Was 1,5 Millionen Menschen wirklich mit ChatGPT machen – und warum das Google nervös macht

von | 05.10.2025 | Tipps

OpenAI hat erstmals detailliert ausgewertet, wofür Menschen ChatGPT nutzen. Die Ergebnisse überraschen: Frauen dominieren inzwischen, die wenigsten suchen digitale Romanzen – und Google sollte sich warm anziehen.

700 Millionen Menschen nutzen ChatGPT mittlerweile jede Woche. Das entspricht etwa zehn Prozent aller Erwachsenen weltweit. Beeindruckende Zahlen – aber was machen all diese Menschen eigentlich mit dem KI-Chatbot?

OpenAI hat jetzt erstmals tief in die eigenen Daten geschaut und eine 62-seitige Studie veröffentlicht, die analysiert, wie 1,5 Millionen Nutzer zwischen Mai 2024 und Juni 2025 mit ChatGPT interagiert haben. Die Erkenntnisse räumen mit einigen Vorurteilen auf und werfen ein neues Licht auf die digitale Revolution, die gerade stattfindet.

Nachdenkliches Kind mit Smartphone im Dunkeln

Die Nutzerschaft hat sich komplett gedreht

Wer bei ChatGPT-Nutzern automatisch an technikbegeisterte junge Männer denkt, liegt heute daneben. Kurz nach dem Launch im November 2022 hatten tatsächlich noch rund 80 Prozent der User typisch männliche Vornamen. Doch diese Zeiten sind längst vorbei: Heute sind 52 Prozent der ChatGPT-Nutzer weiblich. Die KI ist also im Mainstream angekommen und hat die Tech-Bubble längst verlassen.

Besonders aktiv zeigen sich junge Menschen: Fast die Hälfte aller Konversationen stammt von der Generation zwischen 18 und 25 Jahren. Sie wachsen mit KI-Tools auf wie frühere Generationen mit Google – nur dass ChatGPT eben keine Linkliste ausspuckt, sondern direkt antwortet, erklärt und hilft.

Interessant auch: In ärmeren Ländern wächst die Nutzung schneller als in wohlhabenden Regionen. ChatGPT demokratisiert den Zugang zu Wissen und Unterstützung – zumindest dort, wo Internetverbindungen vorhanden sind.

Diagramm mit Prozentanteilen und Symbolen

Wofür nutzen Menschen ChatGPT wirklich?

Die Auswertung zeigt eine klare Verschiebung: Während ChatGPT anfangs etwa gleichmäßig für berufliche und private Zwecke genutzt wurde, dominiert heute eindeutig der private Bereich. Im Juni 2025 entfielen 73 Prozent aller Gespräche auf nicht-berufliche Themen.

Die Top 3 Anwendungsfälle sehen so aus:

Platz 1: Praktische Tipps und Alltagshilfe (28,3 Prozent)
Menschen holen sich Anleitungen, lassen sich bei Hausaufgaben helfen oder stellen ganz banale Alltagsfragen. ChatGPT wird zum digitalen Ratgeber für alles und jeden – von der Fleckenentfernung bis zur Mathehilfe.

Platz 2: Texte erstellen und optimieren (28,1 Prozent)
Hier zeigt sich die Kernkompetenz von ChatGPT als Sprachmodell. 38 Prozent nutzen die KI, um Texte zu überarbeiten oder kritisieren zu lassen. 28 Prozent lassen sich beim Schreiben von E-Mails oder Social-Media-Posts helfen. Weitere 16 Prozent nutzen ChatGPT für Übersetzungen. Der digitale Schreibassistent hat sich etabliert.

Platz 3: Informationssuche (21,3 Prozent)
Und hier wird es für Google richtig interessant – oder besser gesagt: unangenehm. Menschen nutzen ChatGPT zunehmend als Suchmaschinen-Ersatz. Statt bei Google Rezepte, Produkte oder Nachrichten zu recherchieren, fragen sie einfach ChatGPT. Die Antwort kommt sofort, aufbereitet und ohne dass man sich durch zehn Websites klicken muss.

ChatGPT und Bibliothek auf Smartphone-Bildschirm

Google bekommt Konkurrenz – und das hat Folgen

Für den Suchmaschinen-Giganten Google wird es ernst. Das Unternehmen verdient jährlich 55 Milliarden Dollar mit Suchanzeigen. Wenn Menschen stattdessen ChatGPT nutzen, bricht ein gigantisches Geschäftsmodell weg. Die Studie zeigt bereits, dass 2,1 Prozent aller Suchanfragen in dieser Kategorie sich auf kaufbare Produkte beziehen.

OpenAI hat hier ein potenzielles Milliardengeschäft vor Augen – entweder durch Werbeanzeigen im Chat oder durch Provisionen, wenn Traffic an Online-Händler weitergeleitet wird. Medienhäuser und der E-Commerce müssen sich ebenfalls anpassen. Wenn Menschen nicht mehr googeln, müssen neue Wege gefunden werden, um Leser und Kunden zu erreichen.

KI-Romanzen? Fehlanzeige!

In den Medien wird immer wieder über Menschen berichtet, die sich in KI-Chatbots verlieben oder sie als Therapieersatz nutzen. Eine Studie der Brigham Young University fand heraus, dass fast jeder fünfte Amerikaner schon mal einen Chatbot für eine simulierte Romanze genutzt hat – allerdings mit fragwürdigem Erfolg. Die Nutzer fühlten sich dadurch nicht glücklicher, sondern zeigten sogar Zusammenhänge mit Depressionen.

Bei ChatGPT scheint dieses Phänomen aber noch die Ausnahme zu sein. Nur 1,9 Prozent der Gespräche drehen sich um Gefühle und Beziehungen. Und gerade mal 0,4 Prozent der Chats befassen sich mit Rollenspielen, die auch Partnerschaftssimulationen einschließen könnten. Die Vorstellung, dass Chatbots massenhaft als Therapie- oder Beziehungsersatz dienen, widerlegt diese Studie also – zumindest für ChatGPT.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die Studie zeigt: ChatGPT ist kein Nischenprodukt mehr für Tech-Nerds, sondern ein Alltagswerkzeug für Millionen Menschen – quer durch alle Bevölkerungsgruppen. Die KI hilft bei Hausaufgaben, formuliert E-Mails, übersetzt Texte und beantwortet Fragen, die man früher gegoogelt hätte.

Diese Entwicklung stellt etablierte Player wie Google vor massive Herausforderungen. Gleichzeitig zeigt sie, wie schnell sich digitale Gewohnheiten ändern können. Wer hätte vor drei Jahren gedacht, dass Menschen ihre Fragen lieber einem KI-Chatbot stellen als der Suchmaschine?

Die große Frage bleibt: Wie verändert diese Technologie langfristig unseren Umgang mit Information und Wissen? Werden wir kritischer oder bequemer? Selbstständiger oder abhängiger? Die Antworten darauf werden sich in den kommenden Jahren zeigen – vermutlich schneller, als uns lieb ist.

Übrigens: Die Studie wurde noch keiner Peer-Review unterzogen. OpenAI hat also seine eigenen Daten ausgewertet und veröffentlicht – mit allen methodischen Einschränkungen, die das mit sich bringt. Trotzdem liefert sie die bisher detaillierteste Momentaufnahme davon, wie Menschen weltweit mit KI-Technologie umgehen.