beschädigt Vertrauensverhältnis

Aber der Punkt ist klar: Wäre klar, dass Internet-Anbieter jederzeit mit Geheimdiensten und Polizei zusammenarbeiten, wäre in der Tat jedes Vertrauen hin. Denn dann wäre alles denkbar – auch wenn in der Realität vermutlich nur sehr selten von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird, da eine Überwachung per Staatstrojaner technisch wirklich sehr aufwändig ist.

Die Dringlichkeit der Lage hat zu einer ungewöhnlichen Allianz geführt. Der „Chaos Computer Club“ (CCC) hat gemeinsam mit Google, Facebook, dem Branchenverband eco und einigen anderen einen offenen Brief formuliert. „Gegen eine unbegrenzte Ausweitung von Überwachung und für den Schutz von Verschlüsselung“.

 

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