Laut dem Portal mobilsicher.de übertragen alle großen Verleiher von E-Scootern teilweise sehr persönliche Daten ungefragt an Drittfirmen weiter – und verdienen so zusätzliches Geld. Ein Skandal.
Die Innenstädte bei uns sind voll davon: Überall stehen (oder liegen) geparkte E-Scooter herum und warten auf Mieter. Doch wer einen E-Scooter von Lime, Bolt, Tier oder Voi zum Cruisen „ausborgen“ möchte, muss zwingend eine App des jeweiligen Anbieters installieren und sich dort registrieren. Die E-Roller-Anbieter wickeln alles über die Apps ab – vor allem die Bezahlung.
Ich hatte ja schon immer den Verdacht, dass die meist noch jungen Verleih-Firmen sich nicht mit den Gebühren begnügen, sondern auch mit Daten der Kunden Geld verdienen. Genau das hat jetzt das Portal mobilsicher.de untersucht – und das Ergebnis ist eindeutig: Alle vier großen Anbieter geben Daten an Drittfirmen weiter – und verstoßen damit gegen den Datenschutz.
Alle Anbieter geben Daten weiter
Untersucht wurde das Verhalten von den E-Scooter-Verleihern Lime, Tier, Bolt und Voi. Die Experten haben die vier Apps geladen und Mietprozesse durchgeführt. Sie haben aber auch genau analysiert, an wen Daten fließen. Und siehe da: Alle Anbieter teilen ungefragt Daten mit Drittfirmen, darunter Facebook, Paypal und einige Analyse- und Marketingunternehmen.
Es ist ein Skandal: Alle Leihfirmen geben persönliche Daten weiter. Darunter Name, Kontaktdaten (etwa Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse) – und natürlich auch die Ortsdaten. Einige geben auch die Advertising-ID des Smartphones weiter. Das ist eine Identifikationsnummer, die jedes Handy eindeutig identifizierbar macht – eine Art Nummernschild.
Selbst das WLAN, in das man gerade womöglich eingebucht ist, wird übermittelt. Und dann kommen natürlich noch die Ortsdaten dazu: Wo habe ich den E-Roller geliehen, wo bin ich lang gefahren – sowie die Tatsache, dass ich einen E-Scooter fahre. Das sind schon eine ganze Menge Daten. Jeder der Leihfirmen überträgt andere Daten – aber alle geben Daten weiter.
Daten gehen an externe Marketingunternehmen
Die Daten gehen an unterschiedliche Unternehmen. Vor allem an Marketingfirmen, die Daten aus den unterschiedlichsten Quellen sammeln und verarbeiten. Je mehr Daten dort über eine Person anfallen, desto präzisere Profile lassen sich anfertigen – auf diese Form der Datenausbeute haben Facebook, Google und Amazon kein Monopol, das machen auch andere. Konkret haben fast alle Verleiher Daten beim US-Unternehmen Braze Inc. abgeliefert, das darauf spezialisiert ist, Daten zu sammeln und zu Marketingzwecken anzubieten.
In den Datenschutzerklärungen der Anbieter finden sich zwar Hinweise, dass Daten zu „Analyse- und Marketingzwecken auch an Drittanbieter“ weitergereicht werden dürfen. Aber wenn man das liest, denkt man natürlich an Analysezwecke des Verleihers, nicht, dass damit Marketingunternehmen mit Daten gefüttert werden. Keiner der vier überprüften Anbieter nennt die Datenempfänger konkret namentlich. Keiner!
Ein Skandal und eine Zumutung
Auch wird keine angemessene Möglichkeit eingeräumt, dem Ganzen zu widersprechen – was das gute Recht eines jeden ist, der sich auf einen E-Roller stellt. Nur Anbieter Lime gibt überhaupt eine Kontaktadresse an, wo sich Kunden melden könn(t)en. In punkto Datenschutz eine absolute Zumutung.
Und wir wollen nicht vergessen: Die Kunden bezahlen für den E-Scooter. Ich persönlich finde, dass die Konzerne darüber hinaus Geld mit dem Ausschlachten von Daten verdienen, ist eine Zumutung.
Datenschützer Thilo Weichert warnt schon lange vor Datenmissbrauch bei E-Scootern