Millionen Menschen fragen täglich ChatGPT, Claude oder Gemini nach allem Möglichen: Nachrichten, Fakten, Wissen. Das Problem: Die KIs erfinden in bis zu 40 Prozent ihrer Antworten einfach irgendwas. Zeit, dass wir lernen, wie wir damit umgehen.
Stell Dir vor, Du fragst einen Freund nach dem Wahlergebnis und er erfindet einfach Zahlen. Oder Du willst wissen, was der Bundeskanzler gestern gesagt hat, und bekommst ein komplett erfundenes Zitat. Genau das machen KI-Chatbots ständig – nur merken wir es oft nicht.
Eine brandneue Studie der Europäischen Rundfunkunion (EBU) hat getestet, wie zuverlässig ChatGPT und seine Kollegen wirklich sind. Das Ergebnis sollte jeden wachrütteln, der diese Tools nutzt: Je nach Thema liegen die Chatbots in 15 bis 40 Prozent der Fälle komplett daneben. Sie erfinden Studien, Zitate, Ereignisse und Fakten, die sich verdammt echt anhören – aber totaler Quatsch sind.
Das Problem: KI versteht nicht, was sie sagt
Lass uns kurz verstehen, warum das passiert. ChatGPT und Co. sind keine Suchmaschinen. Sie durchsuchen auch keine Datenbank nach Fakten. Stattdessen raten sie, welche Wörter wahrscheinlich zusammenpassen. Die KI hat Milliarden von Texten gelesen und gelernt: Nach „Der Bundeskanzler sagte“ kommt oft ein Zitat. Also erfindet sie eins, das plausibel klingt.
Das nennen Experten „Halluzinationen“ – die KI fantasiert sich was zusammen. Besonders gerne bei:
- Lokalen oder regionalen Ereignissen
- Tagesaktuellen Nachrichten
- Spezifischen Daten und Zahlen
- Zitaten und Aussagen von Personen
- Wissenschaftlichen Studien und deren Ergebnissen
So checkst Du, ob die KI Unsinn erzählt
1. Die Plausibilitätsprüfung Klingt die Antwort zu perfekt? Zu detailliert? Hat ChatGPT gerade eine Studie der „Universität München“ vom „März 2024“ zitiert mit exakt „73,4 Prozent“ Zustimmung? Große rote Flagge! KIs lieben es, sich präzise Zahlen und Daten auszudenken.
2. Der Quellentest
Frag die KI nach der Quelle. „Wo genau steht das?“ oder „Gib mir den Link zur Studie“. Wenn sie rumdruckst, keine URL liefern kann oder die URL nicht funktioniert – Bingo, erfunden.
3. Die Gegenfrage-Methode Stell dieselbe Frage nochmal anders. „Stimmt es, dass…“ oder „Ich habe gehört, dass…“ Oft bekommst Du eine völlig andere Antwort. Das zeigt: Die KI weiß es nicht wirklich, sie rät nur.
4. Der Realitäts-Check Gerade bei aktuellen Ereignissen: Schnell mal googeln! Hat diese Pressekonferenz wirklich stattgefunden? Gibt es diese Studie? Existiert dieser Professor überhaupt? In zwei Minuten weißt Du Bescheid.
Wofür Du Chatbots nutzen kannst – und wofür nicht
Grünes Licht für:
- Kreatives Schreiben und Brainstorming
- Programmier-Hilfe (Code kann man testen)
- Übersetzungen (kann man überprüfen)
- Zusammenfassungen von Texten, die Du selbst eingibst
- Erklärungen von Konzepten (Wie funktioniert Photosynthese?)
- Formulierungshilfen für E-Mails
Finger weg bei:
- Aktuellen Nachrichten und Politik
- Medizinischen oder rechtlichen Ratschlägen
- Finanztipps und Investmententscheidungen
- Wissenschaftlichen Fakten für Arbeiten oder Referate
- Historischen Daten ohne Gegenprüfung
- Allem, wo Fehler ernste Konsequenzen haben
Die Werkzeuge für den Faktencheck
Für aktuelle Nachrichten: Geh direkt zu tagesschau.de, Zeit Online oder anderen etablierten Medien. Kein Umweg über ChatGPT.
Für wissenschaftliche Fakten: Google Scholar, PubMed oder die Webseiten der Unis. Dort findest Du echte Studien, nicht erfundene.
Für Zitate: Suche den Namen der Person plus Stichwörter in einer normalen Suchmaschine. Echte Zitate findest Du auf mehreren seriösen Seiten.
Für Faktenchecks: Nutze Correctiv, den ARD-Faktenfinder oder Mimikama. Die prüfen Behauptungen professionell.
Der clevere Umgang mit KI
ChatGPT ist kein Orakel, sondern ein Werkzeug. Wie ein Hammer super zum Nagel einschlagen ist, aber nicht zum Fensterputzen. Nutze KI-Chatbots als das, was sie sind: Kreative Schreibhelfer und Ideengeber. Aber niemals als einzige Informationsquelle.
Ein praktischer Tipp: Formuliere Deine Fragen so, dass die KI ihre Unsicherheit zugeben kann. Statt „Was hat der Kanzler gesagt?“ frag lieber „Was könnten typische Positionen des Kanzlers zu diesem Thema sein?“ So bekommst Du eine Einschätzung statt erfundene Fakten.
Und das Wichtigste: Entwickle eine gesunde Skepsis. Nicht alles anzweifeln, aber alles Wichtige überprüfen. In einer Welt, in der 800 Millionen Menschen wöchentlich ChatGPT nutzen, ist Medienkompetenz zur Überlebensfähigkeit geworden.
Die gute Nachricht: Wenn Du weißt, wo die Grenzen der KI liegen, kannst Du ihre Stärken nutzen und die Schwächen umgehen. Dann wird aus der Lügenmaschine ein nützlicher Assistent. Man muss nur wissen, wann man ihm vertrauen kann – und wann definitiv nicht.
Die Faustregel: Je wichtiger die Information, desto wichtiger die Überprüfung. Immer.
