Am 16. Juli 1995 wurde das erste Buch über eine neue, damals weitgehend unbekannte Website verkauft – Amazon.com. Heute, 30 Jahre später, ist Amazon eine globale Machtmaschine. Doch was steckt hinter dem rasanten Aufstieg, und was bedeutet das für uns alle?
Von der Garagenidee zur Weltmacht
Was als unscheinbarer Online-Buchladen begann, war von Anfang an viel mehr als eine nette Geschäftsidee. Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, wollte nicht einfach nur Bücher verkaufen. Er hatte ein klares Ziel: einen globalen Marktplatz schaffen, in dem alles – wirklich alles – angeboten werden kann. Der Start mit Büchern war taktisch klug: standardisierte Produkte, leicht versendbar, ohne große Retourenprobleme.
Das erste verkaufte Buch war übrigens ein Sachbuch über künstliche Intelligenz – ein symbolträchtiger Anfang, wenn man bedenkt, wie sehr Algorithmen heute den Onlinehandel (und uns) steuern.

Meilensteine einer beispiellosen Expansion
Amazon wuchs rasant. Besonders prägend war der Kindle: Als das Lesegerät 2007 auf den Markt kam, veränderte es die Verlagswelt radikal. Amazon kontrollierte plötzlich nicht nur den Verkauf, sondern auch das Leseerlebnis selbst. Bücher wurden digital, Verlage verloren den direkten Kontakt zu ihren Leserinnen und Lesern.
Ein anderes Beispiel: der Dash-Button, mit dem sich Waschmittel oder Rasierklingen auf Knopfdruck nachbestellen ließen. Eine Spielerei? Vielleicht. Aber sie zeigte deutlich, worum es Amazon ging: Das Denken beim Konsumieren sollte abgenommen werden.
Heute reicht die Produktpalette von Zahnbürsten bis Serverleistungen. Und damit sind wir beim vielleicht mächtigsten Teil von Amazon angekommen: Amazon Web Services (AWS).

Amazon Web Services: Das unsichtbare Rückgrat des Internets
Die meisten wissen es nicht, aber viele unserer täglichen Online-Erlebnisse laufen über Server von Amazon. Netflix, Spotify, Zeitungsportale – sie alle nutzen die Cloud-Infrastruktur von AWS. Selbst Behörden und Teile der deutschen Verwaltung sind auf Amazons Technologie angewiesen.
Amazon ist damit längst nicht mehr nur ein Händler – sondern ein elementarer Teil unserer digitalen Infrastruktur. Das verleiht dem Konzern eine Machtposition, die weit über Preisgestaltung oder Produktauswahl hinausgeht.
Der Preis des Komforts
Amazon steht für Bequemlichkeit. Ein Klick, schnelle Lieferung, riesige Auswahl – das ist der Grund, warum Millionen Menschen dort einkaufen. Aber dieser Komfort hat seinen Preis:
- Buchhandlungen sterben aus: Lokale Geschäfte, die Lesekultur pflegen, Beratung bieten und das Stöbern ermöglichen, geraten unter Druck oder verschwinden ganz.
- Verlage sind erpressbar: Rabatte, Lieferkonditionen, Platzierungen – Amazon diktiert die Spielregeln. Wer nicht mitspielt, verschwindet aus der Sichtbarkeit.
- Vielfalt und Fairness leiden: Wenn ein Anbieter alles dominiert, bleibt für andere wenig Raum. Der Wettbewerb verkommt zur Farce.
Nicht zu vergessen: die Arbeitsbedingungen in Amazons Lagerzentren, die immer wieder in der Kritik stehen – ebenso wie der Umgang mit Steuern, Datenschutz und Mitbewerbern.

Welche Alternativen gibt es?
Ja, es gibt sie – auch wenn sie weniger sichtbar und weniger bequem sind:
- Für Bücher: genialokal.de verbindet Onlinebestellung mit lokalem Buchhandel. Oder buch7.de, wo sieben Prozent des Erlöses an soziale Projekte gehen.
- Für Technik: cyberport.de oder notebooksbilliger.de bieten gute Alternativen zu Amazon.
- Nachhaltiger Konsum: avocadostore.de und memo.de stehen für faire, umweltbewusste Produkte.
Natürlich: Diese Shops sind oft nicht ganz so schnell, nicht ganz so günstig. Aber sie stehen für Vielfalt, Verantwortung und ein bewussteres Konsumverhalten.
Unser Konsum ist politisch
Amazon hat den Handel revolutioniert – das steht außer Frage. Aber mit jeder Bestellung entscheiden wir auch darüber, welche Strukturen wir fördern. Wollen wir eine Welt, in der ein Konzern alles dominiert? Oder eine, in der Vielfalt, Fairness und lokale Angebote eine Chance haben?
Gerade zum 30-jährigen Jubiläum von Amazon lohnt es sich, innezuhalten. Der Konzern ist eine der großen Erfolgsgeschichten des digitalen Zeitalters – aber auch ein Symbol für die Schattenseiten der Plattformökonomie: Machtkonzentration, Abhängigkeit und Datenmacht.
Fazit: Amazon ist mehr als nur ein Online-Shop
Amazon hat unsere Konsumwelt auf den Kopf gestellt. Vom Bücherverkauf über Cloud-Dienste bis hin zur Sprachassistenz in unseren Wohnzimmern – der Einfluss ist allgegenwärtig. Doch wir sind nicht machtlos. Wer bewusst einkauft, unterstützt Alternativen und trägt dazu bei, dass Vielfalt und Fairness nicht verloren gehen.
Vielleicht ist es an der Zeit, nicht nur bequem, sondern auch klug zu konsumieren. Denn: Wir haben eine Wahl.